Bad Laasphe. Die Anklage wiegt schwer: Vor einer wichtigen Ratsentscheidung soll Dirk Terlinden essenzielle Informationen vorenthalten haben. Der reagiert.
Bad Laasphes Bürgermeister Dirk Terlinden steht unter politischem Beschuss. Die SPD-Fraktion im Bad Laaspher Stadtrat wirft Terlinden vor, wissentlich die Unwahrheit gesagt zu haben und dem Rat in der Sitzung am 25. August wichtige Informationen für eine Entscheidung über die Sanierung des Lehrschwimmbeckens vorenthalten zu haben. Dadurch sei eine Entscheidung des Rates maßgeblich beeinflusst worden, so die SPD.
„Für die SPD ist diese Situation untragbar und das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört“, sagt der Fraktionsvorsitzende Samir Schneider. „Wir sind durch die intransparente Informationspolitik enttäuscht.“ In einem Pressegespräch legte die SPD-Fraktion Unterlagen vor, die die Vorwürfe untermauern sollen.
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Dirk Terlinden ist aktuell auf Dienstreise und äußerte sich telefonisch zu den Vorwürfen. Er bestreitet, von den vorliegenden Zahlen und Berechnungen des Bad Laaspher Gebäudemanagements gewusst zu haben. Ohnehin wären die Zahlen aus dem Jahr 2012 aber problematisch: „Um einen Förderantrag zu stellen, muss ich solide Zahlen haben. Da kann ich nicht auf Werte von 2013 zurückgreifen.“
Der Vorwurf der SPD
Darum geht es: Mehrfach hatten sowohl Dirk Terlinden als auch anderer Verwaltungsmitarbeiter in der Ratssitzung gesagt, dass keine Zahlen zum Sanierungsstau des Lehrschwimmbeckens vorliegen. Das ist falsch: Es gibt Steckbriefe zu allen kommunalen Gebäuden. Die enthalten alle Grundstücksdaten, Immobilienwerte, Daten zur Technik und den laufenden Kosten für Strom, Heizung und Wasser. Außerdem wurden auch die Gebäudezustände und Instandsetzungsbedarfe bewertet.
Neben diesen Steckbriefen au de Jahr 2013 gibt es auch Vergleichsrechnungen zu Investitionsbedarf für Instandsetzungen, Modernisierungen und einen möglichen Neubau. Diese fußen auf Masseberechnungen, die wiederum mit Einheitskosten multipliziert werden können und dann Kostenschätzungen liefern. So ist für das Lehrschwimmbecken beispielsweise ein Neubau mit 2,98 Millionen Euro kalkuliert. Eine Modernisierung wird mit einem Mittelwert von 1,4 Millionen Euro und eine Instandsetzung mit 545.000 Euro als Mittelwert angegeben.
Recherche bei einem, der es wissen muss
Die Redaktion fragt nach bei jemandem, der es wissen muss: Klaus Preis. Über die Ratssitzung im August sagt er: „Ich war völlig überrascht, als Dirk Terlinden gesagt hat, dass keine Zahlen vorliegen. Ich habe ja auch für den Antrag der SPD gestimmt.“ Als Fraktionsvorsitzender der FDP im Rat und als dienstältestes Ratsmitglied war Preis 2012 beim Beschluss für das Gebäudemanagement dabei. Jede Fraktion konnte Fachleute für die Arbeitsgruppe entsenden. Als Bauingenieur war Klaus Preis mit dabei. „Wir waren wochenlang damit beschäftigt, haben uns alle Gebäude angeschaut. Es gibt Ordner voller Unterlagen dazu.“ Zu sagen, es gebe diese Zahlen nicht, empfindet Preis als ärgerlich. Immerhin hatte die Arbeitsgruppe Gebäudemanagement sich viel Arbeit gemacht und mit Blick auf die Haushaltslage sogar auf Sitzungsgeld verzichtet. Dass die Unterlagen von damals nicht vorhanden sein sollten, glaubt er nicht.
Kommentar: Wer will die Diskussion ums Lehrschwimmbecken torpedieren?
Samir Schneider indes gießt im Pressegespräch weiteres Öl ins Feuer. Er selbst habe mit dem Bürgermeister bereits sechs Wochen vor der Ratssitzung über Fördermöglichkeiten gesprochen. Als dann keine Rückmeldung aus dem Rathaus gekommen sei, habe die Fraktion zwei Wochen vor der Sitzung den förmlichen Antrag gestellt. Damit sei Zeit genug gewesen, die Vorlage vorzubereiten, Zahlen zu suchen oder aber mitzuteilen, dass man nicht alles beisammen bekomme. „Ich erwarte von einem Bürgermeister, dass er die Arbeit des Rates vorbereitet“, so Schneider.
Bürgermeister Terlinden bleibt dazu im Telefongespräch gelassen. Er will das verwaltungsintern prüfen und kündigt an, sich „in der kommenden Woche umfassend zu den Vorwürfen zu äußern.“
Hintergrund der Kritik
Hintergrund ist der Antrag der SPD-Fraktion vom 5. August 2022. Darin hatte die SPD angeregt, zu prüfen, ob das marode Lehrschwimmbecken die Voraussetzung für das Förderprogramm des Bundes „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur (SJK)“ erfülle. Dadurch, so Fraktionsvorsitzender Samir Schneider, wären 45 Prozent der Kosten vom Bund übernommen worden. Um dies zu prüfen, hätte die Stadt bis zum 30. September eine Projektskizze und eine Kostenschätzung vorlegen müssen.
Damals hatte Dirk Terlinden entgegnet, dass solche Zahlen nicht vorlägen: „Mir wäre es auch lieber, wir hätten alles sofort auf Knopfdruck da“, so Terlinden damals wörtlich. Die Modernisierung des Lehrschwimmbeckens stufte auch der Verwaltungschef damals als wichtig ein und führte aber aus: Die beantragte Prüfung des finanziellen Modernisierungsbedarfes würde Personal, das dringend an anderen Stellen benötigt werde, zu stark binden. Außerdem kritisierte Terlinden den hohen Eigenanteil von 55 Prozent. Geld, dass die Stadt an anderer Stelle brauche. Schließlich verständigte sich der Rat darauf, die Kosten zu prüfen, ohne sich für eine Förderung zu bewerben.
Im Gespräch zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen erneuert Terlinden – unabhängig von alten oder aktuellen Zahlen zur Sanierung des Lehrschwimmbeckens – seine Ansicht: „Die Mindestfördersumme des Programms liegt bei 1 Million Euro. Damit läge der Eigenanteil der Stadt Bad Laasphe bei 1,2 Millionen.“