Bad Laasphe. Zehn Jahre lang bestimmte Hürgen Borchert die Geschicke der CDU-Fraktion in Bad Laasphe - In einer Zeit, in der große Themen die Stadt spalteten.
Jürgen Borchert ist tot. Der frühere CDU-Kommunalpolitiker starb am Dienstag in Erndtebrück. Der gebürtige Görlitzer wurde 80 Jahre alt. Borchert hat die Politik in Bad Laasphe maßgeblich mitgestaltet. Von 1999 bis 2014 war er Ratsmitglied. In seine Zeit als Vorsitzender des Bauausschusses von 1999 bis 2012 und als Fraktionsvorsitzender von 2002 bis 2012 fielen Entscheidungen über die Ansiedlung von Supermärkten in der Stockwiese, die energetische Sanierung des Städtischen Gymnasiums und letztlich auch die langwierige, aber ergebnislose Debatte um eine Ortsumgehung.
„Kommunalpolitik ist manchmal das Bohren ganz dicker Bretter“, hatte Borchert zu Beginn seiner Amtszeit als Fraktionsvorsitzender im Februar 2002 gesagt. Als Berufssoldat und Leiter der Radarstellung auf dem Erndtebrücker Ebschloh wusste sich Borchert aber durchzusetzen. „Er war ein konservativer Hardliner“, weiß Günter Wagner, der heute als Fraktionsvorsitzender und Bauausschussvorsitzender die gleichen Funktionen ausfüllt wie Borchert. 38 Jahre lang war der verstorbene CDU-Mitglied.
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„Große Fußstapfen“ für seine Nachfolger
Borchert hatte 2002 die Nachfolge von Volker Gautsch als Fraktionschef angetreten und zehn Jahre lang eine führende Rolle in Bad Laasphe und dem interkommunalen Zweckverband Wittgenstein gespielt. „Er war gewohnt, zu führen, aber er hatte für alle ein offenes Ohr und war ein verlässlicher Partner, dessen Wort galt“, erinnert sich Wagner an seinen Vorgänger. Als Borchert dann 2012 aus gesundheitlichen Gründen seine politischen Ämter abgab, wurde der 2015 verstorbene Herbertshäuser Wolfgang Jäger Fraktionsvorsitzender und Günter Wagner Bauausschussvorsitzender. „Das waren sehr große Fußstapfen, in die ich da getreten bin. Es gab und gibt noch heute niemanden, der sich in die politischen Themen so tief einarbeitet wie Jürgen. Nach seiner Pensionierung hatte er das Ehrenamt als Kommunalpolitiker zum Vollzeit-Beruf gemacht“, erinnert sich Wagner. Als „Vollzeitjob“ musste Borchert die Fraktion aber auch durch schwere Zeiten lenken – intern wie extern. Die Verkehrsplanung, die Nahversorgung in der Kernstadt aber auch die Ausweisung von Wohn- und Gewerbegebieten in den Ortschaften hatte sich CDU damals auf ihre politischen Fahnen geschrieben.
Zwei große politische Kontroversen in Bad Laasphe
Als die Ortsumgehungsplanungen festgefahren erschienen und der Vorschlag einer Variante 7 als quasi letzte Chance auf dem Tisch lag, plädierte Borchert gegen Widerstände aus Niederlaasphe, der SPD und Teilen seiner eigenen Partei für die V7. „Wir alle haben uns etwas Besseres gewünscht“, kommentierte Borchert damals die Planungen, die eine Querung der Lahnaue und einen Anschluss der Straße mitten in Niederlaasphe vorsahen. „Entweder wir nehmen oder wir nehmen nicht“, skizzierte er die „Friss-oder-stirb-Situation“. Kritik gab es, weil Niederlaasphe belastet geblieben wäre, dafür aber die Kernstadt durch eine Umfahrung unterhalb des Steinchens bis zur Gennernbach entlastet worden wäre. Für Borchert waren es zunächst die Anwohner in der Wallachei und später die Niederlaaspher, die eine Ortsumgehung gekippt hätten. Er selbst hatte die „V7 nie als Nonplusultra gesehen“.
