Niederlaasphe. Christian Gerhardt hat Wärmepumpen mit entwickelt, weiß worauf Interessierte achten müssen und warum sie nicht nur für Neubauten ideal sind.

Wärmepumpen sind der Trend. Explodierende Heizölpreise. Unsicherer Gaslieferungen forcieren das Thema, das durch den Klimawandel und gezielte Förderung von nicht fossilen Brennstoffen ohnehin schon Fahrt aufgenommen hat. Wir haben mit dem Hesselbacher Christian Gerhardt gesprochen. Der Diplomingenieur hat bei Viessmann selbst an der Entwicklung der Technik mitgearbeitet und betreibt seit Jahren ein Heizungs, Sanitär- und Installateur-Unternehmen in Niederlaasphe, das er vom Vater übernommen hat.

Der Trend geht zu Wärmepumpen. Sie sind der Fachmann. Was ist der Grund für diesen Hype?

Christian Gerhardt: Bei vielen ist es der Weg-von-Hype, sprich weg von Öl und Gas. Das war schon vor der jetzigen Situation mit dem Ukrainekrieg so. Die Idee, sich unabhängig von Gas und Öl zu machen, ist jetzt aber explodiert. Und das Schöne an diesen Wärmepumpen ist, ich habe keine große räumliche Lagerhaltung im Gebäude - zum Beispiel im Vergleich zu einer Holzheizung, bei der ich mit Scheitholz, Hackschnitzeln oder Pellets heize. Weg von Öl und Gas könnte ja auch heißen: Hin zum Holz – und viele in Wittgenstein gehen in diese Richtung. Aber die Wärmepumpe ist eine rein automatisierte Heizung, bei der ich im Vergleich zu einem Scheitholzkessel ganz automatisiert heizen kann.

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Also wird der Heizungskeller halb so groß, weil ich mir die Öltanks sparen kann….

Das fällt weg und ich habe keinerlei Geruchsbelästigung im Gebäude. Das sind die Hauptgründe für eine Wärmepumpe. Und ich bin durch meine kostenlosen Energiequellen wie Außenluft oder Erdwärme in der Lage, kostengünstig – in Relation zu Öl und Gas – zu heizen.

Viele können sich unter der Wärmepumpe wenig vorstellen. Ich habe mal gehört, die funktioniert wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt. Deswegen die Frage an den Fachmann: Wie funktioniert eine Wärmepumpe?

Diplomingenieur Christian Gerhardt aus Niederlaasphe bietet seinen Kunden aus Überzeugung  immer öfter Wärmepumpen an. Bevor er den Installateurbetrieb eröffnete hat er bei Viessmann in der Entwicklung dieser Heizungstechnik mitgearbeitet.
Diplomingenieur Christian Gerhardt aus Niederlaasphe bietet seinen Kunden aus Überzeugung  immer öfter Wärmepumpen an. Bevor er den Installateurbetrieb eröffnete hat er bei Viessmann in der Entwicklung dieser Heizungstechnik mitgearbeitet. © WP | Lars-Peter Dickel

Der Kühlschrank ist ein gutes Beispiel. Daran kann man es gut festmachen. In einem Kühlschrank entziehe ich einem definierten Raum Energie - dadurch kühle ich den Raum – und gebe diese an einen undefinierten Raum ab. Das ist der Raum hinter dem Kühlschrank. Da ist es immer warm. Also man könnte mit einem Augenzwinkern sagen, man kann mit einem Kühlschrank heizen. Bei der Wärmepumpe ist es so: Ich entziehe einem undefinierten Raum, also der Außenluft oder der Erde, Energie und gebe diese an einen definierten Raum - das Innere des Hauses - wieder ab.

Das sind drei Stationen: Erstens meine Energiequelle: Also Außenluft oder Geothermie - sprich Erdwärme. Dann habe ich die Wärmepumpe an sich. Darin befindet sich ein Kältemittel. Und die dritte Ebene ist das Heizungswasser im System.

Die Zauberei ist, dass das Kältemittel in einer Wärmepumpe schon bei sehr niedrigen Temperaturen seine Aggregatzustand ändert. Das ist ähnlich wie beim Wasser, das bei 100 Grad gasförmig wird. Das Kältemittel wird schon bei -4 bis -7 Grad gasförmig.

