Bad Laasphe. Ein Jahr nach der Kommunalwahl: Dirk Terlinden hat offenbar gut ins Amt gefunden. Kritik des Bad Laasphers Martin Achatzi nimmt er gelassen.

Die geplanten Bürger-Sprechstunden kommen – im nächsten Jahr. Das kündigt Bad Laasphes Bürgermeister Dirk Terlinden im Interview mit unserer Redaktion an. Außerdem erläutert er, warum er die Abiturienten in den Blick nimmt. Und spricht über „Wohnraum als Kernfrage“.

Steckbrief: Dirk Terlinden

Dirk Terlinden ist 53 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Töchter.

Der Diplom-Verwaltungswirt ist bis zu seinem siebten Lebensjahr in Feudingen aufgewachsen, zog dann mit seinen Eltern ins Rheinland.

Nach dem Abitur absolvierte Terlinden eine duale Ausbildung bei der Stadt Leverkusen. Vor seinem Amtsantritt in Bad Laasphe war er dort Leiter des Büros Oberbürgermeister.

Dirk Terlinden lebt in Feudingen, wo er seit 2010 „aus meiner Familie heraus“ ein Wohnhaus hat.

Etwas mehr als ein Jahr ist seit den NRW-Kommunalwahlen am 13. September 2020 vergangen. Wie haben Sie selbst inzwischen in das Amt hineingefunden?

Die Wahl ist jetzt ein Jahr her, mein Amtsbeginn war am 1. November. Es sind also zehn Monate herum. Und der Einstieg war eigentlich ganz gut. Wir haben einen guten Austausch gefunden zwischen Politik und Verwaltung – etwa bei regelmäßigen Gesprächen mit den Fraktionsvorsitzenden. Das habe ich eingeführt und das hat sich bewährt.

In der Verwaltung habe ich eine motivierte Mannschaft, die mich gut aufgenommen hat und mit den nötigen Informationen versorgt – etwa, was Entwicklungen zu bestimmten Themen angeht. Wir haben in der Pandemie mit wöchentlichen Fachbereichsleiter-Runden begonnen, die wir jetzt bei Bedarf fortsetzen. Etwa zu der aktuellen Frage: Wie gehen wir mit der höheren Nachfrage bei der Briefwahl um?

Wie reagieren Sie ganz grundsätzlich auf den jüngsten Offenen Brief des ehemaligen Bad Laaspher CDU-Politikers Martin Achatzi? Haben Sie Ihm schon geantwortet?

Ich werde Herrn Achatzi persönlich nicht darauf antworten. Ich wüsste auch nicht, warum. Denn die von ihm angesprochenen Themen sind längst bekannt. Wenn jemand elf Jahre in politischer Verantwortung war und sich dann selbst über die Vergangenheit kritisch äußert, dann kann man sich dazu so seine Gedanken machen.

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Warum, glauben Sie, wenden sich die Bad Laaspher Bürger laut Martin Achatzi mit ihren Sorgen an ihn? Was von den Sorgen der Bürger – oder auch Anerkennendes – kommt denn bei Ihnen direkt an?

Es ist ja nicht so, dass ich nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern rede. Deren Anregungen und Gedanken nehme ich natürlich gerne zu unterschiedlichen Gelegenheiten auf. Oder auch Fragen danach, wie es bei Aldi oder WKW weitergeht. In beiden Fällen ist es mir wichtig, dass eine vernünftige, gewerbliche Nachfolge-Nutzung kommt – und zwar dauerhaft. Und dass damit auch Arbeitsplätze erhalten bleiben oder neue entstehen. Beispiel Erndtebrücker Eisenwerk: Wichtig für die Region ist, dass die Firma ihren Betrieb unter den neuen Bedingungen wirtschaftlich in die Zukunft führen kann.

Und was gibt’s da sonst noch an wichtigen Themen?

