Erndtebrück/Bad Berleburg. Modernste Technik steht im Konflikt mit jahrtausendealter Kultur in Wittgenstein. Gespräche sollen jetzt eine Lösung bringen

Bulldozer sind nötig. Für die Energiewende bereiten sie die Fundamente und Kran-Aufstellflächen für Windräder in ganz Wittgenstein vor. Das führt nicht nur zu Konflikten mit Gegnern des Windradbaus, sondern auch mit Naturschützern. Relativ neu ist in Wittgenstein aber die Sorge um Bodendenkmäler wie alte Siedlungsplätze, Wallburgen, Erzgruben, Meilerplätze, Schmelzöfen und historische Transportwege wie die Eisenstraße.

Nachdem sich der Olper Archäologe Dr. Manuel Zeiler vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe mit seiner Sorge um die Zerstörung von Bodendenkmälern in dieser Zeitung bereits zu Wort gemeldet hatte, bezieht nun auch der Wittgensteiner Heimatverein Stellung. Konkret geht es in beiden Fällen um den „Kulturweg Eisen“, der ein eisenzeitliche Besiedlung Wittgensteins in dem Dreieck Aue - Berghausen - Birkefehl sehr gut dokumentiert und im Gelände als archäologischer Lehrpfad erlebbar macht.

Moderne Technik im Konflikt mit jahrtausendealter Kultur

Das Problem: Genau in diesem Bereich wollen die Betreiber Eurowind und Westfalenwind eine ganze Reihe von Windkraftanlagen aufstellen. Man kann den Konflikt also auf eine simple Formel bringen: Hier steht modernste Technik im Konflikt mit jahrtausendealter Kultur.

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„Der Wittgensteiner Heimatverein wird sich nicht in die energiepolitischen Debatten pro oder kontra Windkraft einmischen“, sagt der 2. Vorsitzende Bernd Weide im Gespräch mit dieser Zeitung. Und dann folgt das Aber: „Es geht uns primär um den Schutz der betroffenen Bodendenkmäler“, so Weide. In drei Schreiben hat der Heimatverein sowohl den Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein als Baugenehmigungsbehörde, als auch die Bürgermeister der beiden betroffenen Kommunen Erndtebrück und Bad Berleburg angeschrieben.

Wir versuchen, mit Behörden und Betreibern ins Gespräch zu kommen und wir appellieren auch an deren Verantwortung.
Bernd Weide - 2. Vorsitzender des Wittgensteiner Heimatvereins

Der Ausbau der Windkraft „geht unweigerlich mit einem erheblichen Eingriff in die Geländestruktur einher, der sowohl die Standorte der Windkraftanlagen, aber auch die in großen Dimensionen notwendigen Zuwegungen. Betroffen werden besonders die Höhenlagen sein, in denen die frühe Besiedlung unserer Region stattgefunden hat“, schreibt der Heimatverein. „Als Wittgensteiner Heimatverein sind wir in großer Sorge, dass durch die Baumaßnahmen und Erdbewegungen bislang unbekannte und unerforschte Bodendenkmäler unwiederbringlich zerstört werden“, heißt es in allen Briefen.

Als Konsequenz aus dieser Sorge bittet der Verein um Informationen aus den drei Verwaltungen, was zum Schutz der Bodendenkmale unternommen werde.

Für Bernd Weide ist aber auch klar, dass es eine Lösung im Dialog geben muss. „Wir versuchen, mit Behörden und Betreibern ins Gespräch zu kommen und wir appellieren auch an deren Verantwortung“, sagt der 2. Vorsitzende. Konkret heißt das, dass auch der Verein zu Kompromissen bereit ist. „Die Windkraft wird Einfluss auf den Kulturweg Eisen haben“, macht Weide klar. Auch wenn Bodendenkmale nicht beeinträchtigt würden, hätten die Anlagen mit ihrer Größe, Schattenwurf und Geräuschkulisse einen Einfluss auf Wanderer, die auf dem Weg unterwegs sind. Möglicherweise müsse man die Trassenführung verändern. Aber auch das hänge von Gesprächen mit Grundbesitzern, Kommunen und Windkraftbetreibern ab, skizziert er eine mögliche Lösung der Konflikte.

NRW ist ein Bundesland, in dem es viele Eingriffe in den Boden gibt. Und der Windkraftausbau bedeutet einen enormen Eingriff.
Dr. Manuel Zeiler - Archäologe beim LWL in Olpe

Bereits Anfang April hatte der LWL-Archäologe Manuel Zeiler auch deutlich gemacht: „Wir haben kein Interesse daran, eine Baustelle stillzulegen. Wir arbeiten lösungsorientiert und solche Probleme sind zu lösen“, sagte Zeiler im Gespräch mit dieser Zeitung und nannte ein einfaches Beispiel: Man könne eine Kranaufstellfläche einfach fünf Grad schwenken und damit einen Konflikt vermeiden. Und Zeiler stellte auch klar: „Archäologie verhindert den Windpark nicht“. Aus seiner langjährigen Erfahrung ist Zeiler das Spannungsfeld zwischen Bauen und Ausgraben bewusst. „NRW ist ein Bundesland, in dem es viele Eingriffe in den Boden gibt. Und der Windkraftausbau bedeutet einen enormen Eingriff. Aber mir ist keine einzige Baumaßnahme bekannt, die verhindert worden wäre.“ Das erklärt auch den pragmatischen, lösungsorientierten Ansatz im Umgang mit Bauvorhaben, den nun auch der Heimatverein anstrebt.

Wir haben sowohl den Windkraftbetreiber Eurowind, als auch den Kreis und die beiden Kommunen um eine Stellungnahme gebeten. Die Antworten stehen aber noch aus.

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