Ruhrgebiet. Exklusiv: Nach Bahlsen kündigt auch Lambertz Preiserhöhungen an. Ein besonders beliebtes Weihnachtsgebäck soll aber möglichst verschont bleiben.
Zimtsterne, Printen, Dominosteine – wer auf süßes Adventsgebäck nicht verzichten will, muss dafür ab dem nächsten Jahr wohl tiefer in die Tasche greifen. Nach dem Kekshersteller Bahlsen kündigte nun auch Lambertz an, seine Produkte 2024 voraussichtlich teurer zu verkaufen. Bahlsen, das unter anderem Leibniz-Kekse und „Pick-Ups“ vertreibt, begründete seine Entscheidung im Handelsblatt unter anderem mit den gestiegenen Kosten für Zucker und Kakao, die laut dem Hannoveraner Unternehmen auf einem „Allzeit-Hoch“ liegen.
Eine Herausforderung, mit der auch Lambertz zu kämpfen hat. Die Aachener Unternehmensgruppe gilt als weltweit größter Produzent von Weihnachtsgebäcken, 2021 lag der Umsatz der Lambertz-Gruppe bei 656 Millionen Euro. Zu möglichen Preiserhöhungen bei Lebkuchen, Printen und anderem Gebäck äußert sich das Unternehmen auf Anfrage dieser Redaktion so: „Unsere Überlegungen und Planungen für das kommende Jahr sind noch nicht final abgeschlossen. Wir rechnen aber aufgrund der hohen Einstandspreise, die wesentlich für Kakao und Zucker gelten, mit notwendigen Preisanpassungen.“
Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie nennt Zuckerpreis als Problem
Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) bestätigt die hohen Zuckerpreise. Demnach liegt der Zuckerpreis auf dem europäischen Markt derzeit 90 Prozent über dem Durchschnittspreis der letzten drei Jahre. Verglichen mit dem Weltmarktpreis ist europäischer Zucker aktuell 20 Prozent teurer.
Ähnlich sieht es beim Kakaopreis aus – um 40 Prozent ist dieser seit Jahresanfang gestiegen. So teuer wie im August dieses Jahres wurde Kakao an den Warenterminbörsen seit 26 Jahren nicht mehr gehandelt. Grund ist eine Pflanzenkrankheit, die die Ernte in der Elfenbeinküste – dem wichtigsten Kakao-Anbauland weltweit – bedroht. Gleichzeitig treiben wegen der erwarteten Rohstoffknappheit auch Panikkäufe an den Terminbörsen den Kakaopreis weiter an. Sinkende Preise sind daher beim Kakao vorerst nicht zu erwarten.
Lambertz-Gruppe aus Aachen: Weihnachtsgebäck wird 2024 wohl teurer
Neben den gestiegenen Rohstoffpreisen seien auch Preise für Strom und Gas sowie gestiegene Lohnkosten eine Herausforderung für Lambertz. Das gelte für das Unternehmen, das die Hälfte seiner Produktion für Saisonprodukte wie Weihnachtsgebäck aufwendet, in besonderem Maß, wie ein Sprecher des Unternehmens betont: „Im Saisonbereich erfolgt die Produktion zahlreicher Artikel noch mit sehr viel Handarbeit.“ Weil der neue Tarifabschluss in der Süßwarenindustrie auch für Mitarbeitende bei Lambertz höhere Löhne vorsieht, rechne das Unternehmen in diesem Jahr mit Lohnsteigerungen von 20 Prozent.
Für Kunden bedeutet das, dass im nächsten Jahr wohl nicht nur Bahlsen-Kekse, sondern auch Dominosteine, Zimtsterne oder Spekulatius von Lambertz spürbar teurer werden dürften. Laut dem Statistischen Bundesamt sind die Preise für Dauerbackwaren, zu denen auch Lebkuchen gehören, im Vergleich zum Vorjahr bereits jetzt um rund elf Prozent gestiegen. Und der Preisdruck beschränkt sich nicht nur auf fertig abgepackte Süßwaren in den Supermarktregalen.
Mülheimer Traditionsbäcker kämpft gegen Preiserhöhung – „Zenit erreicht“
In den Bäckereien sind die Probleme dieselben. „Wir kämpfen darum, die jetzigen Preise zu halten“, sagt Peter Hemmerle, Geschäftsführer der gleichnamigen Bäckerei in Mülheim. „Wir haben den Zenit dessen, was wir an Mehrkosten an unsere Kunden weitergeben können, erreicht.“ In den letzten Jahren habe er die Preise bereits regelmäßig um drei bis vier Prozent pro Jahr erhöhen müssen. Das gehe jetzt nicht mehr.
Stattdessen einzelne Produkte aus dem Sortiment zu nehmen, schließt Hemmerle kategorisch aus. Neben Christstollen und verschiedenen Spekulatius-Sorten haben auch verschiedene Varianten der „Stutenkerle“einen festen Platz in den Regalen der Mülheimer Traditionsbäckerei. „Wegen dieser Backwaren kommen unsere Kunden zu uns“, betont Hemmerle. „Würden wir diese aus dem Sortiment nehmen, wäre die Gefahr groß, dass wir unsere Kunden an den Lebensmitteleinzelhandel verlieren.“
Gut für Kunden – Lebkuchen könnte weiter günstig bleiben
Was Lambertz betrifft, erklärte das Unternehmen, die Endpreise für Verbraucher ebenfalls so gering wie möglich halten zu wollen. Insbesondere für den in der Weihnachtszeit so beliebten Lebkuchen stellt Lambertz geringe Preissteigerungen in Aussicht: „Gerade Lebkuchenprodukte befinden sich traditionsgemäß auf einem vergleichsweise günstigen Preisniveau, sodass davon auszugehen ist, dass die Verbraucher sich diese Produkte auch weiterhin leisten können werden.“
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Viele Kunden dürfte das freuen – rund ein Kilogramm Adventsgebäck verzehrt jede und jeder Deutsche laut BDSI pro Jahr im Durchschnitt. Einer Erhebung des Marktforschungsunternehmens Nielsen zufolge war Lebkuchen im vergangenen Jahr in Deutschland das beliebteste Herbst- und Weihnachtsgebäck. 40 Prozent aller Absätze mit Herbstgebäcken im Lebensmitteleinzelhandel und Drogeriemärkten wurden 2022 durch den Verkauf von Lebkuchen erzielt. Danach folgten Spekulatius (22 Prozent) und Stollen (19 Prozent).