Bad Berleburg/Wingeshausen. Wer kümmert sich um die Lenkfütterung der Wisente im Winter? Das ist nur eine Frage, die heimische Politiker beantwortet haben wollen.

Wie geht es nun weiter mit den Wisenten im Rothaargebirge? Das fragen sich unter anderem auch heimische Politiker. Erst jüngst hatte vor allem die CDU-Kreistagsfraktion dringend um Beratung des Themas in politischen Gremien gebeten. Nun stehen die Wisente am 1. Dezember auf der Tagesordnung des Ausschusses für Umwelt- und Klimaschutz, Land- und Forstwirtschaft des Kreises Siegen-Wittgenstein. Dann geht es um die jüngsten Entwicklungen rund um das Artenschutzprojekt „Wisente im Rothaargebirge“. Es wird die erste politische Gremiensitzung „nach den überraschenden Entwicklungen der letzten Wochen“ sein.

Die Zukunft der Wisente – darum sorgen sich unter anderem heimische Politiker der FDP. „Die Zukunft der Wisente in Siegen-Wittgenstein beschäftigt die Region. Es muss eine zeitnahe Übergangslösung zum Wohle der Tiere gefunden werden, ohne eine Entscheidung der weiteren rechtlichen Rahmenbedingungen abzuwarten“, so der Fraktionsvorsitzende Guido Müller. Die FDP-Fraktion im Kreistag Siegen-Wittgenstein stehe von Beginn an für das Projekt der Ansiedlung der Wisente und werde diese Idee auch weiterhin unterstützen.

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Die Liberalen fordern in ihrem jüngsten Antrag daher, dass der Kreistag Siegen-Wittgenstein die Kreisverwaltung beauftragt, „das aktive Management der herrenlosen Wisentherde mittels eines Betreuungsvertrages, an den Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein zu übertragen. Dies dient der Sicherstellung des Wohlergehens der Tiere und der Herdenlenkung, insbesondere in der anstehenden Winterperiode. Eine rechtliche Verpflichtung für den Trägerverein ist mit dieser Maßnahme nicht verbunden.“

Infoveranstaltung in der Wisent-Hütte

Ausschlaggebend für den Antrag der FDP sei das Treffen am vergangenen Sonntag, am Volkstrauertag, in der Wisenthütte gewesen. Der Wisentverein hatte hierzu eingeladen. „Zwei Parteikollegen waren vor Ort. Hierbei wurde uns erst einmal die Dimension des Themas bewusst“, so Guido Müller. „Wir müssen aufpassen, dass das Projekt nicht an die Wand knallt.“ Er und sein Parteikollege Peter Hanke sehen viel Potenzial im Artenschutzprojekt. „Und genau das ist es doch: ein Artenschutzprojekt, bei dem es vor allem um das Wohl der Tiere gehen sollte.“

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Er selbst habe zu Beginn Zweifel gehabt, ob der Schritt des Vereins, die Wisente herrenlos zu erklären, der Richtige war. Heute ist er sich sicher: „Es war der richtige Schritt, um endlich Ruhe in die Sache hineinzubekommen. Nun geht es um die Frage, wie es weitergeht. Wir brauchen ein starkes Management und warum nicht von den Menschen, die die Tiere seit zehn Jahren kennen.“ Am 16. Dezember steht das Thema unter anderem auch auf der Agenda des Kreistages. „Eigentlich viel zu spät“, so Müller.

Am 19. Juli dieses Jahres hatte der Wisentverein den öffentlich-rechtlichen Vertrag über das Auswilderungsprojekt aufgekündigt, die Tiere für herrenlos erklärt und damit für viel Wirbel bei allen Beteiligten – Befürwortern wie Gegnern des Projekts gesorgt. Landrat Andreas Müller möchte die Sitzung am 1. Dezember nutzen, um aus Sicht der Genehmigungsbehörden den aktuellen Sachstand zu erläutern und die möglichen Entwicklungen darzulegen. Das geht aus einer Pressemitteilung vom 11. November hervor.

„Komplizierte juristische Fragen“

Bereits im Vorfeld macht der Landrat dort deutlich, dass ihn die jüngsten Entwicklungen zutiefst bestürzen. Für die Aufsichtsbehörden – Kreis, Bezirksregierung und Land – ist klar, dass die Kündigung der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung durch den Trägerverein keinen Bestand haben kann und die Tiere nach wie vor Eigentum des Trägervereins sind: „Hier geht es um komplizierte juristische Fragen, die sich aber im Kern einfach erklären lassen.“ Mit Blick auf die Beratungen im Umweltausschuss des Kreises erinnert der Landrat noch einmal daran, dass es sich beim Projekt „Wisente im Rothaargebirge“ um ein privat initiiertes und getragenes Projekt handelt. Aktuell müsse es jetzt vor allem darum gehen, eine rechtskonforme Lösung zum besten Wohle der Tiere zu finden“, betont Andreas Müller:

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„Da die Voraussetzungen für eine Entlassung der Tiere in die Herrenlosigkeit nicht vorliegen und wohl auch nicht geschaffen werden können, scheint das Eingattern der Tiere und eine Übersiedlung in andere Regionen derzeit die realistischste Perspektive zu sein“, so der Landrat.

Die Grünen sehen den Kreis nun in der Pflicht

Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen hingegen sehen den Kreis nun in der Pflicht und beantragen für die kommende Sitzung des Umweltausschusses, ein Management und eine Lenkungsfütterung für die Wisente. „Seit Wochen wird bezüglich der Zuständigkeit zwischen den verschiedenen Instanzen vom Kreis, über die Bezirksregierung bis hin zum Ministerium rumgeeiert, ohne das irgendeiner die Verantwortung für das einzigartige Artenschutzprojekt in unserem Region übernehmen möchte“, kritisiert Meike Menn, stellv. Fraktionsvorsitzende der Grünen, den Umgang mit dem Thema.

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„Damit muss nun endlich Schluss sein und der Kreis übernimmt die Aufgaben des Managements und der Durchführung der Fütterung - unabhängig von der Frage der Herrenlosigkeit – für das Kreisgebiet!“ Mit den Managementaufgaben möchten die Grünen die Wisente-Welt-Wittgenstein e.V. beauftragt wissen, denn das sind diejenigen, die die Tiere seit über 10 Jahren kennen und die Aufgaben kurzfristig übernehmen können. Das geht aus dem Antrag der Grünen hervor.

Info-Veranstaltung in der Wisent-Hütte

Dass die Zukunft der Wisente ein heiß diskutiertes Thema ist, zeigte auch die gut besuchte Wisent-Hütte am Volkstrauertag. „Wir hatten mehrere Anfragen von Fraktionen – sowohl auf kommunaler als auch auf Kreisebene. Daher haben wir uns dazu entschieden, alle zu einer Informationsveranstaltung einzuladen“, so Bernd Fuhrmann, 1. Vorsitzender des Wisent-Vereins. „Es gab viele Fragen, das Interesse war hoch.“ Dabei wurde schon vorher deutlich, dass der Zuspruch für das Artenschutzprojekt hoch sei. „Es tut gut, dass wir von unterschiedlichen Seiten Unterstützung signalisiert bekommen.“

Was die Lenkfütterung, deren Notwendigkeit unter anderem auch aus dem Gutachten der Tierärztlichen Hochschule Hannover hervorgeht, betrifft, habe der Verein bereits vor Wochen angeboten, die Maßnahme zu übernehmen. „Hierfür aber brauchen wir den Auftrag.“