Bad Berleburg. Zwei Wochen nachdem die 26-Jährige eine Haftstrafe bekommen hat, begeht sie die nächste Straftat. Das Urteil ist überraschend.

Wer sich betrunken am Straßenverkehr beteiligt, begeht eine Straftat – ob im Auto oder auf dem Fahrrad. Am 16. Juli war eine 26-Jährige mit dem Fahrrad nachts um 1.15 Uhr auf der Poststraße in Bad Berleburg unterwegs – in Schlangenlinien. Die Ergebnisse der Blutprobe zeigten eindeutigen Alkohol- und Cannabis-Konsum: Der Blutalkoholwert lag bei 1,52 Promille. „Die Fahruntüchtigkeit hätte sie erkennen müssen“, sagte Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel in ihrer Anklage.

Die Berleburgerin zeigte sich vor Gericht komplett geständig. „Das stimmt“, sagte sie zu den Vorwürfen. „Wir hatten eine kleine Party gefeiert“, erklärte sie weiter. Ihre Freunde hätten sie noch gewarnt und ihr gesagt, sie solle das Fahrrad besser schieben – aber das tat sie nicht. „Das wäre besser gewesen“, zeigte sie sich nun einsichtig.

Zwei Wochen nach der Haftstrafe folgte die nächste Straftat der Berleburgerin

Das Problem: Die Angeklagte ist bereits mehrfach vorbestraft. Nur zwei Wochen zuvor wurde eine Bewährungsstrafe, die sie für eine Tat aus Juli 2020 erhielt, widerrufen. Damals wurde sie wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten und zwei Wochen verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Weil sie aber die vereinbarten Sozialstunden nicht leistete, wurde am 30. Juni 2023 die Bewährung widerrufen. Mitte Juli folgte die Trunkenheitsfahrt und somit die nächste Straftat: „Ich habe mir Sorgen gemacht und wollte den Frust wegtrinken“, gestand die Angeklagte vor Gericht. Probleme mit Alkohol habe sie aber nicht. Sie sei auch nicht in Therapie oder ärztlicher Betreuung, seit sie am 5. Oktober ihre Haftstrafe angetreten habe.

Bei Ihnen stimmt das, was ich manchmal sage: Dass Haft das Leben retten kann. Sie kommen mir verändert vor.
Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel - zum Verhalten der Angeklagten vor Gericht

Seit dem 19. Oktober ist die Berleburgerin nun im offenen Vollzug in Oelde, in der Nähe von Bielefeld. Hier fand sie schnell Arbeit und wechselte vor eineinhalb Monaten zu einem Garten- und Landschaftsbau-Unternehmen und arbeitet Vollzeit mit. „Es macht mir Spaß und ich habe eine Perspektive.“ Die Arbeit macht ihr so viel Spaß, dass die Angeklagte sogar ablehnte, nach zwei Dritteln der verbüßten Haftstrafe auf Bewährung freizukommen. „Bei Ihnen stimmt das, was ich manchmal sage: Dass Haft das Leben retten kann. Sie kommen mir verändert vor“, sagte Judith Hippenstiel.

Die Trunkenheitsfahrt auf dem Fahrrad kann mit einer Geld- oder Haftstrafe geahndet werden

Richter Torsten Hoffmann fragte die Angeklagte nach ihrem Plan nach der Haft: „Erstmal werde ich wieder nach Bad Berleburg kommen, aber ich plane mit einer Freundin zusammen eine Wohnung zu nehmen – aber nicht in Berleburg.“ Das hält der Richter für sinnvoll, den vor allem der „schlechte Umgang“, soll die 26-Jährige zu ihren Straftaten gebracht haben.

Das ist eine andere Situation als die typische kriminelle Energie, die sie davor hatte. Das war anders als die zehn anderen Dinger, die sie auf dem Kerbholz hat.
Rechtsanwalt Thomas Biek - über die Tat seiner Mandantin

Weil die Angeklagte nur zwei Wochen nach dem Widerruf ihrer Bewährungsstrafe die nächste Straftat beging, sieht die Oberamtsanwältin keine Möglichkeit der Geldstrafe und forderte eine weitere Haftstrafe von zwei Monaten. Das sah Rechtsanwalt Thomas Biek anders: Er gab an, dass seine Mandantin „gesoffen und gekifft“ habe und sich dann „aufs Rad gesetzt“ habe. „Das ist eine andere Situation als die typische kriminelle Energie, die sie davor hatte. Das war anders als die zehn anderen Dinger, die sie auf dem Kerbholz hat“, so Biek. Er forderte eine Geldstrafe: „In der Hoffnung, dass wir uns hier nicht wiedersehen.“

Das Urteil

Richter Torsten Hoffmann verurteilte die Berleburgerin schließlich zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 Euro. „Die Bewährungsstrafe wurde kurz vor der Tat widerrufen, das fordert einen Begründungsaufwand für eine Geldstrafe“, sagte der Richter und erklärte: „Die Angeklagte war in kürzester Zeit im offenen Vollzug, hat eine Arbeitstätigkeit aufgenommen und einen vernünftigen Plan nach dem Vollzug.“ Und an die Angeklagte gewandt sagte er: „Jetzt liegt es an Ihnen, was Sie aus dem weiteren Verlauf machen.“

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