Bad Berleburg. Der Wisent-Ausbruch des Bullen Egnar war auch auf der Wisent-Party das Thema Nummer eins. Gerne ließ man das Geschehene nach der ganzen Hektik zuvor in entspannter Atmosphäre Revue passieren.

„Der Wisent kehrt zurück" - dieses Motto traf am Mittwoch voll und ganz auf den dreieinhalbjährigen Bullen Egnar zu, der nach einer unvorhergesehenen, aber kurzen Flucht, narkotisiert ins Gehege zurückgebracht wurde. Für einen Moment herrschte helle Aufregung unter den 200 Gästen, als der Bulle offenbar problemlos den Zaun durchbrach.

Dabei waren die ersten Schritte von insgesamt neun Wisenten auf Wittgensteiner Boden professionell vorbereitet worden. „Im Vordergrund", so betonte Forstdirektor Johannes Röhl immer wieder, „steht das Artenschutzprojekt. Die Tiere sind sehr sensibel. Die Reise war stressig für sie und ich hoffe, dass sie sich gleich friedlich äsend den Fotografen von ihrer schönsten Seite zeigen."

Unvorhergesehenes passierte

Das war allerdings noch eine Stunde, bevor unter den Augen von 70 Medienvertretern und rund 130 geladenen Gästen das Unvorhergesehene passierte. Egnar war mit einem Satz aus dem kleinen Futtergehege verschwunden.

Die Freiheit dauerte allerdings nicht lange. Berufsjäger Patrick Rath und Kreisveterinär Dr. Wilhelm Pelger sprinteten zum bereitstehenden Auto und folgten dem Koloss, dessen Spur sich über den Rammelsberg in eine Dickung in der Litzige verfolgen ließ. Dort ruhte sich der zenterschwere Wisent dann seelenruhig auf einem Wiesenstück aus - bis er erneut betäubt wurde.

Die Flucht, so wussten Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers als Schirmherr, Landrat Paul Breuer und Bürgermeister Bernd Fuhrmann sogleich den Medienvertretern zu berichten, sei ein deutliches Signal dafür, dass die Wisente vor Menschen davonlaufen und sie niemals angreifen würden. „Egnar wollte mehr sehen, als von uns geplant", scherzte Johannes Röhl und Prinzessin Benedikte, fand „das alles ganz spannend. Der hat erst am Gatter geschnüffelt, wollte offensichtlich weiter, dann war er durch", hatte sie beobachtet.

Genau wie ihr Mann: Der brüllte nämlich plötzlich von aus seiner erhöhten Loge: „Der ist unten raus!" Wisent-Wärter Jochen Born reagierte sofort. Er schloss die Klappe am Anhänger, aus dem im selben Moment zwei weitere Bullen, Horno aus Neumünster und „WA 57" aus Rostock, in ein benachbartes Gehege laufen sollten.

Dumm gelaufen

Zwar dumm gelaufen, aber die minimale Hektik wich schnell der Besonnenheit. Gleichwohl entschlossenen sich die Verantwortlichen, die weiteren Freilassungen der restlichen sechs Tiere am Nachmittag ohne Zuschauer durchzuführen. Einige Schaulustige wurden zwar noch vom Schloss bis ans Forsthaus Homrighausen gefahren, aber dort gab es keine Wisente, nur belegte Brote und Kartoffelsuppe, die die Medienvertreter übrig gelassen hatten.

Das Ausbüxen von Wisent Egnar war Mittwochabend natürlich auch Thema Nr. 1 bei der Wisent-Party im bestens besuchten Bürgerhaus. „Als die Spannung bei den Gästen am höchsten war", scherzte Johannes Röhl, „war sie im Zaun am niedrigsten."

Sichtlich entspannt

Die „umfangreiche Geländeerkundung" hatte aber ein rasches Ende. Der zweite Ausbruchsversuch, dieses Mal mit „Spannung", dürfte nach Einschätzung des Kammerdirektors wohl auch der letzte gewesen sein, so ein sichtlich entspannter Johannes Röhl in einer der Talkrunden mit Moderator Dirk Glaser auf der Wisent-Willkommensfeier im waidmännisch dekorierten Bürgerhaus. Unter anderem mit dabei: Fred Zentner, Wisentförster aus dem mecklenburgischem Reservat Damerow, der bis vor kurzem noch 37 „Könige der Wälder" sein Eigen nennen konnte.

Jetzt sind es zwei weniger, die nun im fürstlichen Auswilderungsgehege ihre Runden drehen. „Wenn man den Tieren genug Raum gibt, muss man vor ihnen keine Angst haben - nur Respekt." Den hat Fred Zentner auch vor den Wittgensteiner Wiederansiedlungs-Spezialisten. Der Förster wörtlich: „Ich bin stolz auf diese Leute."