Bad Berleburg. Der Hersteller von Verbindungstechnik möchte bis 2035 klimaneutral werden – und hat auf dem Weg dorthin prominente Unterstützung.

Der Klimawandel – „im Wittgensteiner Land ist es so deutlich wie nirgendwo in NRW“, findet Anne Willmes. Bei so viel vertrocknetem und bereits abgeholztem Wald fehle Naturfreunden inzwischen oft die Orientierung, bedauert die Moderatorin des Abends „EJOT wird klimaneutral“ vor rund 200 Mitarbeitenden des Unternehmens im großen Saal des Bad Berleburger Bürgerhauses. Und mit dem Klima drohe es in der nächsten Zeit noch viel schlimmer zu werden, sagt der TV-bekannte Meteorologe Karsten Schwanke – wenn nicht energisch gegengesteuert werde, etwa bei EJOT, Spezialist für Verbindungstechnik.

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In seinem Vortrag zum Thema „Klimaschutz – die Herausforderung für unsere Gesellschaft“ macht Schwanke das ganz deutlich. „Das Tempo der Erwärmung ist das Problem“, sagt der Meteorologe – da komme kein Wald, keine Landwirtschaft mit. Noch bis 1983 seien in Mitteleuropa keine Temperatur-Werte von mehr als 40 Grad gemessen worden. Das habe sich gerade in den letzten Jahren geändert, erklärt Schwanke – und nennt den 25. Juli 2019, als das Thermometer vielerorts in Deutschland 40 Grad und mehr angezeigt habe. Innerhalb der nächsten 30 Jahre könnten auch Werte von mehr als 45 Grad erreicht werden, warnt er. Selbst auf dem Stünzel auf 610 Metern Höhe stiegen die Durchschnittswerte steil an – wenn auch auf niedrigerem Temperatur-Niveau. Zugleich müsse man angesichts verstärkt auftretender heftiger Unwetter wie erst kürzlich im Ahrtal „den Hochwasserschutz neu denken“. Aber: „Wenn Sie zeigen, wie ein Industriebetrieb es schafft, CO2-neutral zu werden“, dann sei „EJOT ganz weit vorn“ – mit Vorbild-Charakter aus Deutschland für die Welt.

Das Ziel: klimaneutral bis 2035

Und auch „was wir am Arbeitsplatz tun, zählt“, sagt Moderatorin Willmes beim Einstieg ins Gespräch mit EJOT-Geschäftsführer Christian F. Kocherscheidt. Es mache einfach Sinn, „an jedem noch so kleinen Schräubchen zu drehen“, spielt sie mit einem Schmunzeln auf die Produkte des Unternehmens an. Könne es EJOT schaffen, wie geplant bis 2035 klimaneutral zu werden? „Wir arbeiten daran“, sagt Kocherscheidt – „sehen aber, wie komplex das Thema ist“. So müsse das Unternehmen inzwischen „jedem Kunden den CO2-Footprint unserer Schraube angeben“ – also wie viel CO2 bei ihrer Herstellung angefallen sei.

Wettermann Karsten Schwanke zeigt es anhand einer Grafik: In den letzten Jahren ist es deutschlandweit im Durchschnitt immer heißer geworden.
Wettermann Karsten Schwanke zeigt es anhand einer Grafik: In den letzten Jahren ist es deutschlandweit im Durchschnitt immer heißer geworden. © Eberhard Demtröder

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Sicher: Derzeit habe die EJOT-Gruppe noch einen CO2-Ausstoß von rund 190.000 Tonnen pro Jahr, räumt Heiko Stötzel vom EJOT-Umweltmanagement ein. Und bis 2025 gehe die Kurve noch leicht nach oben, ehe sie dann aber ab 2026 sinke. Plan sei es jedenfalls, jedes Jahr rund 20.000 Tonnen CO2 abzubauen.

Beitrag zum angestrebten Sinkflug

Einen Beitrag zum angestrebten Sinkflug leiste das Unternehmen mit seinen rund 4000 Mitarbeitenden in mehr als 35 Ländern weltweit zum Beispiel beim Bau ihres TecCenters in Bad Laasphe, erläutert Stötzel. Hier versuche man mit einer geothermiegesteuerten Wärmepumpen-Anlage und elektronischen Thermostaten, aber auch einer kühlenden Dach- und Fassaden-Begrünung sowie dem Verzicht auf Gipsplatten und Beton beim Bau möglichst erst gar kein CO2 entstehen zu lassen.

