Siegen-Wittgenstein. Der Beirat der Unteren Naturschutzbehörde hält das Thema für eine große Chance und berät am 23. November darüber.
Jetzt gibt es die nächste deutliche Positionierung in der umstrittenen Diskussion um einen Nationalpark in Südwestfalen: Die Idee eines zweiten Nationalparks in NRW ist „eine große Chance für die Natur und die Region“, heißt es in einer Sitzungsvorlage für den Beirat der Unteren Landschaftsbehörde beim Kreis Siegen-Wittgenstein, der am Donnerstag, 23. November, ab 17 Uhr im Sitzungsraum 1317 im Siegener Kreishaus tagt. Die Beiratsvorsitzende Prof. Dr. Klaudia Witte positioniert sich mit dem Papier bereits im Vorfeld eindeutig: „Der Beirat der Unteren Naturschutzbehörde empfiehlt dem Kreis Siegen-Wittgenstein, am Bewerbungsverfahren teilzunehmen“, heißt es dort.
So lief die politische Diskussion bisher
Landrat Andreas Müller (SPD) hatte sich zunächst gegen eine Bewerbung ausgesprochen. Aus dem Kreishaus hieß es: Es werde angesichts der „für Siegen-Wittgenstein festzustellenden Ausgangssituation für nicht möglich gehalten, die dazu erforderlichen Prozesse in dem von der Landesregierung vorgegebenen Zeitraum durchzuführen“. Der Kreistag aber hat anders entschieden und einen Aufschub für die Diskussion um die Bewerbung erreicht.
Ihren Anteil daran hat die Kreistagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen. Deren Fraktions-Vorsitzender Ulrich Schmidt-Kalteich hatte betont: „Ja, es ist komplex und wird in einem halben Jahr nicht zu schaffen sein. Doch wir wollen auf die positiven Aspekte hinweisen.“ In genau dieses Horn stößt nun Prof. Dr. Witte und möchte über den Vorschlag des Umweltministeriums für einen Nationalpark im Kreis Siegen-Wittgenstein diskutieren. Auf den Zug für einen Nationalpark aufspringen werden auch die Gegner von Windkraftanlagen in der Region. Denn diese vertragen sich nicht mit der Einstufung einer Nationalparkfläche als Wildnis.
Widerspruch kommt im Wesentlichen von den Interessenverbänden der Land- und Forstwirtschaft, die Einschränkungen bei der Nutzung ihrer Flächen fürchten. Für die hatte der Kreis-Vorsitzende Henner Brach bereits klare Worte gefunden: „Irgendwo in NRW in der Region des geringsten Widerstandes einen Nationalpark festzulegen, nur weil der Koalitionsvertrag dies beinhaltet, ist politische Willkür und geht komplett an der Realität vorbei. Wir wollen diese Region nicht sein, wir brauchen keinen Nationalpark.“
Diese Flächen sind gemeint
Umfassen solle dieser die Flächen des Staatswaldes am Rothaarkamm und die angrenzenden FFH-Gebiete Rothaarkamm und Wiesentäler. In der umfassenden Begründung heißt es: „Die Fläche des möglichen zukünftigen Nationalparks deckt sich zum größten Teil mit den Flächen des FFH-Gebietes Rothaarkamm und Wiesentäler und zeigt die typischen natürlichen Lebensraumtypen des Kreises Siegen-Wittgenstein. Auch aus diesem Grund wäre dieses Gebiet eine gute Wahl für den 2. Nationalpark in NRW. Bei dem Gebiet handelt es sich um ein ausgedehntes Waldgebiet des südlichen Rothaarkammes. Hier kommen zum Teil alte Bestände von naturraumtypischen, bodensauren Buchenwäldern vor. In dem Gebiet liegen die Quellen, Quellzuflüsse und Oberläufe der Eder, Lahn, Sieg und Benfe. Die Quellregionen sind häufig vermoort, mit Übergangsmoorbereichen und gut erhaltenen Birkenmoorwäldern. Die Auen dieser auf weiten Strecken naturnahen Bäche sind stark vernässt und werden von Feucht- und Nassgrünland eingenommen. Die Hangtalbereiche tragen stellenweise artenreiche Borstgrasrasen, Glatthaferwiesen und Bergmähwiesen. Das Gebiet stellt ein Kerngebiet der bodensauren Buchenwälder im Rothaargebirge dar. Die Flüsse Sieg, Lahn, Eder und Benfe stellen mit ihren Quellgebieten, Moor- und Auenwäldern, Übergangsmooren, Pfeifengraswiesen, Borstgrasrasen überregional bedeutsame Fließgewässersysteme dar. Sie bieten einer großen Anzahl gefährdeter, seltener und nach FFH- und Vogelschutzrichtlinie bedeutender Arten Lebensraum. Das Gebiet ist in seiner Ausdehnung, Geschlossenheit und in seinem Erhaltungszustand herausragend.“
Hoher Schutzstandard bereits erreicht
Und weiterhin begründet der Beirat der Unteren Naturschutzbehörde, dass die Flächen des möglichen zukünftigen Nationalparks seit Jahrzehnten bereits FFH-Flächen seien und damit den höchsten Schutzstatus genössen. Diese Flächen könnten seit der Einstufung als FFH-Gebiet nicht für Gewerbegebietserweiterungen, Straßenerweiterungen oder Wohngebietserweiterungen genutzt werden. Das Gebiet sei dünn besiedelt, die vorhandenen Straßen seien für Lkw-Verkehr nicht genutzt. Die Verkehrsplanungen des Kreises seien daher von der Einrichtung eines Naturparks nicht betroffen. Die Flächen des zukünftigen Nationalparks sind Staatsflächen. Das nimmt vor allem den kritischen Land- und Forstwirten etwas den Wind aus den Segeln.
Die Diskussion um einen zweiten Nationalpark in NRW auf Flächen im Kreis Siegen-Wittgenstein laufen auf Hochtouren. Offizeill werden sie demnächst in Siegen geführt: Der Beirat der Unteren Naturschutzbehörde wird um Vorschläge und Anregungen gebeten. Als Referenten spricht der Diplom Biologe Peter Schauerte, Geschäftsführer der Dieter Menekes Umwerltstiftung, zu dem Beschlussvorschlag. „Der Beirat der Unteren Naturschutzbehörde empfiehlt dem Kreis Siegen-Wittgenstein am Bewerbungsverfahren teilzunehmen“, macht Klaudia Witte noch einmal deutlich.