Bürgermeister-Besuch bei der Feuerwehr in Rüppershausen: Dirk Terlinden (links) übergibt den symbolischen Schlüssel für das neue Tanklöschfahrzeug TLF 3000 an den Leiter der Feuerwehr Dirk Höbener (Mitte). Rechts der stellvertretende Rüppershäuser Löschgruppenführer Jens Höse.
Bürgermeister-Besuch bei der Feuerwehr in Rüppershausen: Dirk Terlinden (links) übergibt den symbolischen Schlüssel für das neue Tanklöschfahrzeug TLF 3000 an den Leiter der Feuerwehr Dirk Höbener (Mitte). Rechts der stellvertretende Rüppershäuser Löschgruppenführer Jens Höse. © Feuerwehr Bad Laasphe

An mich herangetragen werden auch Sorgen der Bürgerinnen und Bürger etwa über den Fortbestand von Vereinen oder die Nachwuchs-Gewinnung bei den Feuerwehren mit Blick auf die Corona-Pandemie.

Ein wichtiges Thema ist ferner die Versorgung mit Wohnbau-Grundstücken. Da haben wir ein echtes Problem, denn die Stadt verfügt über keine solchen Grundstücke mehr. Und von privaten Eigentümern werden bebaubare Grundstücke leider oft nicht zur Verfügung gestellt. Die niedrigen Darlehenszinsen sind ebenfalls eine Ursache. Dazu kommen über die Regionalplanung Forderungen des Landes NRW, die Wohnbauflächen im Stadtgebiet mittelfristig zurückzufahren.

Wie halten Sie den direkten Draht zu den Bürgerinnen und Bürgern?

Ich hatte ja von Anfang an schon geplant, Bürger-Sprechstunden einzuführen -- da ist mir aber die Corona-Pandemie dazwischengekommen. Die Sprechstunden habe ich aber fürs nächste Jahr vor. Und auch der Kontakt zu den Ortsvorstehern steht auf meiner Agenda. Eine zweite Ortsvorsteher-Dienstbesprechung soll im November stattfinden. Nicht zuletzt habe ich auch schon den ein oder anderen Verein oder Firmen besucht – und durchaus Einzelpersonen mit Gesprächsbedarf. Mehr geht natürlich immer (lacht).

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Bezahlbarer Wohnraum, ein ganzheitliches Stadt- und Verkehrsentwicklungskonzept mit Bürgerbeteiligung, Erweiterung der kommunalen Gewerbegebiete, das Verbot von Schottergärten, die Erweiterung des Bürgerbusses auf weitere Ortschaften – insgesamt 24 politische Ziele haben Sie und die Parteien, die Sie bei der Kommunalwahl ins Amt gehoben haben, formuliert. Was davon haben Politik und Verwaltung bisher erreicht?

24 politische Ziele – das ist nicht meine Baustelle als Mann der Verwaltung.

Nehmen Sie das Beispiel „Ärztliche Versorgung“, das Martin Achatzi als Thema der Zukunft benennt. Das ist zwar ein wichtiges Thema gerade im ländlichen Raum, aber: Da ist die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe gefragt, was die Zulassung von Haus- und Fachärzten angeht. Dass es funktionieren kann, zeigen die Verbesserungen in der Bad Laaspher Praxis Dr. Weidemann mit dem neuen MVZ.

Oder die Zukunft des Aldi-Zentrallagers, der WKW in Banfe oder des ehemaligen WIKULA-Geländes: Alles Objekte, die nicht im kommunalen Zugriff liegen – sie gehören Privateigentümern. Gleiches gilt auch für die Kliniken in Bad Laasphe. Aber im ehemaligen AWO-Seniorenzentrum, da tut sich etwas. Es wird zu zusätzlichem Wohnraum führen, wenn dort der geplante „Wohnpark Rothaarsteig“ entsteht.

Eine der Bad Laaspher Kliniken, in denen es offenbar nicht weitergeht: die „Emmaburg“ mitten in der Kernstadt.
Eine der Bad Laaspher Kliniken, in denen es offenbar nicht weitergeht: die „Emmaburg“ mitten in der Kernstadt. © Eberhard Demtröder

Oder Windkraft im Banfetal – da gibt es nur zwei Positionen: Entweder sind individuelle Anlagen genehmigungsfähig – oder wir weisen eine Vorrangzone aus. Aber auch dann wird es Windräder geben. Aktuell ist es gar nicht möglich, genehmigungsfähige Anlagen zu verhindern. Mit Vorrangzonen sind wir aber auf einem guten Weg.