2007 im Herbst wurde die V7-Planung dann im Rat der Stadt Bad Laasphe nicht wie erhofft mit einer politischen Mehrheit ausgestattet, sondern vertagt. Jürgen Borchert hatte den Weg für diese Vertagung selbst frei gemacht und damit auch eine Kettenreaktion ausgelöst: Bad Laasphes parteiloser, aber von der CDU gestützter Bürgermeister Robert Gravemeier hatte seine erneute Kandidatur mit der V7-Planung verknüpft und erklärte überraschend, dass er nicht wieder antreten werde.
Das Ende der Ära Gravemeier
Gravemeier sagte damals: „Leider wächst bei mir die Erkenntnis, dass sich meine Vorstellungen zu wichtigen Eckpfeilern der Stadtentwicklung nicht oder nicht ausreichend zeitnah umsetzen lassen. Wenn es gelingt, dann nur mit unverhältnismäßig hohem, der Gesundheit wenig zuträglichen persönlichen Einsatz. Ich gebe daher dem Rat und der Öffentlichkeit bekannt, dass ich nach Ablauf der Wahlzeit nicht erneut für das Amt des Bürgermeisters der Stadt kandidieren werde.“
Schnell wurde dann auch Jürgen Borchert als „Königsmörder“ gesehen: „Ich habe das Gefühl gehabt, dass Robert Gravemeier ohnehin nicht erneut kandidieren wollte.“ Durch diese Abstimmung sei lediglich der Anlass für die Verkündung seines Entschlusses gekommen, sagte Borchert damals. Stattdessen sah er seinen „Parteifreund“ Martin Achatzi als mitschuldig, weil dieser den Bürgermeister sowohl in der Frage der Ansiedlung von Supermärkten auf der Stockwiese als auch bei der Ortsumgehung kritisiert hatte.
Innerparteilich boten V7 und Nahversorgung ebenfalls Grund zum Streit. Aufgrund dieser Situation war Martin Achatzi 2008 ausgetreten. Er hatte sich in Leserbriefen mit Jürgen Borchert, dessen Führungsstil und der CDU insgesamt auseinandergesetzt. 2009 folgten auch Christa Schmelzer und Birgit Becker, die sich von der CDU-Fraktion absetzten. 2011 schließlich wollte auch Michael Giermeier aufgrund der Debatte um die V7 als Niederlaasspher die CDU nicht mehr als politischen Heimat ansehen.
Das sagen politische Weggefährten
„Ungeachtet aller Differenzen, die wir politisch hatten, sind wir uns immer mit gegenseitigen Respekt begegnet. Jürgen Borchert war ein feiner Mensch. Schade, dass er nicht mehr da ist“, reagiert Martin Achatzi den Todesfall.
Waltraud Schäfer (SPD) lag im Rat und im Bauausschuss vor allem bei der Debatte um die Ortsumgehung häufig überkreuz mit Borchert, schätzte ihn aber sehr: „Der Weg mit ihm wart schon mal steinig, aber man konnte sich auf ihn und sein Wort verlassen. Als Mensch habe ich Jürgen Borchert sehr geschätzt.“
„Sein Tod hat mich völlig überrascht und auch traurig gemacht“, sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Klaus Preis. „Von Anfang unserer gemeinsamen Kommunalpolitischen Tätigkeit im Jahr 1999 war mir Jürgen Borchert wegen seiner Korrektheit sympathisch und ich habe seine absolut verbindliche und ehrliche Art sehr geschätzt. Besonders erinnere ich mich an wichtige politische Entscheidungen und Diskussionen in dieser Zeit wie die Umgehungsstraße V7 und die energetische Sanierung des städtischen Gymnasiums in Bad Laasphe.Ich werde Jürgen Borchert in guter Erinnerung behalten.“