Wittgenstein. Einige Grundstückseigentümer haben bereits erste Bescheide vom Finanzamt bekommen. Wir erklären, was sie für die künftige Steuer bedeuten.
Noch bis 31. Januar 2023 können Eigentümer von bebauten und unbebauten Grundstücken (Grundsteuer B) oder Flächen der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) in Wittgenstein die geforderte Erklärung zur Grundsteuer-Reform beim Siegener Finanzamt abgeben – danach gibt‘s Mahnungen für säumige Steuerpflichtige. Und im schlimmsten Fall „hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen“, kündigt Christiane Pfender-Stracke an, Leiterin der Siegener Dienststelle.
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Immerhin rund 54.300 Erklärungen sind nach Angaben der Behörde bislang eingegangen – für kreisweit insgesamt rund 128.600 wirtschaftliche Einheiten. Demnach fehlen noch rund 74.300 ausgefüllte Formulare bis zum Stichtag – also deutlich mehr als die Hälfte.
Die ersten Bescheide
Einige Eigentümer haben auf ihre Erklärung hin bereits den „Bescheid über die Feststellung des Grundsteuerwerts“ und den „Bescheid über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrages“ per Post erhalten. Doch was sagen diese beiden Schreiben über die Höhe der neuen Grundsteuer aus, die ab dem 1. Januar 2025 fällig werden soll? Was bedeutet es beispielsweise, wenn der Grundsteuermessbetrag niedriger ausfällt als bisher?
„Die Frage ist nicht pauschal zu beantworten“, sagt Christiane Pfender-Stracke vom Finanzamt. So seien zur Bewertung von Wohngrundstücken für Zwecke der Grundsteuer mehrere Faktoren wie etwa die Wohnfläche zu berücksichtigen. „Außerdem sind Aussagen zu der Höhe der Grundsteuer erst möglich, wenn die Kommunen die neuen Hebesätze festgesetzt haben.“
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Anhand des Grundsteuerwerts und einer gesetzlich festgeschriebenen Steuermesszahl berechnet das Finanzamt laut Pfender-Stracke den Grundsteuermessbetrag. Auf der Grundlage des Grundsteuermessbescheides wiederum berechne die Gemeinde später die Grundsteuer und setze diese mit dem Grundsteuerbescheid fest. Für weitere Infos verweist Pfender-Stracke auf die Website www.finanzverwaltung.nrw.de und den dortigen Beitrag „Was passiert nach der Abgabe der Grundsteuererklärung?“
Das erleben Steuerpflichtige
Auch Ursula Belz, Ortsvorsteherin von Bad Berleburg und selbst Hauseigentümerin, hat sich mit der Steuer-Erklärung via ELSTER auseinandergesetzt und „die Sache einigermaßen bewältigen können“. Sicher: So manche Begrifflichkeiten und auch Fehlermeldungen an einigen Stellen im elektronischen Formular seien „irritierend“ gewesen, doch „mit Hilfe von Pflaumenkuchen, Kaffee und Geduld bin ich da durchgekommen“, schmunzelt Belz.
Leider sei gerade der Hilfe-Text, bei Bedarf einblendbar, „nicht immer hilfreich“ gewesen. An einer Stelle habe sie sich schließlich Hilfe von einem Nachbarn geholt. Außerdem habe sie mit ihrer gewonnenen Erfahrung noch zwei anderen Steuerpflichtigen beistehen können. „Das war für den Normalverbraucher schon eine Herausforderung“, findet Belz angesichts des Aufwandes.
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Ihrer 90-jährigen Cousine ohne Internet-Anschluss habe eine Bekannte beim Ausfüllen der Papierversion geholfen, die sie problemlos von ihrem Finanzamt bekommen habe.
Die Bad Berleburger CDU-Politikerin schätzt, dass die Stadtverordneten-Versammlung für den letzten Schritt hin zur neuen Grundsteuer zunächst einmal aufkommensneutrale Hebesätze verabschieden wird. „Was aber in den nächsten zwei, drei Jahren in unseren Kommunen noch passiert, die finanziell am Limit sind“, sei völlig unklar, so Belz.
So geht’s im Rathaus weiter
Das Finanzministerium werde sämtliche Städte und Gemeinden öffentlich darüber informieren, welcher Hebesatz in den einzelnen Kommunen jeweils zur sogenannten Aufkommensneutralität führe, erklärt Pfender-Stracke. Mit diesem Hebesatz würden die Steuereinnahmen also weder steigen noch sinken. Auf dieser Basis sei es Politik und Verwaltung vor Ort überlassen, den neutralen Hebesatz zu übernehmen, abzusenken oder zu erhöhen – mit Auswirkung auf die Höhe der neuen Grundsteuer.
Die aufkommensneutralen Hebesätze für die Grundsteuern A und B seien in den politischen Gremien bislang stets „die Grundlage der Überlegungen für das künftige Handeln“ gewesen, betont Bad Berleburgs Stadtkämmer Gerd Schneider, im Rathaus für die Finanzen zuständig. Er geht davon aus, dass ein Beschluss der Stadtverordneten-Versammlung zur neuen Grundsteuer ab 1. Januar 2025 „im Laufe des Jahres 2024 erfolgen“ werde.