Das heißt, vorher ist es flüssig?

Genau. Es ist erst flüssig und wird dann gasförmig. Und dieses Gas komprimiere ich. Das ist der Moment, wo ich Geld reinstecke, weil ich den Verdichter, der das Kältemittel komprimiert, mit Strom betreibe. Dadurch erhöhe ich den Druck auf das Kältemittel und Druck heißt Energie. In einem anderen Bauteil der Wärmepumpe entspannt sich das Kältemittel wieder und gibt die Energie als Wärme ab. Dieser Prozess läuft kontinuierlich ab.

Wenn ich diese Energie der Umgebungsluft oder dem Boden entziehe, heißt das dann ich habe eine unerschöpfliche Quelle?

Ja, bei der Luft habe ich eine unerschöpfliche Quelle. Bei der Erdwärme verhält sich das etwas anders. Wir haben in Wittgenstein wasserführende Schieferschichten, in die gebohrt wird. Das ist optimal, weil Wasser als Energietransporter kontinuierlich Wärme liefert. Aber man muss die Anlage genau dimensionieren, um nicht zu viel Wärme zu entziehen. Dann könnte es im Erdreich zu einer Vereisung kommen, die die Sonde zerstört.

Wie kann ich das verhindern?

Das kann nicht passieren, wenn man es mit den richtigen Leuten macht. Dazu gehört die Kombination aus Heizungsbauer und Bohrfirma. Der große Fehler wäre beispielsweise, wenn man an der Bohrung sparen will und eine zu große Wärmepumpe installiert. Die zieht ihre Wärme und dann friert die Bohrung tatsächlich kaputt. Weil das alles gut dimensioniert werden muss, sollte man sich an namhafte Heizungsbauer und Bohrfirmen wenden.

Bei Erdwärme ist es doch so, dass es wärmer wird, je tiefer ich bohre. Minusgrade wie in der Umgebungsluft gibt es dort nicht...

Das ist der Unterschied zwischen Luft-Wärmepumpe und Sole-Wärmepumpe. Bei der Luft-Wärmepumpe habe ich eine saisonale Schwankung. Das heißt, im Winter, wenn ich die Wärmepumpe am meisten brauche, habe ich meinen schlechtesten Wirkungsgrad, weil ich niedrige Außentemperaturen habe. Mittlerweile sind Wärmepumpen auch dafür sehr gut geeignet. Der Solebohrung ist es vollkommen egal, ob wir 17. Juli oder 17. Dezember haben. Ab vier Metern Tiefe ist der Energiefluss da gleich. Deswegen ist der Wirkungsgrad einer Sole-Wärmepumpe auch höher als der einer Luft-Wärmepumpe.

Für wen ist ein Wärmepumpensystem interessant?

Beim Neubau, in dem ich alles gestalten kann, ist die Wärmepumpe fast alternativlos, weil ich in der Lage bin, mit großen Flächenheizungen zu arbeiten. Aber auch im Altbau bin ich in der Lage, bei einer vernünftigen Auslegung von Bohrung, Wärmepumpe und Heizverteilflächen, diese Technik zu nutzen.

Es ist für alle Bauten geeignet, wenn es richtig ausgelegt ist. Der Nachsatz ist sehr wichtig, weil man da einige Fehler machen kann.

Hier im Firmengebäude gibt es handelsübliche Heizkörper, die mit einer Wärmepumpe betrieben werden. Aber solche Radiatoren werden doch in normalen Heizungen mit viel höheren Vorlauftemperaturen genutzt. Muss dann in einem die Wärmepumpe in einem Altbau wie diesem anders dimensioniert werden, weil ich keine Flächenheizkörper nutze?

