Bad Laasphe. Ohrfeigen, Faustschläge oder mit dem Gürtel: Die Kinder beschreiben unfassbare Situationen, während der Vater alles abstreitet.

Zwischen 2011 und 2021 soll ein 53-jähriger Bad Laaspher seine Kinder mit Ohrfeigen, Faustschlägen und Tritten bestraft und erniedrigt haben. Der Angeklagte streitet die Vorwürfe vor dem Amtsgericht ab. Er vermutete, dass seine Ex-Frau und seine Kinder sich gegen ihn verschworen haben.

Aber von vorn: Der 53-Jährige hat sechs Kinder mit seiner Ex-Frau, von der er sich 2020 trennte und seit 2022 geschieden ist. Kurz nach der Trennung lernte er eine neue, jüngere Partnerin kennen – mit ihr hat er zwei weitere Kinder. „Wenn ihm etwas nicht passte oder ein Fehler passierte, gab es Schläge mit der flachen Hand ins Gesicht, mit einem Gürtel oder Tritte mit den Füßen. Die Kinder mussten sich auf die Fliesen knien, den Kopf auf den Boden legen und ein bis zwei Stunden in dieser Position ausharren“, verlas Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel die Taten in der Anklageschrift. Dazu soll der Angeklagte die Kinder immer wieder beschimpft und erniedrigt haben: „Ihr erlebt den nächsten Tag nicht, wenn ihr es jemanden erzählt“, soll er – laut Anklage – gesagt haben.

Nach der Trennung sei ein Familienstreit entstanden

Rechtsanwältin Vanessa Roth, sagte in der Verteidigung, dass nach der Trennung „ein riesiger Familienstreit entstanden ist. Alle haben sich gegen meinen Mandanten verschworen.“ Das belege ein Telefonat aus März 2021, das die Tochter mit ihrer Mutter und zwei anwesenden Brüdern führte. „Sie haben sich verbunden, um den Vater fertig zu machen“. Daraufhin habe die Tochter Hassnachrichten an den Vater geschickt. Im April 2021 zeigte sie ihn wegen der genannten Taten an.

Es ist ein riesiger Familienstreit entstanden. Alle haben sich gegen meinen Mandanten verschworen. Sie haben sich verbunden, um den Vater fertig zu machen.
Rechtsanwältin Vanessa Roth - zur Verteidigung des Angeklagten

Der Kontakt zwischen Tochter und Eltern sei schon immer schwierig gewesen und mehrfach abgebrochen, so die Rechtsanwältin. Die nun 25-jährige Tochter soll schon als Jugendliche an psychischen Problemen gelitten haben. Einen vom Vater über den Verein Brücke angebotenen Täter-Opfer-Ausgleich lehnte sie ab, auch ihre beiden Brüder reagierten nicht auf das Schreiben.

Der Angeklagte soll seine Kinder regelmäßig geprügelt und erniedrigt haben

„Er hat uns regelmäßig geprügelt und erniedrigt – auch wegen Kleinigkeiten. Wenn die Spülmaschine nicht angemacht wurde, haben wir Schläge bekommen“, sagte die Tochter, die sich erst spät zur Anzeige durchgerungen hatte: „Er kann meinen Brüdern und meiner Mutter nichts mehr tun. Ich habe mich vorher nicht getraut, ich hatte Angst. Jetzt ist die Zeit für Gerechtigkeit.“

Er kann meinen Brüdern und meiner Mutter nichts mehr tun. Ich habe mich vorher nicht getraut, ich hatte Angst. Jetzt ist die Zeit für Gerechtigkeit.
Tochter des Angeklagten - bei ihrer Zeugenaussage vor Gericht

Die Familie wird seit den frühen 2000er familienrechtlich betreut und hatte im Laufe der Jahre insgesamt drei Familienhelfer an ihrer Seite. In Unterlagen beschreiben sie einen „groben Umgangston“ des Vaters. Davon will der jedoch nichts wissen.

Ein Gutachten soll die Glaubwürdigkeit der Zeugin nachweisen

„Die Strafen haben sich immer gesteigert“, sagte die Tochter, die mittlerweile in Schmallenberg lebt, vor Gericht aus. „Erst sollten wir nur in der Ecke stehen, dann knien, dann mit dem Kopf auf den Boden und die Hände hinter den Rücken. Manchmal eine halbe Stunde, manchmal eine Stunde oder bis Besuch kam.“ Während sie die Geschehnisse erzählte, kamen ihr die Tränen.

Ich habe keinen Zweifel, dass Taten so stattgefunden haben.
Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel - zur Glaubwürdigkeit der Zeugin

Weil einige Aussagen der Tochter vor Gericht von den Aussagen bei der Polizei abwichen, beantragte die Rechtsanwältin ein aussagepsychologisches Gutachten der Zeugin. Eine Fachperson soll im Gespräch herausfinden, ob die Aussagen glaubwürdig sind, inwieweit die Erinnerung verdrängt oder beeinträchtigt wurde und eventuell Taten dazu gedichtet wurden. „Ich habe keinen Zweifel, dass Taten so stattgefunden haben“, sagte hingegen Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel.

Das Verfahren wird ausgesetzt, weitere Ermittlungen sind erforderlich

Auch zwei der Brüder wurden vernommen. Der 23-Jährige machte von seinem Zeugnisverweigerungsrecht gebrauch, während der 20-Jährige, der aussagen wollte, vor Gericht mit der Situation zu kämpfen hatte. „Warum fällt Ihnen die Aussage so schwer?“, fragte Hippenstiel. „Weil es schlimm ist“, sagte er nur. Auch für ihn beantragte die Rechtsanwältin ein aussagepsychologisches Gutachten. Das Verfahren wird ausgesetzt, bis die Gutachten vorliegen.

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