Oder kommunale Gewerbegebiete wie zum Beispiel in Feudingen: Zehn Jahre ist da bis vor kurzem bei der Nachfrage nichts passiert – es gab also seinerzeit keinen Druck, Gewerbeflächen vorzuhalten.

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Oder Konzepte mit Bürgerbeteiligung: Ich sehe nicht, dass man für eine Ortsumgehung überhaupt noch Bundesmittel bekommt. Und bis zu einer Umsetzung würden Dekaden vergehen. Für den Abschnitt der B 62, der im Bereich Kernstadt vom Landesbetrieb in Kooperation mit der Stadt überplant werden soll, sollte es bis 2025 auch eine Bürgerbeteiligung geben.

Und was ist überhaupt „bezahlbarer Wohnraum“? Wir haben ja keine städtische Wohnungsgesellschaft. Da gibt’s die Wohnungsgenossenschaft Wittgenstein, die derzeit in ihren Bestand investiert.

„Seit über zwölf Jahren schläft Bad Laasphe den Dornröschen-Schlaf und entwickelt sich immer mehr zurück“, kritisiert Achatzi. Und fürchtet, dass Bad Laasphe im Wittgensteiner Vergleich abgehängt werden könnte. Wie ist Ihre Perspektive?

Das ist eine schöne Sorge, die Herr Achatzi da hat – die teile ich aber nicht. Wir gucken alle nach vorne – sowohl Politik als auch Verwaltung.

Die Bevölkerungszahl in Bad Laasphe schrumpft nach Forschungen der Universität Siegen im kreisweiten Vergleich am deutlichsten. Woran liegt das? Was ist dagegen zu tun?

Die Versorgung mit Wohnraum ist eine Kernfrage. Aber wir haben ja schon „Auf dem Breitenacker“ in Feudingen oder am Galgenberg in der Kernstadt etwas für junge Familien angeboten. Wenn ich aber keine Gewerbeflächen anbieten kann, können für diese Familien auch keine Arbeitsplätze entstehen.

Und die Stadt mit Hilfe von Fördergeldern attraktiver zu machen, ist ein zweischneidiges Schwert. Jedenfalls muss man sich gut überlegen, wo man öffentliche Mittel gezielt einsetzt.

Gibt es auch Entwicklungen, die von Vorteil für Bad Laasphe sind?

Der Wochenmarkt auf dem Bad Laaspher Wilhelmsplatz – ihn besuche er regelmäßig, so Bürgermeister Dirk Terlinden.
Der Wochenmarkt auf dem Bad Laaspher Wilhelmsplatz – ihn besuche er regelmäßig, so Bürgermeister Dirk Terlinden. © Eberhard Demtröder

Gut ist, dass der ländliche Raum durch die Pandemie wieder interessanter für die Menschen wird. Da ist eine Trend-Umkehr erkennbar. Allerdings ist das ein langwieriger Prozess, der nicht in eine Legislatur-Periode passt.

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Eine zentrale Herausforderung für mich ist: Was machen unsere Abiturienten? Wie können wir die in der Region halten? Ich habe deshalb einen Kontakt zwischen dem Städtischen Gymnasium, der Universität Siegen und den heimischen Unternehmen hergestellt, damit hier ein Klebe-Effekt entsteht. Da sind wir schon auf einem sehr guten Weg. Übrigens auch mit dem „Digitalum“, um die Ausbildung nach vorn zu bringen. Hier ist mir die Netzwerk-Struktur wichtig.

Manche Bad Laaspher vermissen Ihre Präsenz in der Öffentlichkeit. Halten Sie das für gerechtfertigt? Welche Rolle spielt womöglich die Corona-Pandemie dabei?

Der Eindruck entsteht durch Corona, davon gehe ich ganz stark aus. Und ich muss ja auch im Rathaus präsent sein. Ich gehe aber regelmäßig auf den Wochenmarkt.

Wie unterstützt Sie Ihre Familie?

Meine Familie unterstützt mich wie in der Vergangenheit auch.