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Allerdings könne es zeitlich eng werden, fürchtet Schneider, „nachdem die Frist zur Abgabe der Steuer-Erklärungen zur neuen Bewertung der Immobilien nochmals bis ins kommende Jahr hinein verlängert wurde“. Ursprünglich lag diese Frist bei Ende Oktober 2022.
„Natürlich wird sich die Stadt gerne für den aufkommensneutralen Hebesatz entscheiden“, sagt Bad Laasphes Kämmerer Manfred Zode. Leider lasse sich „nicht verlässlich vorhersagen, wie sich die übrigen Erträge und vor allem die Aufwendungen für die Pflichtaufgaben der Stadt bis dahin entwickeln“. Zehn Prozent Inflation wie derzeit werde die Kommune mit einem aufkommensneutralen Hebesatz jedenfalls nicht auffangen können.
Zode geht im Übrigen davon aus, dass bei der Höhe der Grundsteuer „der Unterschied in Wittgenstein zwischen Innenstadt-Lagen und Außenbereich nicht so gravierend zu Buche schlagen“ werde. So lägen die höchsten Bodenrichtwerte in Bad Laasphe bei Wohngrundstücken in der Kernstadt bei 100 Euro pro Quadratmeter (€/m²), in den kleinen Dörfern bei 25 €/m² – und damit „bei weitem nicht so weit auseinander wie in Großstädten“, wo echte Filetstücke oft mehr als zehn bis 15 Mal so teuer seien wie Areale in Randlagen. Zode: „Ob ein Hauseigentümer künftig mehr bezahlen muss, wird wohl eher daran liegen, wie lange die letzte Anpassung seines Einheitswertes zurückliegt und welche Verbesserungen, An- oder Umbauten seitdem vorgenommen wurden.“
So berechnet sich die Grundsteuer
Ein Beispiel: Der bisherige Grundsteuer-Bescheid nennt als Steuermessbetrag einen Wert von 46 Euro, der neue einen Wert von rund 38,50 Euro. Jetzt kommt es auf den Hebesatz als Multiplikator an: Für die Grundsteuer B (bebaubar oder bereits bebaut) liegt er in Bad Berleburg derzeit bei 495 Prozent, in Bad Laasphe bei 650 und in Erndtebrück bei 510 Prozent.
Das bedeutet: Ein Bad Berleburger Eigentümer würde bisher rund 228 Euro pro Jahr zahlen, einer in Laasphe fast 300 Euro und einer in Erndtebrück rund 235 Euro. Doch was jeder Beispiel-Eigentümer in Zukunft tatsächlich zahlt, ist derzeit noch offen – weil noch der Hebesatz fehlt, der von den Städten und Gemeinden wohl erst 2024 festgelegt wird.
Auch in der Gemeinde Erndtebrück solle die Grundsteuer-Reform „aufkommensneutral erfolgen“, sagt Erndtebrücks stellvertretende Kämmerin Petra Göbel. Das bedeute allerdings nicht, „dass es nicht zu Verschiebungen in der Steuerlast der einzelnen Steuerpflichtigen kommen wird“ – ganz im Sinne der Steuergerechtigkeit. Göbel hält eine Festsetzung der Grundsteuer-Sätze bis Mitte 2024 für realistisch. „Durch die Verlängerung der Abgabefrist wird der Zeitplan für die Umsetzung der Reform aber immer enger“, warnt sie. Schließlich benötigten die Kommunen ja auch „noch Zeit zur Verarbeitung der neuen Messbescheide“.
Die Alternative zu ELSTER
Tipp für jene Grundstückseigentümer, die ihre Feststellungserklärung noch abgeben müssen: Zur Online-Abgabe über ELSTER gibt es eine Alternative – jedenfalls für einfach gelagerte Sachverhalte wie unbebaute Grundstücke, Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen. Sie funktioniert mit Hilfe einer vereinfachten elektronischen Übermittlungsmöglichkeit des Bundesfinanzministeriums unter www.grundsteuererklaerung-fuer-privateigentum.de. Tatsächlich stelle dies „eine Möglichkeit dar, die Erklärung elektronisch abzugeben, ohne ein ELSTER-Zertifikat nutzen zu müssen“, sagt die Siegener Dienststellenleiterin Christiane Pfender-Stracke.
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Hier gibt’s Hilfe beim Ausfüllen
Die Hilfsangebote der Finanzverwaltung NRW (www.finanzverwaltung.nrw.de) sind umfassend und würden „sehr gut angenommen“, weiß Pfender-Stracke. Die digitale Info-Plattform www.grundsteuer.nrw.de unterstütze mit Erklär-Videos zum Grundsteuer-Portal, Klick-für-Klick-Anleitungen zu ELSTER und Check-Listen für die Zusammenstellung der Daten für die Feststellungserklärung. Hier seien auch die am häufigsten gestellten Fragen veröffentlicht und werden fortlaufend aktualisiert. „Und diese Angebote werden sehr gut angenommen“, berichtet Pfender-Stracke. Praktische Hinweise ganz kompakt geben die NRW-Finanzämter in ihrer Pressemitteilung „Grundsteuerreform: Finanzämter unterstützen bei der Feststellungserklärung“.
Für individuelle Rückfragen haben alle 104 NRW-Finanzämter außerdem eine lokale Grundsteuer-Hotline eingerichtet (Montag bis Freitag, 9 bis 18 Uhr). Die Hotline des Finanzamts Siegen ist unter der Rufnummer 0271/4890-1959 zu erreichen.