Genau. Die Pumpen sind mittlerweile alle in der Lage, 60 bis 65 Grad Vorlauftemperatur zu machen, brauchen dann aber mehr Strom. Das heißt, wenn wir in der Lage sind, eine Vorlauftemperatur von 40 Grad zu fahren, haben wir einen größeren Wirkungsgrad. Das erreichen wir, indem wir die Heizflächen vergrößern. Ideal sind Fußbodenheizungen oder ähnliches. Aber auch mit Radiatoren in entsprechender Dimensionierung kann ich das auch erreichen. Deswegen kann das auch in der Sanierung von Altbauten umgesetzt werden. In der jetzigen Situation ist die Bandbreite von Alt- bis Neubau. Privat haben wir eine Erdwärmepumpe in einem Haus von 1844. Das würde als Altbau durchgehen - lacht - und da sind noch Heizkörper drin.

Wenn ich mich für eine Wärmepumpe interessiere, welche Kernfragen muss ich beantworten?

Eine grundlegende Frage ist: Welche Stromversorgung habe ich im Haus? Ich brauche einen Starkstromanschluss. Ich muss beachten, dass die Heizflächen vernünftig ausgelegt sind. Je nachdem, ob ich mich für eine Sole-Wärmepumpe mit Erdbohrung oder eine Luftwärmepumpe entscheide, geht es auch noch um Grenzabstände zu den Nachbarn. Und ganz wichtig wäre, eine Fachfirma zurate zu ziehen und nicht einfach ein Angebot telefonisch einzuholen. Aus meiner Sicht kann man ein Angebot für eine Wärmepumpe nur mit Ortstermin machen, denn im Gegensatz zu Öl und Gasheizungen ist eine Wärmepumpe immer individuell auf das Gebäude zugeschnitten.

Das heißt aber auch, dass ich sehr genau nachdenken muss. In vielen Fällen werden Häuser später verändert. Im Regelfall wird etwas angebaut. Das sollte man dann vorher berücksichtigen. Dann brauche ich einen Puffer, oder?

Das ist ein sehr gutes Stichwort. Für eine Wärmepumpe empfehlen wir immer auch eine Wärmepuffer, der auch Platz wegnimmt. Weil der Verdichter der Wärmepumpe ein Motor ist. Wenn der nur Kurzstrecke mit Start und Stopp fährt, geht der schneller kaputt, als wen er längere Lauf- und Stillstandzeiten hat. Das erreiche ich mit einem Wärmepufferspeicher.

Wärmepuffer heißt einen Warmwasserspeicher?

Ja, aber keinen Trinkwasserspeicher, sondern Heizungspufferspeicher. Je nach Pumpendimension und Hausgröße ist der zwischen 50 bis 800 Liter groß. Die Wärmepumpe heizt dann den Pufferspeicher auf und geht aus. Ist der Speicher entladen, geht die Pumpe wieder an. Dadurch erhöhe ich die Lauf- und Stillstandzeiten und damit die Lebensdauer der Pumpe.

Wärmepumpen werden häufig mit Photovoltaik kombiniert. Muss man das machen?

Wenn ich in Richtung Autarkie gehen will oder betriebswirtschaftlich, ist das genau richtig. Aber man muss das nicht. Außerdem gibt es einem ein gutes Gefühl, wenn ich sagen kann: Den Strom, den ich verrauche, erzeuge ich selbst. Von der Investition her ist es ein großer Schritt. Aber ich schaffen eine Unabhängigkeit.

Hat die Technik auch Nachteile?

(Überlegt lange) Für mich ist die Kombination einfach top. Das Einzige was mir noch einfällt: Als wir damals unsere Erdwärmepumpe installiert haben, hat mich jemand gefragt, was macht ihr denn, wenn der Strom ausfällt? Da habe ich geantwortet: Das Gleiche, wie du mit deiner Ölheizung, denn die braucht auch Strom. Gut, wenn ich von der Modernisierung ausgehe, ist es nicht der reine Kesseltausch. Große Nachteile sehe ich aber nicht.

Zu guter Letzt: Die Gretchenfrage: was kostet so etwas?

Da die Anlagen so individuell sind, kann ich keinen Preis sagen.

Aber es ist teurer als der Tausch einer Gas- oder Ölheizung.?

Ja. Aber Wärmepumpen werden gefördert. Wenn ich von Gas auf Wärmepumpe umsteige, sind es 35 Prozent und bei Öl 45 Prozent der Kosten, dennoch ist es teurer als ein reiner Tausch des Kessels.