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Und beim Einkauf der Rohstoffe für die eigene Produktion wie Stahl oder Draht schaue EJOT in Sachen CO-Belastung jetzt genau hin, berichtet Stötzel. Mehr noch: Mit dem Einstieg in die Eigenstrom-Erzeugung wolle man den Verbrauch von Energie aus Gas vermeiden.

Karsten Schwanke lobt Projekt-Ansatz

2024 werde EJOT erstmalig einen Nachhaltigkeitspreis an Lieferanten vergeben, kündigt Markus Rathmann an, im Unternehmen für das Management der Lieferketten verantwortlich – um sie für das CO2-Problem zu sensibilisieren. Einer der EJOT-Lieferanten habe bereits reagiert, berichtet Rathmann – und auf dem Gelände seines Unternehmens eine Photovoltaik-Anlage für Strom aus der Sonne installiert.

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Dass in Sachen Klimaschutz jetzt bei EJOT die Mitarbeitenden „mitgenommen“ würden, sei genau der richtige Weg, betont Wettermann Karsten Schwanke, der die Klimaschutzprojekte bei EJOT als Schirmherr begleitet. Zum einen beteiligen sich Beschäftigte freiwillig mit eigenem Kapital an Investitionen ihres Arbeitgebers zur CO2-Reduzierung, zum anderen scheint das Unternehmen mit dem Ideenwettbewerb bei den Mitarbeitenden „einen Nerv getroffen“ zu haben, so Wolfgang Bach, bei EJOT für die Finanzen zuständig.

Mitarbeiter mit guten Ideen

Zu Wort kamen beim EJOT-Abend im Bürgerhaus auch Mitarbeitende, die beim unternehmensinternen Ideenwettbewerb rund um den Klimaschutz konkrete Vorschläge zur CO2-Einsparung gemacht hatten.

Etwa Charlotte Haas, die am EJOT-Standort Bienhecke in Bad Laasphe arbeitet. Sie regt an, in allen Umkleideräumen des Unternehmens energie- und wassersparende Duschköpfe einzusetzen. Hier werde eine Idee aus dem privaten Haushalt direkt an den Arbeitsplatz transferiert, lobt Wettermann Karsten Schwanke.

Haas’ Kollege Tobias Schneider schlägt vor, auf den EJOT-Arealen grundsätzlich nachts die Außenbeleuchtung und die Werbeschilder auszuschalten, um Strom zu sparen. Das enorme Einsparpotenzial sei ihm während einer nächtlichen Autofahrt an einem Wochenende aufgefallen – und gleich am Montag darauf habe er seinen Vorschlag eingereicht.

Gesprächsrunde mit den drei Ideengebern aus der Belegschaft, Tobias Schneider (Zweiter von links), Daniel Friedrich (Dritter von rechts), Charlotte Haas (Zweite von rechts), EJOT-CFO Wolfgang Bach (rechts), Annika Müller (Mitte), Moderatorin Anne Willmes sowie Karsten Schwanke.
Gesprächsrunde mit den drei Ideengebern aus der Belegschaft, Tobias Schneider (Zweiter von links), Daniel Friedrich (Dritter von rechts), Charlotte Haas (Zweite von rechts), EJOT-CFO Wolfgang Bach (rechts), Annika Müller (Mitte), Moderatorin Anne Willmes sowie Karsten Schwanke. © Eberhard Demtröder

Bei Mitarbeiter Daniel Friedrich machte es am Ende seiner Spätschicht „Klick“: Viele der Computer-Bildschirme an den Arbeitsplätzen seien auch außerhalb der Arbeitszeit auf „Stand by“ gestellt, oft erkennbar an den noch leuchtenden LEDs der Rechner. Hier und da schalteten die Kolleginnen und Kollegen ihre Rechner zwar schon ab, berichtet Friedrich, aber es gebe durchaus noch Bedarf.

Annika Müller, die den Ideenwettbewerb bei EJOT betreut, zeigt sich „fasziniert“ von der „Bandbreite“ der bislang fast 600 gemachten Vorschläge, die vom Stromsparen bis zu Hinweisen auf unnötige Emissionen im Produktionsprozess reichten. Den Mitarbeitern hinter den Ideen gebühre „ein dickes Dankeschön“.

Die allerbesten Ideen kürt am Ende eine Jury, der auch Karsten Schwanke angehört. Ziel sei und bleibe es, so EJOT-CFO Wolfgang Bach, die Mitarbeiterschaft für weitere Sparmaßnahmen zu sensibilisieren.