Bad Berleburg. Mitarbeitende der Rehaklinik Bad Berleburg fordern Inflationsausgleich. Und sie fragen, warum ihre Kollegen in der Akut-Klinik das Geld bekommen.
Bei den Beschäftigten der Vamed-Rehaklinik in Bad Berleburg gehen auf die Barrikaden. Die Nerven liegen blank. Sie sprechen von einer „Zweiklassengesellschaft“ der Mitarbeiter. Sie vermissen nicht nur die „Wertschätzung der Pflegekräfte“, sondern auch Geld. Das geht aus einem Brief von Beschäftigten an die Redaktion hervor. Recherchen der zeigen, dass an der Kritik der Mitarbeiter etwas dran ist. Und es wird auch innerhalb des Klinikkonzerns eine Ungleichbehandlung am Standort Bad Berleburg zwischen Mitarbeitern der Akutklinik und der Rehaklinik angeprangert.
Lesen sie auch:
- Klinikkonzern Vamed steckt in der Krise
- Schon 2018 gab es in Wittgenstein viel zu wenig niedergelassene Ärzte
- Ärztekammer sieht keinen Ärztemangel in Wittgenstein
- Siegen: Patienten gut zu versorgen ist eine „große Herausforderung“
- Einzige Augenärztin schließt Praxis in Bad Berleburg
- Bad Berleburg: Praxis Finkernagel findet einen Nachfolger
- Bad Berleburg Versorgung mit Zahnärzten ist gefährdet
Finanzielle Unterschiede
„Über die Arbeitsbedingungen in der Pflege haben die Medien wiederholt berichtet. Vor allem in der Corona-Zeit. Aber es hat sich nichts verbessert. Ganz im Gegenteil. Als ob es in diesem Beruf nicht schon schwer genug wäre, bekommen wir noch mehr Ungerechtigkeiten zu spüren“, heißt es in dem Brief, der ganz konkrete Kritikpunkte am Klinikbetreiber äußert: „In der Vamed-Rehaklinik wurde schon keine Corona-Prämie gezahlt, obwohl wir viele Corona-Patienten hatten. [...] Unsere Klinikgeschäftsführung hat jetzt noch einen draufgesetzt und uns auch keinen Inflationsausgleich gezahlt. [...] In der Vamed-Akutklinik und der Klinik Wittgenstein haben die Mitarbeiter diese Zahlungen erhalten. Auch am Standort Pulsnitz wurde der Inflationsausgleich den Mitarbeitern von Vamed gezahlt.“
Gespräche mit Mitarbeitenden aus der Rehaklinik zeigen: das stimmt. Mitarbeiter und Betriebsrat prüfen rechtliche Schritte gegen die Betreibergesellschaft der Rehaklinik in Bad Berleburg.
Darum floss keine Corona-Prämie
Der Klinikkonzern erläutert auf schriftliche Anfrage die Unterschiede mit der Firmenstruktur: „Die Vamed-Klinik und die Vamed-Rehaklinik Bad Berleburg sind eigenständige Gesellschaften mit einem ebenso unabhängigen medizinischen Schwerpunkt. Dementsprechend unterscheiden sich in beiden Häusern auch die Finanzierungs- und Vergütungssysteme voneinander. [...] Dass weder die Vamed-Klinik noch die Vamed-Rehaklinik die staatliche Corona-Prämie erhalten haben, hatte seinerzeit nicht zuletzt der Betriebsrat öffentlich gemacht: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klinik erhielten keine Sonderzahlung, da diese nur an Akutkrankenhäuser ausbezahlt wurde, die in einem bestimmten Zeitfenster, eine bestimmte Anzahl beatmeter Covid-Patienten intensivmedizinisch versorgt hatten. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rehakliniken waren diese Zahlungen gar nicht erst vorgesehen.“
Aber es gibt noch einem Punkt, den die Beschäftigten kritisieren: „Die Situation in der Vamed-Rehaklinik Bad Berleburg ist eine Zweiklassengesellschaft. Es gibt Kolleginnen und Kollegen mit Altverträgen. [...] Wer aber noch nicht so lange bei uns ist, muss mit neuen Verträgen und weitaus schlechteren Konditionen leben. Bei gleicher Tätigkeit!“
Unterscheid zwischen alten und neuen Arbeitsverträgen
Der Siegener Verdi-Gewerkschaftssekretär Jasin Nafati kennt das Problem mit den alten und neuen Verträgen in Bad Berleburg und kritisiert das auch. Altverträge stammen entweder noch aus Zeiten der Wittgensteiner Kliniken AG oder aber im Falle der Akutklinik aus Zeiten, als es noch das Kreiskrankenhaus war. Nafati erläutert die Unterschiede: Die Altverträge seien an den Tarif für den Öffentlichen Dienst (TVöD) gekoppelt, die Neuverträge orientierten sich zwar am TVöD, aber sie seien nicht dynamisiert. Das heißt, eine Tarifsteigerung wird nicht automatisch weitergegeben. Nafati nennt krasse Unterschiede innerhalb der Rehaklinik zwischen Pflege, Therapie und Verwaltung. Einzelne Beschäftigte in Therapie und Verwaltung mit Neuverträgen verdienten bis zu 20 Prozent weniger als Beschäftigte mit Altverträgen in der Pflege.
Auch das Problem mit dem Inflationsausgleich ist der Gewerkschaft Verdi bekannt. Und Nafati sagt, dass die Beschäftigten des Krankenhauses, also der Akutklinik, diese erhalten haben. Hintergrund ist die Unternehmensstruktur: „In Bad Berleburg ist es zwar ein und derselbe Klinikkonzern Vamed, aber die Rehaklinik und das Akutkrankenhaus sind zwei unterschiedliche Gesellschaften“, so Nafati. Jede könne die Zahlung mit dem Inflationsausgleich selbst entscheiden.
Verdi unterstützt Forderungen
Verdi unterstützt die Beschwerde der Mitarbeitenden: „Wir werden rechtliche Schritte prüfen“, sagt der Gewerkschaftssekretär. Und er macht abschließend auch deutlich, wie er die Situation beurteilt: „Ich weiß nicht, warum man den Inflationsausgleich nicht zahlt. Gerade das Gesundheitswesen braucht gute und faire Arbeitsbedingungen“, sagt Nafati auch mit Blick auf die Attraktivität des Arbeitgebers und die Zukunft des Standortes.
Das sehen auch die anonymen Kritiker aus den eigenen Reihen von Vamed so: „Wer will sich in der Vamed-Rehaklinik Bad Berleburg dann noch gerne bewerben?“, fragen sie und betonen die Auswirkungen einer Zweiklassengesellschaft am Krankenbett: „Die Motivation vieler Kolleginnen und Kollegen ist auf dem Tiefpunkt. Wie soll man sich motivieren, wenn die Arbeit und unser Einsatz noch nicht einmal Wertschätzung und Anerkennung bekommt?“
Vamed über Wertschätzung der Mitarbeiter
Vamed will dies so nicht stehen lassen und betont: „Wir bemühen uns grundsätzlich darum, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch im Alltag zu zeigen, dass wir sie und ihr Engagement für unsere Klinik ausgesprochen schätzen – etwa indem wir sie über das Jahr verteilt zu verschiedenen Veranstaltungen einladen oder sie an Feiertagen mit einem Geschenk oder einer Aktion überraschen. Dies geschieht freiwillig und unabhängig von einer Tarifbindung und ist ein Zeichen unserer Wertschätzung für die geleistete Arbeit.“