Bad Laasphe. Mobbing und Ausgrenzung sind seit Jahren ein Problem in Schulen. Der Bezirksschülersprecher stellt daher deutliche Forderungen an die Schulen.
Diskriminierung und Rassismus – diese Stichworte gehören zu einem von sieben Themenfeldern, in dem die Bezirksschülervertretung Siegen-Wittgenstein aktuell besonderen Handlungsbedarf sieht. „Mobbing ist seit Jahren ein Problem“, hat Bezirksschülersprecher Jost Hoffmann (17) beispielsweise festgestellt. Fälle gebe es im Grunde überall an den Schulen – mal mehr, mal weniger. Hier müsse dringend verstärkt im Schulalltag aufgeklärt werden. Zudem fordert Hoffmann eine deutlich bessere Vernetzung der Schulen zu diesem Thema. Und es reiche eben nicht, einfach nur eine Plakette „Schule ohne Rassismus“ an die Schultür zu schrauben, ohne die Problematik fortlaufend im Auge zu behalten.
Digitale Schule: Viel Nachholbedarf
Darüber hinaus hat sich die Schülervertretung beim Thema „Digitalisierung“ unter anderem zum Ziel gesetzt, dass alle weiterführenden Schulen mit der nötigen Technik samt digitaler Schulbücher ausgestattet werden, Lehrkräfte und Schüler gleichermaßen sich mit Medien vertraut machen. Außerdem seien „individuelle, schulangepasste Konzepte in Absprache mit dem Schulträger und allen am Schulleben beteiligten Gruppen“ das Ziel, heißt es im Arbeitsprogramm der Schülervertretung. Daran wolle man nun weiter intensiv arbeiten, so Schülersprecher Hoffmann nach einer Klausurtagung des Vertretungsvorstandes im Bad Laaspher Gymnasium Schloss Wittgenstein. Aber auch in Sachen Mobbing an Schulen gebe es noch viel zu tun.
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Gerade bei der Digitalisierung sei „die Diskrepanz zwischen den einzelnen Schulen enorm“, so Hoffmann. Hier seien auch in Wittgenstein die Städte und Gemeinden als Schulträger gefordert. Allerdings räumt der Schülersprecher ein, dass hier reichlich Bürokratie im Spiel sei, die den Fortschritt bremse. Die Corona-Pandemie hat Hoffmann als eine Zeit erlebt, die in den Schulen „schon einen gewissen Lerneffekt“ gebracht habe. So sei etwa sein eigener Bezug zur Digitalisierung gestiegen, sagt der Schülersprecher. Aber auch die Politik habe entdeckt, dass die Schulen aufgrund der besonderen Lage eine besondere Priorität hätten.
Berufsberatung: Mal zuviel, mal zu wenig
Verbesserungsbedarf sieht Hoffmann ferner beim Übergang zwischen Schule und Beruf. Hier habe die Schülervertretung jedoch mit der Agentur für Arbeit einen wichtigen Kooperationspartner gefunden. So hätten sich Schüler beispielsweise mehr Sprechstunden bei den Beratern gewünscht. Außerdem gebe es in der Region Schulen, wo entweder zu wenig oder zu viel beraten werde. Und schließlich gelte es, so Hoffmann weiter, an Gymnasien das Thema „Ausbildung“ mehr in den Fokus zu nehmen – als solide Alternative zum Studium und als Engagement gegen den Fachkräfte-Mangel auch in Wittgensteiner Unternehmen.
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Mentale Gesundheit zum Thema machen
„Wir wollen eine Schule, in der man sich wohlfühlt und die ein produktives Arbeitsumfeld für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer darstellt“ ist im Arbeitsprogramm zu lesen. Dazu gehöre im Übrigen auch, die mentale Gesundheit zum Thema zu machen – Stichworte Leistungsdruck und Stressreduktion. So kann sich der Bezirksschülersprecher gut vorstellen, einen kreisweiten Gesundheitstag auf die Beine zu stellen – Vorbild: eine Aktion der Schülervertretung in Köln.
Stichwort „Nachhaltige Schule“: Hier möchte die Schülervertretung „schülernahe Lösungen“ finden – und etwa Schüler-Projekte rund um klimaneutrale Schulgebäude fördern, aber zum Beispiel auch Papier sparen, indem das Lernen insgesamt digitaler wird. Hier seien Schulen gerade in ländlichen Gebieten wie in Wittgenstein womöglich offener, so Hoffmann, wo der Klimawandel direkt vor der Haustür zeige, was er etwa mit unseren Wäldern anrichte.
Massive Ausfälle und Verspätungen
Deutlich besser werden müsse auch der Schülerverkehr mit Bus und Bahn, betont der Schülersprecher. „Heimwege von bis zu zwei Stunden, massive Ausfälle und Verspätungen sind für viele Schülerinnen und Schüler, insbesondere in ländlicheren Gebieten, an der Tagesordnung“, wird im Arbeitsprogramm festgestellt. Hier setzen die Schülervertreter nicht zuletzt auf mehr Flexibilität bei den Verbindungen.
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Eine vierte Gesamtschule für Siegen, wo gleichzeitig eine Hauptschule und zwei Realschulen aufgelöst würden – diese Entwicklung möchte der Bezirksschülersprecher nicht kommentieren. Das sei „eine sehr kommunale Sache“. Sie zeige aber, so Jost Hoffmann, wie wichtig im Kreis Siegen-Wittgenstein konkrete Pläne für eine interkommunale Schullandschaft wären.
Die Schülervertretung als Lobby-Verband
„Man könnte uns als Lobby-Verband bezeichnen“, beschreibt Hoffmann die Aktivitäten der Bezirksschülervertretung, die insgesamt rund 30.000 Schülerinnen und Schüler an fast 60 weiterführenden Schulen im Kreis Siegen-Wittgenstein vertritt. So suche man beispielsweise ganz gezielt den Kontakt zur Verwaltung und zur Politik auf Kreis-Ebene. Gewählt werden die Mitglieder der Vertretung von den Schülern selbst. Jost Hoffmann, am Hilchenbacher Gymnasium Stift Keppel bereits in der Jahrgangsstufe 12 und damit kurz vor dem Abitur, ist bereits seit September 2020 Bezirksschülersprecher.
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Das Arbeitsprogramm ist das Herzstück der inhaltlichen Arbeit der Bezirksschülervertretung. Dort heißt es: „In den vergangenen Jahren hat es zusehends an Wichtigkeit bei der Planung von Projekten, Diskussionsveranstaltungen oder der alltäglichen politischen Agenda gewonnen. Diese Wichtigkeit soll es auch in der Legislaturperiode 2022 bis 2023 erhalten. Die BSV Siegen-Wittgenstein verpflichtet sich daher, auf Basis dieses Arbeitsprogramms in der Legislatur 2022 bis 2023 zu handeln.“
Sieben Themenfelder im Fokus
Die zentralen Themenfelder, mit denen sich die Schüler derzeit befassen: BSV-Struktur; Berufsberatung der Zukunft; Gleichberechtigung, Diskriminierung, Rassismus und Gesundheit; Digitale Schule; Nachhaltige Schule; Mobile Schülerschaft – ÖPNV; Demokratische Schule, starke Schülervertretung.