Bad Berleburg. Für Patienten könnte es mit Terminen schon bald eng werden. Stadt, Mediziner und Kassenzahnärztliche Vereinigung haben jetzt aber einen Plan.
Die Sorge um die Zukunft der Zahnärzte scheint berechtigt zu sein: Der Versorgungsgrad bei den Praxen im Bad Berleburger Stadtgebiet liege aktuell nur noch bei 50 Prozent, sagt Thomas Hamacher, bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe Abteilungsleiter Vertragswesen. Und Dr. Holger Seib, Vorstandsvorsitzender der KZVWL, sieht spätestens in fünf bis zehn Jahren massive Probleme, „wenn wir nichts tun“. Das soll sich jetzt ändern, denn: Die Vereinigung, die Zahnärzte und die Stadt Bad Berleburg wollen jetzt enger zusammenarbeiten, um die Versorgung mindestens zu sichern. Am Mittwoch unterzeichneten die Beteiligten dazu im Bürgerhaus am Markt eine Vereinbarung. Bad Berleburg soll „Modellregion“ werden, mit Vorbild-Charakter für andere Städte und Gemeinden.
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Mit erwähnten geringen Versorgungsgrad kämen die Zahnärzte derzeit „noch gut hin“, findet Dr. Seib, doch hätten die einzelnen Praxen dabei „natürlich viel zu tun“. Die Bad Berleburger Patienten fühlten sich derzeit offensichtlich noch gut versorgt, ergänzt Regina Linde vom städtischen Fachbereich Bürgerdienste, allerdings um den Preis von Überstunden in den Praxen.
Ziel: Mehr werben an Schulen und Hochschulen
Was also tun, um dem Problem Herr zu werden? Die KZVWL setzt hier unter anderem auf Famulaturen – also Praktika für angehende Zahnärzte. Damit mache man bereits den Zahnmedizin-Studierenden der Uni Witten/Herdecke die Praxis auf dem Lande schmackhaft, so Dr. Seib. Aber auch die Stadt Bad Berleburg selbst wolle an den Hochschulen in der Umgebung für sich als attraktiver Standort werben, sagt Regina Linde vom städtischen Fachbereich Bürgerdienste. Fachkräftemangel gebe es übrigens in allen ärztlichen Bereichen, etwa bei den Psychiatern.
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Linde regt ferner an, dass Bad Berleburgs Zahnärzte in die weiterführenden Schulen gehen, vor allem in die Gymnasien, um den Jugendlichen einfach einmal ihr Berufsbild vorzustellen. Und Bad Berleburgs Bürgermeister Bernd Fuhrmann kündigt einen Runden Tisch an, der sich mit Fragen des Gesundheitswesens in der Stadt insgesamt beschäftigt. Erprobt werden sollten außerdem dezentrale Fortbildungsangebote für das Fachpersonal. In „zwei, drei Jahren“, so Bad Berleburgs Bürgermeister Bernd Fuhrmann, solle das komplette Modellprojekt dann noch einmal auf den Prüfstand. Als Zielgruppe im Blick haben die Kooperationspartner die Zahnärzte, aber auch weiteres zahnmedizinisches Fachpersonal.
Versorgungsgrad in Nachbarkommunen höher
„Die nachhaltige Sicherstellung und Weiterentwicklung der zahnärztlichen Versorgung ist für unsere Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Bad Berleburg als Wohn-, Arbeits- und nicht zuletzt als Gesundheitsstandort immens wichtig“, fasst Bürgermeister Fuhrmann zusammen.
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Stichwort Versorgungsgrad: In Bad Laasphe liegt er im Vergleich zu Bad Berleburg laut KZVWL bei fast 76 Prozent, in Erndtebrück immerhin bei fast 67 Prozent – und der Altersschnitt der Zahnärzte bei 54 Jahren in Bad Laasphe sowie bei nur 39 Jahren in Erndtebrück. Mehr als gut versorgt im Kreis Siegen-Wittgenstein sind dagegen Siegen (117,29 Prozent), Kreuztal (113,76 Prozent) und Burbach (105,26 Prozent).
Praxis-Übernahme kann klappen
In Bad Berleburg gehen 77 Prozent der Patienten auch dort zu einem der fünf Zahnärzte oder der Zahnärztin. In Bad Laasphe sind es sechs Zahnärzte und eine Zahnärztin, in Erndtebrück jeweils zwei Zahnärzte und Zahnärztinnen. Zehn Prozent der Berleburger Patienten pendeln nach Erndtebrück, sechs nach Bad Laasphe und der Rest aus dem Kreis hinaus, etwa ins benachbarte Hessen. Umgekehrt pendeln etwa sieben Prozent der Erndtebrücker und fünf Prozent der Bad Laaspher nach Bad Berleburg zum Zahnarzt.
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Das es mit einer Praxis-Übernahme klappen kann, zeigt das Beispiel Peter Schlösser (80), der mit seinem Kollegen Sergius Lohfink (38) vor gut einem Jahr einen Nachfolger gefunden hat.