Raumland. Familienfreundlichkeit ist wichtig: Frauen in Führungspositionen erklären, was eine Firma bei der Personalsuche erfolgreicher macht.
Was macht einen Arbeitgeber attraktiv? Sind es schlicht Lohn und Gehalt, flexible Arbeitszeiten, eine sinnstiftende Aufgabe oder das Miteinander der Kolleginnen und Kollegen? Fragt man gezielt die Frauen in dem Wittgensteiner Familienunternehmen Bikar Metalle, fallen die Antworten ganz eindeutig aus.
Gerade erst ist das Unternehmen erneut als „familienfreundlich“ ausgezeichnet worden. Aber das allein reicht vielen Mitarbeitenden - vor allem Frauen und jüngeren Menschen - nicht mehr aus: Weil es bei einem attraktiven Arbeitsplatz nicht nur um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Die wird oft auf die klassische Situation von Müttern mit kleinen Kindern reduziert. Heute geht es mehr um Gleichberechtigung von Männern und Frauen, von gesunden und beeinträchtigten Menschen. Es geht um Selbstverwirklichung, die Balance zwischen Leben und Arbeiten und um die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege von Angehörigen.
„Das Gehalt ist mir nicht wichtig. Gestaltungsmöglichkeiten und Teilhabe sind mir wichtig“, sagt Nina Krumpholz. Sie ist erst seit eineinhalb Jahren bei Bikar. Vorher hat die Leiterin der Organisationsentwicklung über viele Jahre bei einem großen Konzern gearbeitet, sich dort aber nie so heimisch gefühlt. In Raumland hat sich das für die Mutter von zwei Kindergartenkindern schon im Vorstellungsgespräch bei Geschäftsführerin Claudia Bikar geändert: „Sie hat gesagt, kranke Kinder gehen immer vor. Und das ist keine Floskel. Dass wir unsere Kinder mit ins Büro nehmen können, ist ernst gemeint“, sagt Krumpholz. „Natürlich steht der Leistungsgedanke im Vordergrund, aber es gleicht sich aus, weil wir auch mit privaten Themen zur Geschäftsführung gehen können.“ Krumpholz weiß aber auch, dass sie mit einem Bürojob und einer auf 30 bis 35 Stunden reduzierten Arbeitszeit privilegiert ist. Aber ein krankes Kind gehe auch bei Mitarbeitenden in der Produktion vor. „Das muss lebbar sein“, sagt sie und nennt auch den Effekt: „Wir haben hier einen unglaublichen Zusammenhalt.“
„Selbst ich fühle das schon“, sagt Annalena Moll-Göbel. Sie ist vor gut einem Jahr als Personalleiterin zu Bikar gewechselt. Für die junge Frau mit Führungsposition, die eben erst geheiratet hat, ist aber auch ein ganz besonderer Punkt entscheidend, den sie auch im neuen Imagevideo über Frauen bei Bikar herausstellt: „Die größte Herausforderung für Frauen, die gerne Karriere machen wollen, ist glaube ich das Vorurteil, dass jeder sofort Kinder haben möchte. Das war hier nie ein Thema, also ich hatte nie das Gefühl, dass mir hier Türen verschlossen bleiben oder Chancen verwehrt werden, weil ich gerade in einem Alter bin, wo es vielleicht sein könnte, dass ich Kinder haben will. Denn ich sehe es hier immer wieder, auch bei Kolleginnen, die hier Führungsrollen mit Kindern bekleiden, dass es auch anders geht.“
Wertschätzung ist das Wichtigste für die Generation Z
Annalena Moll-Göbel hat als Personalleiterin auch häufig mit jungen Bewerbern und Auszubildenden zu tun und weiß, worauf es der Generation Z ankommt. „Rein rechnerisch gehöre ich ja auch dazu“, schmunzelt sie und räumt mit einem falschen Bild auf: „Viele denken, die Generation Z ist nur auf Work-Life-Balance aus und darauf, möglichst wenig Stunden in der Woche zu arbeiten. Aber unsere Azubis fühlen sich wohl, wenn sie an ihren Projekten arbeiten können und fester Bestandteil einer Abteilung sind. Sie wollen gemeinsam etwas schaffen, suchen nach Selbstverwirklichung. Allüren habe ich noch nicht erlebt.“ Das sieht auch Nina Krumpholz so: „Wichtig sind Respekt, dass man sie ernst nimmt.“ Im Imagevideo hat sie das so ausgedrückt: „Also jeder hat seine Relevanz, jeder ist wichtig, jeder wird wertgeschätzt und diese gigantische Entwicklung, die das Unternehmen in den letzten Jahren genommen hat, liegt auch da dran, dass jeder gefragt war, seinen Teil immer beizubringen.“
800 Mitarbeiter
Bikar Metalle wurde 1962 von Luise und Radomir Bikar gegründet. Alles begann mit dem Handel und Zuschnitt von Nichteisenmetallen wie Kupfer, Aluminium, Messing oder Bronze.
