Erndtebrück. Die Statkraft Markets GmbH aus Düsseldorf plant insgesamt drei Windparks mit zwölf Anlagen fürs Erndtebrücker Gemeindegebiet. Hier die Details.

Und noch ein Windkraft-Projekt für Wittgenstein: Die Statkraft Markets GmbH aus Düsseldorf möchte insgesamt zwölf Windenergieanlagen (WEA) in den drei Windparks Erndtebrück-Zinse, Zinser Rücken und Alte Schlag errichten. Eine Antragskonferenz, ein sogenanntes Scoping, ist laut Kreis Siegen-Wittgenstein geplant.

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„Der nördlich gelegene Windpark ,Erndtebrück-Zinse‘ soll dabei drei Windenergieanlagen umfassen“, heißt es in einer „Information zum Scoping-Termin“, erarbeitet von einem Warsteiner Büro für Landschaftsplanung. „Für den Windpark ,Zinser Rücken‘, der südöstlich von Zinse gelegen ist, werden fünf Windenergieanlagen-Standorte geplant. Westlich von Erndtebrück und damit südlich der bereits genannten Windparks soll der Windpark ,Alte Schlag‘ mit vier Windenergieanlagen-Standorten errichtet werden.“

Drei Windparks – davon zwei bei Zinse – plant die Düsseldorfer Statkraft Markets GmbH derzeit für das Erndtebrücker Gemeindegebiet.
Drei Windparks – davon zwei bei Zinse – plant die Düsseldorfer Statkraft Markets GmbH derzeit für das Erndtebrücker Gemeindegebiet. © funkegrafik nrw | Anna Stais

Mausohr und Milan im Blick

Und welche Windräder sollen entstehen? „Als Anlagentyp soll an allen WEA-Standorten das Modell Vestas V 172 mit einer Nennleistung von 7,2 MW errichtet werden“, ist in der Information zu lesen. „Die endgültigen Turmhöhen stehen derzeit noch nicht fest, diese sollen 164, 175 oder 199 Meter betragen.“

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Aus dem Papier geht ferner hervor, dass die Windräder in Wald-Bereichen und zwischen Arealen errichtet werden sollen, in denen Natur, Grundwasser und Gewässer geschützt sind, zum Teil innerhalb von Fauna-Flora-Habitat-Gebieten. Vogelschutzgebiete seien in einem Untersuchungsradius von drei Kilometern rund um die geplanten Anlagen nicht vorhanden. Allerdings rechnen die Projektierer unter anderem mit dem Großen Mausohr, dem Rotmilan, der Bekassine und dem Schwarzstorch als „WEA-empfindlichen“ Tierarten.

Schatten- und Schallgutachten vorgesehen

Die geplanten Anlagen-Standorte befinden sich ferner unmittelbar im Landschaftsschutzgebiet Erndtebrück. Hier hat Statkraft für die nötige Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) „den Umkreis der 15-fachen Gesamthöhe um die jeweils geplante Windenergieanlage“ im Auge. „Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des UVP-Berichtes werden diverse Fachgutachten angefertigt“, heißt es weiter in der Information. „Dazu zählt neben einem Schatten- und Schallgutachten auch eine FFH-Verträglichkeitsstudie sowie ein Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag, als dessen Grundlage faunistische Untersuchungen durchgeführt werden.“

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Insgesamt 40 Windräder bislang geplant

Der Fokus des Bad Laaspher Windkraft-Pioniers Wittgenstein New Energy liegt aktuell auf dem Benfer Rücken zwischen Erndtebrück und Bad Laasphe. Nahe dem Erndtebrücker Ortsteil Benfe, aber auf Bad Laaspher Stadtgebiet will das Unternehmen noch in diesem Jahr vier Windenergieanlagen vom Typ Vestas 112 aufstellen.

„Westfalenwind“ aus Paderborn plant derzeit neun Anlagen bei Birkelbach, sieben bei Birkefehl und drei bei Womelsdorf.

