Essen. Wie RWE und Uniper verdient auch Eon Milliarden, während Kunden über hohe Preise klagen. Konzernchef Birnbaum beklagt Hürden für den Netzausbau.
Die Energiekonzerne melden einen Gewinnsprung nach dem anderen: Eon, der größte Endkundenversorger Deutschlands, behielt im ersten Halbjahr 2,3 Milliarden Euro netto in der Kasse, ein Anstieg um fast zwei Drittel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Wie zuvor RWE und Uniper hob auch Eon deshalb seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr an. Konzernchef Leonhard Birnbaum kündigte zwar Preissenkungen für Millionen Strom- und Gaskunden an, betonte aber, das Vorkrisenniveau werde man nicht mehr erreichen.
Während die Konzerne Milliarden verdienen, ächzen die Haushalte und vor allem die Industrie unter den in Deutschland besonders hohen Energiepreisen. Der Düsseldorfer Versorger Uniper meldete unlängst einen Halbjahresrekord beim Nettogewinn von 2,5 Milliarden Euro, bei RWE blieben unterm Strich 2,6 Milliarden übrig. Selbst die deutlich kleinere und krisenbehaftete Essener Steag verdiente nach Informationen unserer Zeitung im vergangenen Jahr die Allzeitrekordsumme von 1,9 Milliarden Euro netto und ist im laufenden Jahr auf einem ähnlichen Pfad unterwegs.
Eon-Chef: „Haben Kunden vor Preisspitzen bewahrt“
Eon-Chef Birnbaum erklärte zwar, seine Kunden „vor den Preisspitzen an den Großmärkten bewahrt“ zu haben. Doch offensichtlich blieb genug übrig: Allein im Kundengeschäft stieg der operative Gewinn (Ebitda) von 1,0 auf 2,2 Milliarden Euro an, hat sich damit gegenüber dem Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. Im Netzgeschäft stieg das Ebitda dagegen „nur“ um knapp 30 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Für die gute Bilanz haben demnach vor allem die europaweit 50 Millionen Eon-Kunden gesorgt, davon 14 Millionen in Deutschland.
Finanzchef Marc Spieker betonte auf Nachfrage, „alle unsere Kunden werden von den gesunkenen Großhandelspreisen profitieren“. Die erste große Preissenkungswelle gebe es im September: Beim Gas würden die Grundversorgungstarife um durchschnittlich 28 Prozent gesenkt, beim Strom um 18 Prozent. Auch in den vielen anderen Tarifen würden fast alle Preise sinken, je nach Bindung viele aber erst im kommenden Frühjahr. Es werde auch vereinzelte, langfristig abgeschlossene Tarife geben, die teurer werden, weil sie noch zu den Vorkrisenpreisen abgeschlossen worden seien, erklärte Spieker, das seien aber Ausnahmen.
Dass die Strompreise mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien drastisch sinken und dauerhaft niedrig bleiben, wie unlängst 50Hertz-Chef Stefan Kapferer vorhersagte, glaubt Birnbaum indes nicht. Die Preise würden sinken, sagte er, es gebe aber keine Anzeichen dafür, dass sie noch einmal niedriger sein könnten als im letzten Vorkrisenjahr 2019.
Eon kündigt mehr Investitionen in Netzausbau an
Wie der Essener Nachbar RWE erklärt auch Eon, die Gewinne für mehr Investitionen in die Energiewende nutzen zu wollen. Im ersten Halbjahr erhöhte Eon seine Investitionen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 36 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro. Bis 2027 will Eon insgesamt 33 Milliarden Euro investieren. Um die Arbeit bewältigen zu können, seien zwischen Januar und Juni auch 2000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt worden. „Wenn nicht jetzt, wann dann wollen wir in Deutschland den Ausbau der Netze und der Erneuerbaren beschleunigen?“, fragte Birnbaum.
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Dafür mahnte er freilich erneut schnellere Genehmigungsverfahren und weniger Bürokratie an. Vor allem forderte er, wie die anderen Verteilnetzbetreiber (vor allem Stadtwerke) auch eine höhere Verzinsung des eingesetzten Kapitals für bestehende und neue Verteilnetze. Sonst werde der Netzausbau nicht in dem erforderlichen Tempo gelingen. Für die Pläne der Bundesregierung, etwa den Einbau von Millionen Wärmepumpen in Privathäusern, reichen sie aktuell vielerorts nicht aus.
Eon: Sechs Millionen Anlagen müssen bis 2030 an unser Netz
Birnbaum macht kein Hehl aus seinem Eigeninteresse an einer beschleunigten Energiewende, denn der Netzausbau ist für den Essener Konzern ein großes Wachstumsgeschäft. Es gelte, bis 2030 sechs Millionen Anlagen neu ans Netz anzuschließen, „die Perspektiven für den Netzausbau sind besser denn je“, sagte er. Dafür brauche es einen „historischen Kraftakt“ in Deutschland. Aktuell beobachtet er einen wahren Solar-Boom. Eon werde bald die Millionste Ökostrom-Anlage an sein Netz anschließen, kündigte Birnbaum an, „das wird statistisch eine kleine Photovoltaik-Anlage sein“.
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Was ihm fehlt, ist ein beständiges Deutschland-Tempo. „Im Ahrtal war in den ersten Monaten nach der Katastrophe alles möglich, dann kam auch schon die Flut-Demenz“, nennt Birnbaum ein prominentes Beispiel. Und lässt die nächste rhetorische Frage folgen: „Brauchen wir in Deutschland alle zwei Monate eine Katastrophe, damit wir uns bewegen?“
50Hertz-Chef sagt stark sinkende Preise voraus
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Letztlich hängt auch die Preisentwicklung davon, ab, wie schnell Deutschland seine Netze und Erneuerbaren Energien ausbauen kann. Die Börsenstrompreise würden „gewaltig“ sinken, sobald 90 Prozent oder mehr Ökostrom durch seine Netze fließe, sagte 50-Hertz-Chef Kapferer jüngst der Neuen Osnabrücker Zeitung.