Wittgenstein. Das sind die Grundlagen für die Planung der ärztlichen Versorgung. Die Statistik sagt, in Siegen-Wittgenstein ist alles okay.

Die einzige Augenarztpraxis in Wittgenstein schließt – ohne Nachfolger. Andere Mediziner suchen seit Jahren Nachfolger für ihre Praxen, oder aber es finden sich keine Bewerber für vakante Positionen in medizinischen Versorgungszentren oder Kliniken.

Neben den persönlichen Gründen, die potenzielle Bewerber von einem Umzug nach Wittgenstein abhalten, gibt es aber für die Eröffnung einer Praxis oder eben die Niederlassung auch andere Hemmnisse.

Voraussetzung für Niederlassung

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Nicht jeder Arzt kann an einem beliebigen Ort eine Praxis eröffnen und dann auch kassenärztliche Leistungen anbieten. Dies erläutert uns Jana Elbert von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe: „Wie viele Ärzte und Psychotherapeuten für eine Stadt, einen Kreis oder eine Region benötigt werden, wird durch die sogenannte Bedarfsplanung festgelegt. Sie soll eine ausreichende flächendeckende Versorgung mit niedergelassenen Ärzten/Psychotherapeuten gewährleisten sowie eine Fehlversorgung vermeiden. Die Bedarfsplanung ist das entscheidende Instrument zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung.“

Bad Berleburg Ärzteversorgung
Bad Berleburg Ärzteversorgung © Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW | Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Grundlage dieser Planungen ist eine Richtlinie, die die Ärzte selbst in einem gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erlassen. In diesem Selbstverwaltungsgremium sitzen Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Die Kassenärztlichen Vereinigungen setzen die Vorgaben der Bedarfsplanung dann nur um.

Im Grunde werde für jede einzelne von insgesamt 22 verschiedenen Arztgruppen analysiert und dann ein Plan gemacht. Grundlage sind die Verhältnisse von Einwohnerzahl zu Facharzt. Hinzu kommen aber noch weitere regionale Einflussfaktoren wie die demografische Entwicklung, die Geschlechterverteilung und die Morbidität – also die Häufigkeit Erkrankungen – der Bevölkerung.

So rechnet die KVWL

Die Verhältniszahlen bilden die Grundlage für die Berechnung des Versorgungsgrades und somit auch für die Feststellung von „Überversorgung“ oder „Unterversorgung“. Stimmt die Relation von Arzt/Psychotherapeut und Patienten in einer Region mit der gesetzlichen Vorgabe überein, so beträgt der Versorgungsgrad genau 100 Prozent.

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Ab einem Versorgungsgrad von 75 Prozent (Hausärzte) bzw. 50 Prozent (Fachärzte und Psychotherapeuten) gilt eine Region als unterversorgt. Eine Überversorgung wird im Allgemeinen ab einem Versorgungsgrad von 110 Prozent ausgewiesen. Der Planungsbereich wird dann für Neuzulassungen gesperrt. Für Wittgenstein bedeutet das, dass Bad Berleburg und Erndtebrück - obwohl die Hausarztdichte unter 100 Prozent liegt, keine Unterversorgung vorliegt. In Bad Laasphe liegt sogar eine Überversorgung vor. Diese Zahlen sagen aber nichts über die Qualität der Versorgung, Sprechstundenzeiten oder den Altersdurchschnitt der praktizierenden Ärzte aus.

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„In Westfalen-Lippe wird gemäß § 67 der Bedarfsplanungs-Richtlinie im Bereich der hausärztlichen Versorgung aktuell bereits ab einem Versorgungsgrad von 100 Prozent eine Niederlassungssperre verhängt. Ziel ist es, auf diese Weise eine stärkere Steuerung des hausärztlichen Nachwuchses in diejenigen Planungsbereiche zu erzielen, deren Versorgungsgrade bereits jetzt unter 100 Prozent liegen und die vergleichsweise weniger gut mit Hausärzten versorgt sind“, berichtet die KVWL.

Niederlassungsstopp im Kreis

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Schauen wir auf das gesamte Kreisgebiet Siegen-Wittgenstein, wird der Versorgungsgrad beispielsweise in zehn Facharztgruppen übererfüllt – die Niederlassungssperre ist die Folge. Dr. Christine Roberts, die Augenärztin, die ihre Praxis in Bad Berleburg am 24. Juni schließt, hatte zumindest eine Sondergenehmigung, sich trotz der mit 112 Prozent übererfüllten Quote eine Nachfolger suchen zu dürfen. Das aber misslang (wir berichteten).

Detailliertere Informationen zu den Haus- und Fachärzten in einem Ort können Interessierte über die elektronische Arztsuche der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe auch im Internet auf einer speziellen Seite abrufen: https://www.kvwl.de/earzt/index.htm.