Bad Laasphe. Der neue Bürgermeister ist gewählt, aber noch räumt Robert Gravemeier den Chefsessel nicht. „Schluss ist erst am 20. Oktober um 24 Uhr”, sagt der 58-jährige Noch-Amtsinhaber. „Es stehen noch wichtige Entscheidungen an.”

14 Jahre lang hat Robert Gravemeier die Geschicke Bad Laasphes gelenkt und begleitet. Und das möchte er auch in den nächsten Wochen noch intensiv tun. Denn neben der energetischen Sanierung des Gymnasiums, die die Gremien noch einmal beschäftigt, steht auch eine weitere Frage an, mit der er sich schon lange beschäftigt: „Was wird mit der V/7?”

Die Umgehung Bad Laasphes ist für den bald scheidenden Bürgermeister das Kernthema bei der Weiterentwicklung der Lahnstadt. „Eigentlich hatte ich geglaubt, dass sie in meiner Amtszeit noch gebaut wird.” Ein voreiliger Schluss. Erst scheiterte die V 2b an naturschutzrechtlichen Bestimmungen, jetzt steht die V 7 auf der Kippe. Der „Versuch, den Beschluss wieder zu kippen und erneut zum Wahlkampfthema zu machen”, ärgert ihn. Zu viel hänge davon ab. Beispielsweise bei der Gestaltung des Bereichs zwischen Stadtgarten und Bahnhof. Deshalb steht er trotz aller Kritiker zur V 7: „Wenn es definitiv keine andere Lösung gibt, dann muss man zustimmen.”

„Man hat es mir nicht immer leicht gemacht.”

In anderen Bereichen lief es in den vergangenen 14 Jahren deutlich besser. Die Gestaltung des Koch'schen Geländes ist auf dem Weg. „Die ein oder andere Firmeneinweihung bekomme ich vielleicht noch mit”, hofft Gravemeier und freut sich über die Unterstützung aus der Politik in den letzten Jahren, die am Anfang seiner Amtszeit nicht immer vorhanden war. „Damals gab es eine SPD-Mehrheit, später eine rot-grüne”, erinnert er sich. „Da hat man es mir nicht immer leicht gemacht. Aber das hat sich im Laufe der Jahre gebessert.”

0022935077-0054524133.JPG
© WP

Durchaus kritisch betrachtet der 58-Jährige aus der Distanz trotzdem auch jetzt noch manche politische Diskussion der Vergangenheit. „Ich ärgere mich wahnsinnig, dass die Marktansiedlung auf dem VEW-Gelände nicht geklappt hat. Dann wäre der Magnet da gewesen, über den heute alle diskutieren.” Heute ist der Standort nicht mehr geeignet. Interessierte Investoren fehlen. Und aus dem Standort Gartenstraße ist trotz Versprechungen einiger Politiker in der damaligen Diskussion nichts geworden.

Wenn es geklappt hätte, wären alle dabei gewesen.”

R. Gravemeier zur Thermalbohrung

Ja, Fehler seien auch gemacht worden - aber aus dem guten Willen aller Beteiligten heraus: „Es gibt einfach Dinge, die nicht so laufen wie geplant”, erinnert sich Gravemeier an die Thermalwasserbohrung, die auf Wunsch des Bürgermeisters von einer breiten politischen Mehrheit getragen und ihm nach dem Misserfolg allein angelastet wurde, obwohl die Maßnahme ja voll aus Infrastrukturmitteln finanziert wurde. „Wenn es geklappt hätte, wären alle dabei gewesen.”

Aber es gab ja auch etliche Erfolge: „Es hat großen Spaß gemacht, dass wir vier Kunstrasenplätze bauen durften und eine grundlegende Freibadsanierung auf den Weg gebracht haben.”

Nein, die Zukunft Bad Laasphes ist ihm nicht egal - auch wenn er in einigen Wochen aus dem Amt scheidet. Die Lahnstadt hat einiges zu bieten. „Sie ist ja der Schulstandort schlechthin, mit zwei Gymnasien, der Realschule, der Lachbachschule.” Nur, dass die vielen jungen Leute nach der Schule in die großen Städte abwandern, weil sie keinen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz finden. Womit man bei der Wirtschaft und damit wieder bei der Verkehrsanbindung wäre. Ja, der Industriepark Wittgenstein helfe. Aber auch vor Ort müssten Betriebe Erweiterungsmöglcihkeiten haben: „Deshalb haben wir ja Flächen in Niederlaasphe gekauft.”

Es gibt noch viel zu tun für den Amtsnachfolger, da ist sich Gravemeier sicher. Die Bewältigung des demografischen Wandels wird eine Kernaufgabe sein. Und damit im Zusammenhang Leerstandsmanagement frei werdender Häuser und Geschäfte - insbesondere auf den Dörfern. Kann man sich vor diesem Hintergrund noch weitere Baugebiete leisten? Diese Frage wird Dr. Torsten Spillmann demnächst mit beantworten müssen.

„Wir werden die Kontakte weiter pflegen.”

Robert Gravemeier wird das Geschehen von seinem Heimatort Ladbergen aus mitverfolgen, in den er zurückziehen will, auch wenn der Abschied aus Wittgenstein nicht leicht fällt. „Wir haben hier viele Freunde und Bekannte. Und wir werden die Kontakte weiter pflegen. Aber in Ladbergen ist die ganze Familie.”

Und wahrscheinlich, so vermutet der scheidende Bürgermeister, „ist es auch ganz gut, dass man nicht so hautnah erlebt, was gerade diskutiert wird”. Schließlich sollte man aus solchen Diskussionen raushalten, wenn man nicht mehr im Amt ist. „Und das fällt leichter, wenn man nicht mehr vor Ort ist.”

Und was tut der Privatmann Gravemeier nach dem 20. Oktober? „Definitiv ein halbes Jahr erst mal nichts. In den vergangenen Jahren ist privat doch vieles auf der Strecke geblieben. Danach gibt es sicherlich noch Tätigkeitsfelder, mit denen man seine Zeit sinnvoll verbringen kann.”