Bislang fünf Windräder möchte die Altus AG aus Karlsruhe auf einem Höhenzug zwischen Benfe, Erndtebrück und Altenteich bauen.

Zusammen mit den zwölf Anlagen von Statkraft wären insgesamt 40 auf Erndtebrücker Gemeindegebiet oder in direkter Nachbarschaft geplant.

Drei Windräder bis zu 200 Metern Höhe im Nordwesten von Zinse, fünf im Südosten – ist das Dorf damit nicht mächtig belagert? Zinses Ortsvorsteher Lorenz Benfer gibt sich mit Blick auf das Statkraft-Projekt zurückhaltend. Schließlich sei es in der aktuellen Antragsphase ja noch nicht konkret. Natürlich müsse man die Entwicklung weiter verfolgen – und „etwas fürs Dorf herausholen“, sollte es etwa um eine Bürgerbeteiligung gehen. Statkraft hatte bereits einen Dialog mit Erndtebrücks Bürgern angekündigt, sollte das Projekt Realität werden.

Ortsvorsteher steht Windkraft positiv gegenüber

Benfer selbst steht der Windkraft grundsätzlich positiv gegenüber. Man könne nicht immer nur Nein sagen, etwa zu Atom- oder Kohlekraft. Und mit Wasserkraft sei es in Wittgenstein schwierig.

Als „nicht hinnehmbar“ bezeichnet unterdessen die LNU (Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW) Siegen-Wittgenstein die aktuellen Planungen für das Statkraft-Projekt in Erndtebrück.

Wo bleibt der „Aufschrei“ der Naturpark-Geschäftsführung?

Mit den zwölf Windrad-Standorten verstoße der Projektierer klar gegen das Bundesnaturschutzgesetz, sagt Jochen Niemand von der LNU Siegen-Wittgenstein. Schon mit den Zuwegungen zu den Standorten werde die Natur geschädigt – entstünden doch statt der Forstwege „richtige Straßen“ mit wassergebundener Oberfläche. Und das Gelände rund um die Windräder werde genauso verdichtet, so dass Wasser nicht mehr im Boden versickern könne. Auch der Rothaarsteig als beliebter Wanderweg sei von dem Projekt berührt. Hier vermisst Niemand „einen Aufschrei der Geschäftsführung vom Naturpark Sauerland-Rothaargebirge“.

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Als Alternative könnten doch Solaranlagen gebaut werden, regt Niemand an – auf bestehenden Hausdächern, rund um Gewerbegebiete und eventuell auch auf kahlen Waldflächen. Das müsste man überprüfen, ebenso alternative Windrad-Standorte. Zumindest müssten die Bürger etwas von neuen Windrädern haben – wenn beispielsweise der Strom direkt und preisgünstig im Dorf eingespeist werde.

Redakteur Eberhard Demtröder 
Redakteur Eberhard Demtröder  © Sascha Kertzscher

Kommentar: Schöne Aussichten

Mit der Idylle im 140-Einwohner-Dorf Zinse könnte es bald vorbei sein: Ein Düsseldorfer Unternehmen will der Ortschaft mit acht großen Windrädern auf die Pelle rücken. Und allein drei davon würden oberhalb des Dorfes auf dem Berg thronen.

Schöne Aussichten für Bewohner und Ausflügler. Denn bislang war die Umgebung von Zinse als herrliche Naturlandschaft bekannt und beliebt – etwa bei Wanderern, die sich gern von Zinse aus auf den Weg machen.

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Immerhin: Komplett von Windkraftanlagen umzingelt wä­re das Dorf nicht, es bliebe die unverbaute Aussicht nach Nordosten und Südwesten. Obwohl: Richtung Südwesten könnten schnell vier weitere Anlagen ins Blickfeld rücken, die zum dritten geplanten Windpark etwas weiter zum Kernort hin gehören.

Bad Berleburg mit seinen Vorrangzonen will seinen 23 Dörfern immerhin einen unverbauten 150-Grad-Blick nach Süden verschaffen – ein Vorteil, den Erndtebrück nicht nutzen kann.

Eberhard Demtröder