Bad Berleburg. Klinikkonzern ist gerade wieder aus den roten Zahlen heraus, da müssen in Bad Berleburg Menschen um ihren Arbeitsplatz bangen.

Die aktuellen Entwicklungen beim Klinikkonzern Vamed in Bad Berleburger überrascht Insider. Der Zeitpunkt für die Schließung einer Abteilung kommt zu einer ungewöhnlichen Zeit: Ende November kündigte die Klinikgeschäftsführung um Geschäftsführer Florian König in einer Betriebsversammlung der Belegschaft in Bad Berleburg an, dass die Orthopädie in der Rehaklinik nicht mehr wirtschaftlich sei und deshalb bis zur Jahresmitte 2024 geschlossen werden müsse. „Das kam für uns alle überraschend. Überraschender für mich war aber, dass niemand losgebrüllt oder Fragen gestellt hat“, beschreibt ein Mitarbeitender, der anonym bleiben will, die Stimmung in der Versammlung.

Wir schwimmen definitiv und wissen nicht, was jetzt passiert.
Vamed-Mitarbeitender, der anonym bleiben will

Für viele Beschäftigte, nicht nur die aus der Orthopädie, kommt dieser Schritt unerwartet. Gerade erst hat der Mutterkonzern Fresenius aus Bad Homburg verkündet, dass die Tochtergesellschaft Vamed im dritten Quartal 2023 aus den roten Zahlen gesprungen sei und „gute Fortschritte bei der Transformation“ mache.

Die aktuell angekündigte Transformation in Bad Berleburg gibt es allerdings Rätsel auf: „Wir schwimmen definitiv und wissen nicht, was jetzt passiert“, sagt der Mitarbeitende, der anonym bleiben will.

Allerdings ist an der Schließung der Orthopädie weniger die Schließung selbst als der Zeitpunkt überraschend: Das „Sterben“ begann schon vor vier Jahren. Ende 2019 schloss Vamed die Baumrainklinik. Die orthopädische Fachklinik sollte auch gebäudetechnisch mit den anderen drei Reha-Indikationen (psychiatrische Rehabilitation, Neurologie sowie Hörstörungen, Schwindel und Tinnitus) unter einem Dach zusammenziehen, um Gebäudekosten zu senken. Schon damals wurde das Angebot der Orthopädie zusammengestrichen. Von den ursprünglich rund 150 orthopädischen Betten der Baumrainklinik kamen in der neuen Rehaklinik aber nur 55 an. Der Hintergrund ist klar: Ein orthopädisches Bett bringt nur 50 Prozent des Gewinns eines neurologischen Bettes. Hintergrund ist auch, dass immer mehr komplizierte Heilverfahren ohne lange stationäre Rehabilitation auskommen.

Wir sind überrascht und müssen nun erstmal abwarten, was da kommt.
Jasin Nafati, Verdi-Gewerkschaftssekretär.

Auch den zuständige Siegener Verdi-Gewerkschaftssekretär Jasin Nafati erreichten die schlechten Nachrichten im Urlaub. Im Vorfeld hatte es keine Hinweise gegeben. „Wir sind überrascht und müssen nun erstmal abwarten, was da kommt.“ Auf Nachfrage dieser Zeitung betont Nafati, dass man nun erst einmal das Gespräch mit der Belegschaft suchen werde. Der Gewerkschafter warnt aber vor schnellen Schlüssen: „Aktuell ist es noch zu früh, hierzu eine Aussage zu treffen, da uns noch Informationen seitens Vamed fehlen.“

Wir sind in Gesprächen mit dem Betriebsrat, aber geben Sie uns für die Suche nach einer Lösung Zeit.
Erik Thiel, Pressesprecher von Vamed

Auch der Gesundheitskonzern Vamed bleibt vorsichtig: „Wir sind in Gesprächen mit dem Betriebsrat, aber geben Sie uns für die Suche nach einer Lösung Zeit“, formuliert es Vamed-Pressesprecher Erik Thiel. Darüber hinaus bleibt er bei der Aussage, dass es vorrangiges Ziel der Klinikleitung sei, einen Großteil der Mitarbeitenden, die von der Umstrukturierung betroffen sind, in anderen Fachabteilungen und gegebenenfalls im benachbarten Akutkrankenhaus weiter beschäftigt werden sollen. „Beschäftigte, für die dies nicht möglich ist, erhalten die volle Unterstützung der Vamed Gesundheit, in Abstimmung mit dem Betriebsrat wird nach bestmöglichen Lösungen gesucht“, hieß es am Montag.

Mehr zum Thema

Während in Bad Berleburg nun das Bangen um Arbeitsplätze beginnt, werden in Bad Homburg am Konzernsitz von Fresenius in Deutschland Zahlen präsentiert. Auf Anfrage liefert Fresenius-Sprecher Steffen Rinas Quartalszahlen, die den Erfolg des Strukturwandels bei der Konzerntochter Vamed belegen sollen. In einem Newsletter für Investoren heißt es über Fresenius Vamed: „Das Unternehmen unterzieht seine Geschäftsaktivitäten einer umfassenden strategischen Analyse und hat ein tiefgreifendes Restrukturierungsprogramm eingeleitet zur Steigerung der Profitabilität.“ Fresenius Vamed ist raus aus den roten Zahlen.

Rinas verweist darauf, dass die roten Zahlen vom Jahresbeginn der Vergangenheit angehören: In der ersten Jahreshälfte habe Vamed aber ein Minus von 20 Millionen gemacht. Mit einem Ergebnis von 10 Millionen Euro vor Steuern ist man jetzt aber im Plus. „Damit liegt Fresenius Vamed über dem ursprünglich erwarteten Ziel für das 3. Quartal 2023“, heißt es im Quartalsbericht für die Investoren.

Vamed-Struktur

Die Vamed wurde im Jahr 1982 in Österreich gegründet und hat sich zu einem großen Gesamtanbieter für Krankenhäuser und andere Einrichtungen im Gesundheitswesen entwickelt. In 98 Ländern auf fünf Kontinenten hat der Konzern mehr als 1000 Projekte realisiert.

Zur Vamed Gesundheit Holding Deutschland zählen 18 Rehakliniken, zwei Akutkliniken, acht Ambulante Rehazentren, zwei Medizinische Versorgungszentren (MVZ), zehn Pflegeeinrichtungen, ein Prevention Center und ein touristischer Standort.

Der Gesundheitskonzern beschäftigt insgesamt rund 7800 Mitarbeiter. Die Vamed Gesundheit Holding Deutschland GmbH ist Teil der Vamed AG.

Die Umstrukturierung kostet aber auch Geld, das wird an zwei Zahlen deutlich, die Fresenius in der Quartalsbilanz besonders auflistet: Es geht um „negative Sondereffekte in Höhe von 109 Millionen Euro - im Wesentlichen für das Einstellen von Geschäftsaktivitäten, Wertberichtigungen sowie Restrukturierungsaufwendungen“. Diese seien aber größtenteils nicht zahlungswirksam, tauchen also in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht auf. Insgesamt seien im ersten bis dritten Quartal 2023 „negative Sondereffekte von 441 Millionen Euro aufgelaufen“.

Der Gesundheitskonzern schließt aber mit einer positiven Prognose für das Geschäftsjahr 2025. Dann solle Fresenius Vamed wieder in dem vorgegebene Bereich von 4 bis 6 Prozent Gewinn vor Steuern liegen.