Bad Berleburg. Während sich die Politik um formelle Fragen zur Windrad-Planung streitet, geht es längst um grünen Wasserstoff und vergünstigte Stromtarife.

Macht es Sinn, dass die Stadt Bad Berleburg weiterhin ausgewiesene Vorrangflächen für Windräder im Stadtgebiet plant, während neue Gesetze des Bundes einen wesentlich deutlicheren Ausbau der Windenergie als bisher vorgeben? Wie gespalten die Kommunalpolitik in dieser Frage ist, zeigte am Mittwochabend einmal mehr eine Abstimmung der Stadtverordneten-Versammlung.

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Nur zehn Ratsmitglieder von SPD, Grünen und der Linken votierten für einen Antrag der SPD-Fraktion, dass die Stadtverwaltung zu eben dieser Frage bis zur nächsten Ratssitzung am 5. Dezember eine aktuelle rechtliche Einschätzung einholen solle – 15 stimmten dagegen, bei einer Enthaltung.

Weide (SPD): Pläne für gutes Geld können ungültig werden

Zuvor hatte Bernd Weide (SPD) noch einmal deutlich gemacht, dass die Städte und Gemeinden nach dem neuen Windenergie-an-Land-Gesetz (WaLG) vom Juli 2022 über kurz oder lang „planerisch aus dem Spiel“ seien und die Ausweisung von Flächen für die Windkraft bald nur noch auf NRW-Landesebene per Regionalplan erfolge. Pläne der Stadt Bad Berleburg, erarbeitet für gutes Geld, könnten dann unter bestimmten Umständen ungültig werden.

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Hinzu komme, so Weide, dass die Windkraft bald auch gegenüber dem Natur- und Artenschutz leichter zulässig sei werde als bisher – wenn die Windräder nämlich der öffentlichen Sicherheit dienten. Hier müsse sich die Stadt umorientieren – und sich lieber darum bemühen, wie Bürgerinnen und Bürger vor Ort von den Erlösen aus der Windkraft profitieren könnten, etwa durch vergünstigte Stromtarife. Auch im Bereich der Solarenergie werde demnächst noch einiges auf die Stadt zukommen, ergänzte Weide.

Bürgermeister: Rechtsauffassung ist bekannt

Die Stadt Olsberg habe bereits im Sommer auf die veränderte Gesetzeslage reagiert und lasse das Planverfahren derzeit ruhen, berichtet Weide – im Übrigen auf Empfehlung von Thomas Tyczewski von der Kanzlei Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft mbB in Hamm, aus dessen Expertise er soeben zitiert habe. Nach Angaben der Kanzlei berät Tyczewski die öffentliche Hand, Investoren, Vorhabenträger und Bauherren zu komplexen planungsrechtlichen Fragen. Ziel ist stets die Erarbeitung praxistauglicher Lösungen. Schwerpunkte der Tätigkeit sind die Aufstellung von Raumordnungs- und Bauleitplänen, von städtebaulichen Satzungen, insbesondere des Besonderen Städtebaurechts, und das juristische Projektmanagement bei Großvorhaben. Allerdings bezweifelte Susanne Bald (Grüne), ob die aktuellen Planungsstände von Olsberg und Bad Berleburg vergleichbar seien.

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Die Rechtsauffassung, wie sie die SPD und Tyczewski hier vertrete, sei der Stadt bekannt, sagte Bad Berleburgs Bürgermeister Bernd Fuhrmann. Sie berge aber Chancen wie auch Risiken, fügte Beigeordneter Volker Sonneborn hinzu. Außerdem sei die Verwaltung in Sachen lokaler Wertschöpfung aus der Windkraft auf dem richtigen Weg, so der Bürgermeister weiter.

Schneider (CDU): Versorgungssicherheit nicht nur durch Windräder

Beigeordneter Sonneborn berichtete, dass bislang folgende Projektierer die gesetzlich mögliche Weiterleitung von Vergütungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) an die Stadt zugesagt hätten: Westfalenwind, Eurowind/Krug-Energy, WWU/WPD, BayWa und UKA Bielefeld. Im Gespräch sei ferner etwa die innovative Energieversorgung durch die Produktion von grünem Wasserstoff. Dazu seien bereits „große energieintensive Unternehmen im Stadtgebiet angeschrieben“ worden, so Sonneborn, um deren Bedarf auszuloten. Solche energieintensiven Unternehmen machten bereits direkt Verträge mit den Windkraft-Anbietern, sagte dazu SPD-Mann Bernd Weide – weil ihnen sonst die Insolvenz drohe.

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Versorgungssicherheit entstehe aber nicht allein durch Windräder, machte CDU-Fraktionschef Martin Schneider in der Diskussion deutlich – und plädierte einmal mehr dafür, die jetzigen Planungen für die Windkraft im Stadtgebiet fortzusetzen. Die Stadt arbeite bei den Planungen bereits „doppelgleisig“, sagte Wolfgang Völker (FDP). Er sehe keinen Grund, da jetzt auszusteigen. Klaus Dieter Lege (AfD) sprach von einer „Brutalität“, mit der die Gesetze für die Windenergie derzeit geändert würden. Und Susanne Bald (Grüne) geht davon aus, dass sich das Planungsthema „über kurz oder lang erledigt“.