Bad Berleburg. Steigendes Preis- und Zinsniveau bremsen den Bauboom. Aber es gibt Branchen, in denen es jetzt erst richtig los geht. Das zeigt ein Messebesuch.
Nach einem Jahr Pandemie-Pause ist die größte Wittgensteiner Fachmesse fürs Bauen wieder da. Die Immobilienmesse der Sparkasse Wittgenstein mit knapp 40 Ausstellern aus Handel, Handwerk und Industrie hatte am Samstag weniger Aussteller und Besucher - trotzdem sind alle mehr als zufrieden und das hat unterschiedliche Gründe. Corona, die Ukraine-Krise, anziehende Preise und steigende Zinsen sind dafür verantwortlich.
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„Ich habe zwar weniger Gespräche geführt, dafür aber sehr vielversprechende“, kommentiert Carsten Wydra vom Bauunternehmen CEDE-Haus aus Wallau seinen Messetag. Genauso sieht es auch Sebastian Limper. Als Leiter des Immo-Centers der Sparkasse Wittgenstein ist er Organisator der Messe. „Wir wollten einfach zeigen, dass wir nach der Coronapause im letzten Jahr wieder da sind“, bringt Limper das Ganze auf einfache Formel und ist mit rund 40 Unternehmen auch sehr zufrieden. „Viele Aussteller haben uns gesagt, dass es weniger Besucher waren, dafür aber qualifiziertere Gespräche gegeben hat“.
Nachfrage nach Holzöfen
„In den letzten zwei Jahren lief es bombastisch“, sagt André Kloos, Juniorchef des gleichnamigen Handwerksunternehmens aus der Bad Berleburger Herrenwiese. Kloos bietet Fließen, Bäder, Natursteine und Öfen an und profitierte von zwei Trends - den zum Bauen und Modernisieren und dem zu alternativen Heizformen. Aber Kloos ist Realist und glaubt, dass der Bauboom nicht anhalten wird: „Im Moment läuft es noch, aber die Delle wird kommen“, sagt er und begründet das mit den allgemeinen Preissteigerungen. Die Ukraine spielt keine große Rolle. „Dort werden zwar viele Fliesen produziert, aber wir arbeiten im Wesentlichen mit Deutschen Produzenten zusammen. Deshalb haben wir kaum Lieferverzögerungen“, so Kloos. Nur bei den Holz- und Pellet-Öfen spielen steigenden Gas- und Ölpreise eine Rolle. „Und Holz zu verfeuern, ist zumindest CO2-neutral“, sagt Kloos.
Andreas Rockel: „Wir werden überrannt“
Ein paar Meter weiter hat Andreas Rockel seinen Stand aufgebaut. Mit seiner Firma verkauft der Bad Berleburger Photovoltaik-Anlagen. „Wir sind total überrannt worden“, berichtet er und verweist auf volle Auftragsbücher. Der Trend zu Erneuerbaren Energien einerseits und die steigenden Strom- und Heizkosten andererseits befeuern sprichwörtlich sein Geschäft. „Wir haben innerhalb von sechs Wochen seit Januar das verkauft, was wir sonst innerhalb eines Jahres verkaufen“, schmunzelt Rockel. Aber das hat auch Folgen: Am Markt sind Solarpanele und die dazugehörige Technik extrem gefragt. Es gibt Lieferschwierigkeiten und Preissteigerungen. „Dass der Hafen in Shanghai geschlossen ist, haben wir noch nicht gemerkt. Aber das kommt noch und wird schlimmer als die Sperrung des Suez-Kanals“, sagt Rockel voraus.
Trend zu Naturmaterialien
Ein weiterer Trend ist der zu Naturmaterialien im Bau. Malermeister Stephan Wahl bietet Lehmputze oder Trockenbau mit Baumaterialien aus Lehm und Jute an. „Das wird in den letzten Jahren immer mehr“, sagt der Wemlighäuser, der sich seit 2008 als „Lehmputzprofi“ bezeichnet und erfolgreich eine Nische besetzt. Lehm als Baumaterial - hergestellt aus Erden aus Deutschland - biete neben verschiedenen Naturfarbtönen auch hervorragende Raumklimaeigenschaften. Wer beispielsweise Gipskarton durch die schwereren Lehmplatten ersetze, können sich über deren Wirkung als Wärmespeicher im Winter und die kühlende Wirkung im Sommer freuen. Abgesehen davon ist es ein Werkstoff ohne künstliche Zusätze, der seit Jahrtausenden verwendet wird. Nur einen Haken hat das Ganze: Es ist etwas teuerer.