Wittgenstein. Die Gesellschaft erzeugt mittlerweile die zweimillionste Kilowattstunde mit sauberen Sonnenstrom. Welche Rolle der Dürresommer dabei spielt.
Zwei Meilensteine kann die Energiegenossenschaft Wittgenstein eG jüngst vorweisen: Inzwischen hat sie ihre zweimillionste Kilowattstunde mit sauberen Sonnenstrom erzeugt und – sie ist seit einem Jahr unabhängig von jeglichen Förderungen.
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Für die erste Million Kilowattstunden hatte die Genossenschaft seit Gründung 2013 bis zum Jahr 2020 gebraucht. Für die folgenden Millionen nur zwei Jahre. Dank des inzwischen immer weiter gewachsenen Anlagenparks steigt die jährliche Stromproduktion immer weiter. Gegebenenfalls könnte die drei Millionen-Marke bereits in anderthalb Jahren geknackt werden – dank mehrerer geplanter Photovoltaik-Anlagen auf Wittgensteins Dächern.
Dramatische Preis-Explosion an der Strombörse
Wirtschaftlich hat die Energiegenossenschaft Wittgenstein bereits seit September 2021 keinerlei Förderungen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz mehr gebraucht. Seit einem Jahr sind die Preise an der deutschen Strombörse in Leipzig höher als die EEG-Vergütungen. Umgekehrt ausgedrückt: Photovoltaik ist inzwischen eine sehr günstige Energiequelle geworden. Der Genossenschaftsstrom dämpft dadurch den Strompreis-Anstieg für die Wittgensteiner Stromverbraucher.
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Denn aktuell gibt es eine dramatische Preis-Explosion an der Strombörse. Lagen die Preise für eine Kilowattstunde an der Strombörse in den letzten Jahren bei etwa 2 bis 5 Cent pro Kilowattstunde (kWh), wurden jüngst alle Rekorde gebrochen. Einen Euro pro Kilowattstunde kostete der Strom. Aber wie kommt das?
Nur ein massiver Zubau mit Erneuerbaren Energien hilft
Die Strombörse funktioniert nach dem Merit-Order-Prinzip. Jedes Kraftwerk bietet seine Leistung mit einem Preis pro Kilowattstunde an. Das teuerste Kraftwerk, das noch benötigt wird, um den Bedarf zu decken, bestimmt den Strompreis – und alle erhalten diesen Kostensatz. Dabei geben die teuren Gaskraftwerke den Preis vor. Der sehr hohe Gaspreis sorgt dann für extreme Strompreise. Außerdem kaufen die Franzosen den Strommarkt leer, da die Hälfte der französischen Kernkraftwerke außer Betrieb sind. Entweder liegt dies an den zu heißen Flüsse oder Reparaturen, technische Probleme oder Wartungen.
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Dagegen hilft ausschließlich ein massiver Zubau mit Erneuerbaren Energien. Sonne und Wind liefern Strom zu günstigen Konditionen, da „die Sonne keine Rechnung schickt“. Langfristig kann sich Deutschland nur mit diesen beiden Energieformen preiswert, sauber und vor allem unabhängig versorgen.
Klimawandel bleibt ein drängendes Handlungsfeld
Jegliche Kritik an vermeintlich fehlenden Speichern läuft ins Leere: Es gibt aktuell keine Überschüsse, die man speichern könnte – solange man nichts speichern kann. Erst in einigen Jahren werden sich Stromspeicher finanziell lohnen. Günstiger als Speicher ist allerdings die Flexibilisierung der Nachfrage. In der Industrie gibt es bereits viele Beispiele dafür. Langfristig wird der Überschussstrom z.B. mittels „Power-to-Gas“ in Wasserstoff oder Erdgas verwandelt. Beides lässt sich dann gut speichern und bei Bedarf schnell wieder im flexiblen Gaskraftwerk verstromen.
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Ganz nebenbei zeigt der aktuelle Dürresommer, dass der Klimawandel ein drängendes Handlungsfeld ist und bleibt. Um deshalb einen Teil zu dieser Energiewende zu leisten, sucht die Energiegenossenschaft weitere Interessierte, die sich ehrenamtlich oder mit Geschäftsanteilen finanziell beteiligen. Die Energiegenossenschaft wurde 2013 gegründet. Das Ziel: Wittgenstein vollumfänglich mit Erneuerbaren Energien versorgen. Die Genossenschaft hat etwa 120 Mitglieder und betreibt elf Photovoltaik-Anlagen auf den lokalen Dächern.