Berghausen. Der Berghäuser ist seit 50 Jahren als Archäologe in Wittgenstein aktiv. Sein Spürsinn führte zu bedeutenden Entdeckungen in der Region.

50 Jahre ist eine lange Zeit, fast schon ein Lebenswerk: Seit 1973 ist Berghäuser Hans-Günter Radenbach als Forscher und Entdecker in Wittgenstein unterwegs – in der regionalen Bodendenkmalpflege und als ehrenamtlicher Mitarbeiter Archäologie des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL). In Wittgenstein machte er zahlreiche Entdeckungen: So gehen insgesamt 135 entdeckte Siedlungen aus der Eisenzeit auf sein Konto.

Ausgrabungsarbeiten des Kellerfundaments bei Aue.
Ausgrabungsarbeiten des Kellerfundaments bei Aue. © LWL-Archäologie für Westfalen | LWL Thomas Poggel

Sein Start als Archäologe war allerdings mehr ein Zufall: „Beim Dorfjubiläum in Berghausen sprach ein Forscher von fünf eisenzeitlichen Wallburgen in Wittgenstein, aber es gab keine einzige bekannte Siedlung. Ich habe einfach in die Menge geredet, ohne nachzudenken: Das werde ich ändern“, erzählt Hans-Günter Radenbach im Gespräch mit der Redaktion. Seinen Worten ließ er Taten folgen.

LWL-Archäologe Dr. Manuel Zeiler fasst die langjährige Arbeit von Radenbach zusammen

Dr. Manuel Zeiler von der LWL-Archäologie fasste die Arbeit und die Funde von Hans-Günter Radenbach aufgrund seiner 50-jährigen Tätigkeit in einem Blogbeitrag zusammen: „Damit verkehrte er sogar die Forschungssituation im Vergleich zum Siegerland: In der ersten archäologischen Gesamtdarstellung des Kreises Siegen-Wittgenstein aus dem Jahr 1993 bildete der Olper Archäologe Hartmut Laumann (1949-2001) eine Fundstellenkarte der Eisenzeit ab – im Siegerland finden sich dort 56 Fundstellen und in Wittgenstein 122! Die meisten davon entdeckte Hans-Günter Radenbach“, so Zeiler.

Ein bedeutender wie seltener Befund, der ohne die Arbeit Radenbachs unerkannt durch Beackerung verloren gegangen wäre.
Dr. Manuel Zeiler von der LWL-Archäologie - über den Fund im Preisdorftal bei Aue

„Was ich mache, mache ich richtig“, sagt der Berghäuser. Dabei war er „autodidaktisch“ unterwegs: „Ich hatte keine Ahnung und habe mich herangetastet“, sagte Radenbach, der ursprünglich Werkzeugmechaniker gelernt hatte. Nach und nach professionalisierte er sich und entwickelte eine Art Spürsinn für mögliche Fundstellen. „Ich habe dem Gelände angesehen, ob etwas zu finden ist.“

Bedeutende Entdeckung bei Birkefehl gemacht

Seine Entdeckungen veranlassten oft Ausgrabungen, an denen Radenbach selbst teilnahm. Seine wichtigsten Funde: „Die archäologische Untersuchung eines Ackers bei Erndtebrück-Birkefehl, wo Radenbach 1978 neben Scherben auch Leichenbrand entdeckte. Die Ausgrabungen – an denen der Heimatforscher selbst teilnahm – erbrachten 33 Brandbestattungen der älteren Eisenzeit, die die Olper Archäologin Anna-Helena Schubert 1987 veröffentlichte. Zum Veröffentlichungszeitpunkt war dies die wissenschaftlich wichtigste eisenzeitliche Nekropole des westfälischen Mittelgebirgsraums“, so Zeiler.

Ich fing als Amateur an und ende als Vollprofi. Die Archäologie hat mein Leben begleitet.
Hans-Günter Radenbach - über seine 50-jährige Tätigkeit als Archäologe

In der Nähe der Preisdorf bei Aue entdeckte der Berghäuser Funde, die 2020 von LWL-Archäologen ausgegraben wurden: „Dort befindet sich eine der wichtigsten frühmittelalterlichen Fundstellen Wittgensteins und die Grabungen erbrachten neben zahlreichen aussagekräftigen Scherben, einen gemauerten Kellergrundriss sowie Fundamente zweier Heubergen: Ein bedeutender wie seltener Befund, der ohne die Arbeit Radenbachs unerkannt durch Beackerung verloren gegangen wäre“, sagt Zeiler.

Radenbach entwickelte sich vom Amateur zum Profi

„Ich fing als Amateur an und endet als Vollprofi. Die Archäologie hat mein Leben begleitet“, sagt Radenbach. Auf seine Entdeckungen ist er auch ein wenig stolz: „Die 135 Siedlungen und das Grabfeld in Birkefehl sind schon besonders. Einmal entdeckte ich sogar fünf Fundstellen an einem Tag.“ Auch wenn er nie einen Goldschatz gefunden hat, wie er sagt. Vor allem, dass er zeigen konnte, dass Wittgenstein als Region autonom war, ist ihm wichtig. Dies sei eine Steilvorlage für die Wissenschaft, die sich jetzt weiter damit beschäftigen kann, so der Forscher.

Auswahl frühmittelalterlicher Keramikscherben aus dem Kellerfund im Preisdorftal.
Auswahl frühmittelalterlicher Keramikscherben aus dem Kellerfund im Preisdorftal. © LWL-Archäologie für Westfalen | LWL Thomas Poggel

Funde, wie er sie damals gemacht hat, sind heute schwerer zu entdecken: Die Landwirtschaft war eine große Hilfe bei den Entdeckungen. Früher wurde mit Tieren nur etwa zehn Zentimeter tief gepflügt, mit kleinen Traktoren ungefähr 25 Zentimeter, so Radenbach, „Die stießen genau auf die Schichten, die ich gebraucht habe. Ich konnte den Ackerfurchen ansehen, wo Kultur nach oben befördert werden will.“ Mit der Zunahme der landwirtschaftlichen Grünflächen wurden solche Entdeckungen immer schwieriger. „Das ließe sich so heute nicht wiederholen“, sagt Radenbach. Dafür gebe es aber mittlerweile technische Hilfsmittel, wie Satellitenaufnahmen, so der Heimatforscher. Sorge macht ihm allerdings das sinkende Interesse an geschichtlichen Funden: „Das Geschichtsbewusstsein ist stark rückläufig – seit den 1980er. Die Menschen haben andere Interessen. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen“, so Radenbach. Der Berghäuser wird sich weiterhin für die Region einsetzen und sein Wissen weiter vermitteln.

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Die ausführliche Zusammenfassung von Dr. Manuel Zeiler über die Arbeit von Hans-Günter Radenbach kann online auf dem Blog der LWL-Archäologie nachgelesen werden: lwl-archaeologie.de/de/blog/