Bad Berleburg/Siegen. Es bleibt spannend. Sowohl der Wisentverein als der Kreis sehen sich als Sieger vor dem Verwaltungsgericht. Aber beide müssen auch einstecken.
Der Wisentverein kann vor Gericht noch siegen. So liest sich eine Pressemitteilung, die der Trägerverein des Artenschutzprojektes am Donnerstagnachmittag versendet hat. Doch nach Rücksprache mit dem Verwaltungsgericht Arnsberg ist der Erfolg des Trägervereins wohl doch nicht so groß und auch die Niederlage des Kreises Siegen-Wittgenstein nicht entscheidend. Im Gegenteil, auch der Kreis reklamiert für sich einen Erfolg. Es kommt auf die Feinheiten an.
Der Trägerverein meldete folgendes: „Niederlage für Kreisverwaltung: Das Verwaltungsgericht lehnt den Eilantrag ab. Das Gericht kritisiert die Inanspruchnahme des Gerichts und äußert gravierende Zweifel an den behaupteten Gefahren durch die Wisente. Es ist ein wichtiger Meilenstein für das in Westeuropa einzigartige Wisent-Artenschutzprojekt: Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat mit Beschluss von Donnerstag, 8. Dezember, den Antrag des Kreises Siegen-Wittgenstein auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Trägerverein Wisent-Welt Wittgenstein als bereits unzulässig abgelehnt.“
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Für die Sprecherin des Verwaltungsgerichtes, Richterin Silke Camen, ist das aber nur ein „Zwischenerfolg“. Der Wisentverein zitierte aus der Begründung, „dass der Kreis nach den Fachgesetzen umfangreiche Eingriffs- und Regelungsbefugnisse habe. Daher sei die Behörde auch ohne Inanspruchnahme des Gerichts in der Lage, den behaupteten Gefahrenlagen Rechnung zu tragen.“
Kreis muss Befugnisse nutzten
Silke Camen übersetzt das ganz einfach: „Der Kreis ist selbst Ordnungsbehörde und hat ausreichend Mittel und Möglichkeiten, beispielsweise das Naturschutz- oder Tierschutzrecht durchzusetzen.“ Mit anderen Worten: Das Verwaltungsgericht bemängelt an dem Antrag des Kreises, dass es noch gar nicht zuständig sei.
Freunde kommt beim Trägerverein in einer weiteren Passage seiner Mitteilung auf: „Zugleich äußert das Gericht aber bereits gravierende Zweifel an den vom Kreis Siegen-Wittgenstein behaupteten Gefahrenlagen, da bislang keine einzige der für Gefahrenabwehr zuständigen Behörden Anlass für entsprechende Maßnahmen gesehen habe. Die dadurch zum Ausdruck kommende Gefahreneinschätzung und -prognose spreche für sich“, heißt es.
Auch der Kreis reklamiert einen klaren Erfolg bei Gericht
Der Kreis Siegen-Wittgenstein reagiert und formuliert: „Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat heute die Auffassung der Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein und der weiteren öffentlichen Vertragspartner des Wisentprojektes bestätigt, dass der Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein e.V. weiterhin für die Wisente im Rothaargebirge verantwortlich ist.“
Für diese Verantwortlichkeit, so das Verwaltungsgericht, sei es nicht entscheidend, ob der Trägerverein das Eigentum an den Tieren wirksam aufgegeben habe, oder nicht. Selbst wenn er es wirksam aufgegeben hätte, wäre er immer noch für die Tiere verantwortlich, insbesondere wenn es um die Wahrung des Tierwohls oder eine konkrete Gefahrenabwehr gehe. Denn das Ordnungsrecht gehe selbst im Falle einer wirksamen Eigentumsaufgabe davon aus, dass zur Gefahrenabwehr die Inanspruchnahme desjenigen möglich ist, der das Eigentum an der Sache aufgegeben hat, so das Verwaltungsgericht.
Zur Frage der Wirksamkeit der Kündigung des Vertrages über die Freisetzungsphase und zur Eigentumsaufgabe hatte sich das Gericht nicht äußern müssen.
Forderungen des Vereins an die Verwaltung
Der Trägerverein schließt mit einer Forderung an den Kreis: „Die Wisent-Allianz erwartet von der Kreisverwaltung, dass ihre bereits vor Wochen eingereichten Vorschläge zum Wohl der Tiere – insbesondere zur angebotenen Winterfütterung – nun unverzüglich umgesetzt werden und dem fraktionsübergreifenden Willen damit Rechnung getragen wird.“
Antwort des Kreises an den Verein
Dazu entgegnet der Kreis: „Die Kreisverwaltung bleibt bei ihrer Aufforderung an den Verein, seinen Pflichten unverzüglich wieder nachzukommen. Sie kündigte gleichzeitig an, wie vom Verwaltungsgericht dargelegt, ordnungsrechtliche Maßnahmen ergreifen zu müssen, sollte der Verein dem nicht nachkommen. Wie vom Umweltausschuss des Kreises am 1. Dezember gewünscht, hat die Kreisverwaltung zwischenzeitlich den Trägerverein auch angeschrieben und gebeten, bis auf Weiteres alle notwendigen Managementaufgaben wahrzunehmen und die dazu vom Land bereitgestellten Fördermittel abzurufen. Eine Antwort des Vereins steht noch aus.“