Wittgenstein/Bad Laasphe. Die Genossenschaft profitiert vom Handel an der Strombörse und plant den weiteren Ausbau von Photovoltaik. Bilanz und Ausblick sind sehr positiv.
Plus 40 Prozent Stromproduktion und 21 Prozent mehr Umsatz - das starke Wachstum der Energiegenossenschaft Wittgenstein eG wurde auf der jüngsten Generalversammlung präsentiert. Formell wurde das Geschäftsjahr 2021 behandelt, dennoch durfte der Ausblick auf 2022 und 2023 für die Anwesenden nicht fehlen.
Inzwischen laufen elf Photovoltaik-Anlagen, welche 2022 die zweimillionste Kilowattstunde produziert haben. Von der Strommenge hätte ein E-Auto 250 Mal den Erdball umrunden können, berichtet die Genossenschaft. Für 2023 seien weitere Photovoltaik-Anlagen und ein weiteres Wachstum fest eingeplant, z.B. auf der Kulturhalle Wittgenstein in Dotzlar.
Weitere Genossenschaftler gesucht
Hilfreich war und ist dabei auch, dass man teilweise von den hohen Energiepreisen an der Strombörse profitiere und damit Geld für weitere Projekte habe. Dennoch werden viele weitere Mitglieder mit Geschäftsanteilen gesucht, um die geplanten Investitionen durch eigenes Geld zu stemmen - insbesondere in Zeiten stark gestiegener Zinsen. Jeder Interessierte könne ganz einfach unter www.energiegenossenschaft-wittgenstein.de Anteile zeichnen und investieren. Insgesamt bleibe es spannend und die ehrenamtlich arbeitenden Energiegenossen haben noch viele Projekte, vor allem im Bereich Photovoltaik, vor. Mit Blick auf den aktuellen Geschäftsverlauf soll 2023/2024 über die Verwendung der Gewinne diskutiert werden.
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Neue Anlagen in Erndtebrück zahlen sich aus
Das starke Wachstum im Geschäftsjahr 2021 kam vor allem durch die neue 247 kW-Anlage auf dem Schwimmbad und der Turnhalle Erndtebrück zustande, so die Genossenschaft. Die nun größte Photovoltaik-Anlage der Genossenschaft ging im März 2021 ans Netz. Das Jahr 2021 selbst sei das schlechteste Solarjahr in der Genossenschaftsgeschichte gewesen, da es ein überdurchschnittlich schwaches Sonnenjahr war. Dadurch hätten die Photovoltaik-Anlagen Erzeugungseinbußen von mehr als 10 Prozent gehabt. Dies habe leider auch zu entsprechenden Umsatzeinbußen bei den Bestandsanlagen geführt, welche glücklicherweise durch die neue Photovoltaik-Anlage in Erndtebrück mehr als aus ausgeglichen worden seien.
Unterschiede zwischen 2021 und 2022
2022 hingegen lasse sich bereits als sehr positiv prognostizieren, da nun alle drei Effekte aufeinander träfen: kräftige Sonneneinstrahlung, mehr Photovoltaik-Anlagen und höhere Stromverkaufspreise. Die Stromproduktion werde – wie nahezu jedes Jahr – zweistellig steigen. Im Rahmen der Generalversammlung wurden auch Aspekte diskutiert, wie die weitere Entwicklung aussehen könne und welche Details dabei zu beachten seien.
Die Motivation für die ehrenamtlich aktiven Genossenschaftsmitglieder wurde am Anfang der Veranstaltung vor 35 Energiegenossinnen und -genossen deutlich: Der russische Angriffskrieg zeige die extreme Energieabhängigkeit von Diktatoren auf. Der Klimawandel hat mit einem Hitzesommer 2022 erneut seine Wirkung gezeigt. Gleichzeitig sorge die Genossenschaft für eine saubere Energieversorgung, wodurch die Region vielseitig durch Dachpachten oder Handwerksaufträge profitiere.
Dringlichkeit der Energiewende beschworen
Auch wenn die Motivation sich seit der Genossenschaftsgründung nicht geändert habe: Die aktuellen Entwicklungen zeigen die Dringlichkeit auf, die Energiewende voller Elan anzugehen, nachdem sie verschlafen und von der Politik teils gezielt verzögert wurde. Nur erneuerbare Energien könnten Deutschland autark und günstig versorgen. Die üblichen Bedenken seien längst von Energieexperten widerlegt worden, heißt es. Als negatives Vorbild diene die französische Energiepolitik: Die Kernkraftwerke seien teils zu 50 Prozent wegen Problemen und Defekten außer Betrieb. Die Bürger sollten sich dort auf Stromabschaltungen einstellen. Und der nationale Energieversorger EdF sei hochverschuldet und werde deshalb verstaatlicht.
Neuer Arbeitskreis der Energiegenossenschaft
Die Energiegenossenschaft möchte sich in ihrem Engagement auf breitere ehrenamtliche Schultern aufstellen und hat dazu einen Arbeitskreis ins Leben gerufen. Sehr erfreulich sei hier, dass sich tatkräftige Hilfe gefunden habe, um die Genossenschaft weiter zu entwickeln und zu verwalten. Der Vorstand richtete einen großen Dank an diese neuen Aktiven. Ohne diese Unterstützung könnten die weiteren Projekte in der Intensität nicht angeschoben werden.
Vorstand und Aufsichtsrat
Ansonsten sind die Ämter gleich besetzt. Daniel-Lirio Weyler wurde für den Aufsichtsrat wiedergewählt, welchem Ulrich Krüger (Vorsitzender) und Marco Pitz angehören. Der Vorstand besteht weiterhin aus Erich Horchler, Frank Leyener und Alexander Blecher.
Hintergrund
Die Energiegenossenschaft wurde 2013 gegründet, um die Energiewende lokal umzusetzen, und hat inzwischen über 130 Mitglieder. Diese haben über 210.000 Euro an Geschäftsanteilen gezeichnet. Zusammen mit Krediten und den Stromerträgen wurden mehr als 700.000 Euro für elf Photovoltaik-Anlagen auf Wittgensteiner Dächern investiert. Das Prinzip dabei: Vereine oder die Kommune verpachtet ihr Dach an die Genossenschaft. Die darauf entstehende Photovoltaik-Anlage erzeugt Strom. Die Stromerlöse nutzt die Genossenschaft, um die Anlage und eine Dachpacht zu bezahlen. Gegebenenfalls kann Strom günstig an den Gebäudeeigentümer verkauft werden.
Weitere Dachflächen gesucht
Weitere potenzielle Dachverpächter werden gesucht. Es bedarf jedoch Dächern mit mindestens 200 Quadratmetern an Fläche, damit sich der ehrenamtliche Aufwand lohne. Die Baustatik und Dacheindeckung müssten dafür geeignet sein. Alles weitere werde in unverbindlichen Besichtigungen geprüft.