Bad Berleburg/Schmallenberg. Zäune gegen Wisente sind kostspielig und unsicher. Wildrinder mit Tönen aus Lautsprechern in die Flucht zu schlagen, sei sogar gefährlich.
Der Vorschlag, die im Rothaargebirge frei umherstreifenden Wisente mittels Geräuschen zu lenken und vom Betreten von Tabuzonen abzuhalten, stößt auf Widerspruch. In dieser Zeitung hatte die Siegener Biologin Prof. Dr. Klaudia Witte vorgeschlagen, die Wisente mit „Bienensummen“ oder aber dem Geräusch von aufgebrachten Wespen und Hornissen aus Lautsprechern zu vergrämen. Prof. Witte stützt sich dabei auf Erfahrungen mit Elefanten in Afrika.
Klare Kante aus dem Sauerland
Georg Feldmann-Schütte aus Oberkirchen, einer der klagenden Waldbauern, die immer wieder Schälschäden an Buchen durch die Wisente hinnehmen mussten, schüttelt mit dem Kopf: „Als ich das gelesen habe, habe ich gedacht es ist der 1. April. Aber es war Oktober.“ Feldmann-Schütte ist sauer, weil sich trotz des Urteils des Oberlandesgerichtes gegen den Trägerverein des Wisentprojektes nach wie vor nichts verändert hat. „Die Tiere sind fast permanent hier“, so Feldmann-Schütte. Und der Oberkirchener setzt darauf, dass der Leiter der Steuerungsgruppe des Artenschutzprojektes, Landrat Andreas Müller (Siegen-Wittgenstein) jetzt auch umsetze, was er zugesichert habe. Das Projekt solle beendet, die Tiere eingegattert und abtransportiert werden. „Wir werden den juristischen Druck aufrecht erhalten“, sagt Feldmann-Schütte.
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Dass der Trägerverein die Tiere für herrenlos erklärt habe und den öffentlich-rechtlichen Vertrag einseitig aufgekündigt hat, ärgert den Waldbesitzer maßlos, weil es nach dem Spruch des Bundesgerichtshofes aus 2017 und auch dem öffentlich rechtlichen Vertrag nicht möglich sei: „So lange noch kein Nachfolgevertrag für den öffentlich rechtlichen Vertrag geschlossen ist, oder so lange die Phase zwei der Auswilderung nicht abgeschlossen ist, hat der Trägerverein die Tierhaltereigenschaft.“ Der Vertrag sei außerdem nur einstimmig durch alle Vertragsparteien aufkündbar. „Bad Berleburgs Bürgermeister Bernd Fuhrmann ist als Vorsitzender des Trägervereins an die Rechtsstaatlichkeit gebunden“, nimmt Feldmann Schütte den Vereinsvorsitzenden in die Pflicht.
Biologe Lindner hat „Bauchschmerzen“
Kritik an der Idee mit der akustischen Vergrämung kommt außerdem von Uwe Lindner, dem ehemaligen wissenschaftlichen Leiter des Projektes. „Ich weiß, dass das bei den Elefanten funktioniert. Aber ich glaube nicht, dass sich die Wisente von Geräuschen in ihrem Verhalten beeinflussen lassen. Und wenn, müssen wir dieses Geräusch erst noch finden.“ Sorge bereitet Lindner auch die Versuchsanordnung im Schaugehege. „Wenn man ein Geräusch findet, das die Tiere in Angst versetzt und einen Fluchtreflex auslöst, dann kann die Herde schnell in Panik geraten und auch einen Zaun durchbrechen“, warnt Lindner. Insofern sei das Schaugehege nicht der richtige Ort für einen Test: „Damit hätte ich Bauchschmerzen.“ Und obwohl Lindner bislang auch die Herrenlosigkeit der Herde nicht sieht, hat er dennoch auch juristische Bedenken im Falle der Herrenlosigkeit: „Laut EU-Recht darf ich streng geschützte Arten auch nicht in ihrem Verhalten beeinflussen“, so Lindner.