Essen. In NRW geraten viele Pflegeheime und Dienste in die Schieflage. Ein Fachmann erklärt, welchen Schutz Betroffene im Insolvenzfall haben.
Auch in NRW geraten Betreiber von Pflegeheimen und Diensten zunehmend in Schieflage. Wenn eine Einrichtung schließt, haben Bewohnerinnen und Bewohner nur wenig Rechte. Der BIVA-Pflegeschutzbund gibt Ratschläge, was Betroffene tun können.
Das Heim schließt - welche Rechte haben Bewohnerinnen und Bewohner?
Bewohnerinnen und Bewohner stehen unter einem besonderen Schutz, der im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz festgeschrieben ist. Wird der Betrieb eines Pflegeheims eingestellt, muss der Betreiber demnach für „angemessenen Ersatz zu zumutbaren Bedingungen“ sorgen - also etwa einen anderen Heimplatz - und auch Umzugskosten in angemessener Höhe tragen. David Kröll, Sprecher des Pflegeschutzbundes Biva mit Sitz in Bonn, betont aber, dass selbst die Übernahme eines Pflegeheims Veränderungen beim Personal oder in den Abläufen bedeuten, die Bewohnern Angst machen könnten. „Gerade kognitiv eingeschränkte Menschen trifft dies besonders“, so Kröll.
Was passiert, wenn man keinen anderen Heimplatz findet?
Dem Pflegeschutzbund ist bislang kein solcher Fall bekannt. Meist schalteten sich andere kommunale Beteiligte ein, um eine Lösung zu finden. Aber: Scheitere auch das, verweise das Gesetz lediglich auf den allgemeinen Zivilrechtsweg. „Dann kann man vielleicht auf Schadensersatz klagen, aber man kann keine pflegerische Versorgung einklagen“, so Kröll.
Welche Rechte haben Pflegebedürftige im Insolvenzfall, die ambulant versorgt werden?
Für sie gibt es keinen speziellen gesetzlichen Schutz. Selbst eine ordentliche Kündigung kann oft innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen erfolgen. Der Pflegeschutzbund verweist aber darauf, dass Pflegedienste in NRW einem Pflegebedürftigen nicht willkürlich kündigen können, ohne dass anderweitig eine Versorgung garantiert ist. Das ist im sogenannten Landesrahmenvertrag festgeschrieben. „Allerdings endet dieses Gebot in NRW dann, wenn der Pflegedienst tatsächlich den Betrieb einstellt oder so viel Personal verliert, dass er glaubhaft machen kann, die Versorgung nicht mehr gewährleisten zu können“, mahnt Kröll.
Was können Pflegebedürftigen also tun?
Der Pflegeschützer rät, auf frühe Anzeichen für eine Schieflage zu achten: Kündigen die Pflegekräfte oder gibt es eine hohe Mitarbeiterfluktuation im Heim? Wird vielleicht auch die Heimleitung ohne erkennbaren Grund abgelöst? Drängt der Pflegedienst darauf, mehr Leistungen einzukaufen, etwa weil sich ansonsten die Anfahrt nicht lohne? „Hier kann es sinnvoll sein, sich frühzeitig um eine alternative Versorgung zu bemühen“, sagt Kröll und verweist auf Beratungsangebote. Er betont, dass die Probleme in der Pflegebranche grundlegender Natur seien und nicht einzelne Einrichtungen betreffen. Nötig sei deshalb auch eine grundlegende Reform.
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