Mit inzwischen 18 Standorten und rund 800 Beschäftigten ist das Unternehmen in den vergangenen 60 Jahren stark gewachsen.
Seit 2011 sind die Geschicke des gesamten Unternehmens auf die 3. Generation Claudia und Pascal Bikar übergegangen.
Dass jeder seinen Teil beibringt, bedeutet für Nina Krumpholz Gleichberechtigung im besten Sinn. Die lebt sie im Beruf, aber auch zu Hause mit ihrem Mann, einem selbstständigen Schornsteinfeger. Beide teilen sich Aufgaben, haben Arbeitszeit reduziert und nehmen sich viel Zeit für ihre Kinder. Genau das wünscht sich die Leiterin der Organisationsentwicklung auch für andere Familien. Dass Männer mehr als die vorgeschriebenen acht Wochen Elternzeit nehmen, ist nicht selbstverständlich. Da müsse sich was ändern: „Das Bild muss sich ändern, dahin, dass der Mann viel gewinnt, wenn er das Aufwachsen seiner Kinder miterlebt.“ Bei Bikar scheint das bis in der Geschäftsführung angekommen zu sein, weil auch Claudia Bikars Bruder Pascal Bikar als junger Vater seine Tochter bereits mit ins Büro genommen hat.
Mutter- und Vatersein von Altlasten befreien
Nina Krumpholz spricht beim Bild von den Aufgaben einer Mutter in Deutschland von „Altlasten“. Das Gleiche gilt aber auch für die Vaterrolle, die in Männern vor allem den „Ernährer der Familie“ sehen. „Diesen Druck müssen wir den Männern nehmen“, so Krumpholz. Dass Frauen zu Hause bleiben konnten, sei ohnehin ein „Wohlstandsthema“ gewesen. Inzwischen ist klar, dass eine Familie mit zwei, drei Kindern kaum noch von einem Alleinverdiener versorgt werden kann, rechnet auch Annalena Moll-Göbel vor.
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Neben der beruflichen Selbstverwirklichung von Frauen und einer jüngeren Generation, die genau weiß, was sie will, und der Vereinbarkeit von Elternschaft und Beruf rückt ein weiteres Thema in den Vordergrund, mit dem sich Arbeitgeber beschäftigen müssen, wenn sie Mitarbeiter gewinnen oder halten wollen: Die Pflege von kranken Angehörigen.
Annalena Moll-Göbel ist nicht nur Personalleiterin, sie hat sich auch zum Pflegeguide weiterbilden lassen. Das heißt, Bikar-Beschäftigte mit pflegebedürftigen Angehörigen können sich von ihr beraten lassen. Für Moll-Göbel ein selbstverständliches Anliegen, weil auch hier traditionell häufiger Frauen betroffen waren und sind: „Meine Mutter zum Beispiel hat meine Großeltern gepflegt und ich habe das Gefühl, dass es häufig Frauen sind, die diese Pflegethemen zu Hause abdecken müssen und es denkt irgendwie keiner daran, dass dabei immens viel Zeit draufgeht, dass die Frauen in dieser Zeit selten einem Vollzeit-Beruf nachkommen können, dass sie nicht in eine Rentenkasse einzahlen können, dass sie überhaupt nicht die Privilegien haben, die Männer bisher in der Arbeitswelt hatten. Deswegen finde ich es toll, dass wir gesagt haben, wir unterstützen in diesen Themen und unterstützen die Frauen.“
Unterm Strich sind es diese Themen, die für die Frauen einen attraktiven Arbeitgeber ausmachen. Das haben diese Frauen jetzt auch in einem Imagevideo auf dem firmeneigenen Youtube-Kanal deutlich gemacht.