Köln/Bad Berleburg. Der Kölner Zoodirektor Theo Pagel steht hinter der Auswilderung der Wisente. Und er hat auch eine Vorstellung davon, was jetzt passieren muss.
Die „Wisent-Allianz“ bleibt bestehen – auch wenn das Artenschutzprojekt im Rothaargebirge gerade wieder viele Schlagzeilen macht. Auch für Theo Pagel, den Direktor des Kölner Zoos, ist klar: Dieses Projekt hat Strahlkraft, aber eben nicht soweit, dass seine Probleme auf alle anderen Artenschutzprojekte ausstrahlen sollten. Und Pagel macht im Interview ganz deutlich, wer nach der Herrenlos-Erklärung der freien Herde die Verantwortung übernehmen muss.
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Der Kölner Zoo ist seit Anfang 2022 offizieller Partner des Trägervereins. Gemeinsam mit der Deutschen Wildtierstiftung soll der Zoo das Artenschutzprojekt professionalisieren. Alle drei formen diese „Wisentallianz“ und bleiben offensichtlich auch bei Gefahr dicht zusammen – wie eine gute Herde eben.
Wie steht der Zoo jetzt zu dem Projekt, dass er als professioneller Partner begleiten will?
Theo Pagel: Wir bedauern die jetzige Entwicklung. Seit elf Jahren gibt es freilebende Wisente im Rothaargebirge, fast alle aus dem jetzigen Bestand sind schon dort geboren worden. Neben der Deutschen Wildtierstiftung hatte sich der Kölner Zoo bereits unter der ehemaligen Landesumweltministerin, Ursula Heinen-Esser, bereit erklärt, das Projekt noch professioneller aufzustellen und zu begleiten. Wir stehen dafür prinzipiell auch weiterhin zur Verfügung.
Wie beurteilen Sie als Fachmann die Signalwirkung für andere Artenschutz-Projekte?
Die Signale für mehr Artenschutz müssen überall auf grün gestellt werden. Artenschutz hängt nicht von Einzelprojekten, sondern von einem möglichst breiten Engagement unterschiedlichster Stakeholder ab. Artenschutz ist neben dem Klimawandel das drängende Thema der Zeit. Schlussendlich hängt davon der Fortbestand der Menschheit ab. Es braucht gesamtgesellschaftliche Initiativen für mehr Artenschutz: aus Politik, aus der Wirtschaft, aus der Zivilgesellschaft, von Privatinitiativen. Alle müssen einen Beitrag für mehr Artenschutz leisten. Immer mehr Menschen, immer mehr Organisationen verstehen dies und treiben dieses Thema voran. Das ist gut! Sollte das Wisentprojekt nun beendet werden, dann wäre das auch ein Eingeständnis dafür, dass wir in Deutschland nicht in der Lage sind, ein solches umzusetzen – also kein gutes Signal, zumal Wolf und Elch ähnlich herausfordernd sind und auch nicht ohne Probleme laufen werden.
Welche Chancen sehen Sie für freilebende Wildrinder im Rothaargebirge vor diesem Hintergrund – oder anders gefragt: Ist das Projekt doch noch zu retten?
Durch die Auflösung des Vertrages sind die Wisente nunmehr offensichtlich herrenlos. Damit gibt es kein weiteres Management der Tiere und die Frage stellt sich: Geht das? Wir müssen nun abwarten, wie sich die Situation entwickelt, vor allem auch, wie sich das Land NRW positioniert. Wie gesagt, wenn gewünscht, dann bringen wir und sicher auch die Deutsche Wildtierstiftung unseren Fachverstand gerne ein. Grundsätzlich halten wir das Projekt für erhaltenswert und wichtig.