Bad Berleburg. Immer mehr Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule und wünschen sich dort mehr Parkplätze. Doch von den Schulen gibt’s massive Kritik.

Ein typischer Mittag gegen 12.45 Uhr vor der Städtischen Grundschule „Am Burgfeld“ im Eichenweg. Mehrere Autos rauschen heran. Am Steuer: Väter oder Mütter, die ihre Kinder vom Unterricht abholen. Was sie sich wünschen: Mehr Parkplätze direkt vor dem Eingang der Schule. Was sich dagegen die Schulleitung wünscht: Mehr Kinder, die zu Fuß kommen.

Die Eltern

Sarah Wollny wartet auf ihre Nichte, die in die 3. Klasse geht. Fürs Abholen nutzt sie ihre Mittagspause im Büro – und pickt auf ihrer Runde auch ihre beiden eigenen Söhne bei der Tagesmutter und eine andere Nichte aus der Kita „Senfkorn“ am Sengelsberg auf.

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Mutter Nicole Freier befürwortet Elterntaxis nur, „wenn die Kinder gar nicht anders zur Schule kommen“. Dass die Kinder etwa vom Sengelsberg aus zum Burgfeld laufen, sei für sie bei dem Verkehr etwa auf Ederstraße und Poststraße (B 480) nicht zumutbar.

Auch Vater Mark Homrighausen holt seinen Sohn aus der 2. Klasse ab – doch parkt er etwas weiter unterhalb der Schule auf dem Parkplatz der Evangelischen Gemeinschaft an der Fürst-Richard-Straße, geht zu Fuß zur Schule, um den Sohn dort in Empfang zu nehmen.

Grundschule am Burgfeld

Anja Drenkelfort, Leiterin der Städtischen Grundschule am Burgfeld: „Wenn die Busse morgens gegen 8 Uhr kommen, brennt es so richtig.“
Anja Drenkelfort, Leiterin der Städtischen Grundschule am Burgfeld: „Wenn die Busse morgens gegen 8 Uhr kommen, brennt es so richtig.“ © Eberhard Demtröder

Drei Beispiele, wie und warum sogenannte „Elterntaxis“ im Einsatz sind. Und das sieht Anja Drenkelfort, Leiterin der Städtischen Grundschule „Am Burgfeld“ durchaus „problematisch“. Da müsse die Politik dringend etwas tun.

Was Drenkelfort ganz besonders stört: Dass Eltern mitten in der Buswende vor der Schule parken, um ihre Kinder abzusetzen oder abzuholen – im absoluten Halteverbot. Wenn sie „Bus-Aufsicht“ habe, spreche sie die Eltern auch an, so die Schulleiterin. Es sei erschreckend, wie wenig Kinder aus der Kernstadt zu Fuß in die Schule kämen. Oder mit dem Fahrrad. Dabei wäre gerade das auch viel gesünder. Selbstständiger würden sie im Elterntaxi jedenfalls nicht.

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„Wenn die Busse morgens gegen 8 Uhr kommen, brennt es so richtig“, hat Drenkelfort festgestellt. Aber auch mittags nach Unterrichtsschluss werde es vor der Schultür schnell eng: „Manche Eltern fahren direkt bis Kante Treppe.“

Drenkelforts Forderung: „Wir brauchen hier oben am Eichenweg mit Kita und Grundschule eigentlich eine Spielstraße, wo Schrittgeschwindigkeit gefahren muss.“ Bislang gilt Tempo 30. Und allzu oft gefährdeten autofahrende Eltern selbst die Schulkinder, bedauert die Schulleiterin.

Sinnvoll wäre aus Sicht der Schulleiterin folgende Regelung für die Elterntaxis: Sie halten auf dem großen Parkplatz weiter unten an der Fürst-Richard-Straße im Bereich der Evangelischen Gemeinschaft, von dem aus die Kinder dann die letzten 100 Meter bis zur Schule am Eichenweg gehen müssten – oder umgekehrt. Da hätten die Eigentümer des Parkplatzes jedenfalls nichts dagegen,

Sicher: „Es ist noch nichts passiert“, sagt Anja Drenkelfort mit Blick aufs Unfallgeschehen. „Aber man muss ja auch nicht erst darauf warten.“

Schule in Aue-Wingeshausen

„Walking Bus“, das heißt: Kinder laufen gemeinsam zur Schule. Auch und gerade morgens im Dunklen, wenn’s auf dem Schulweg zusätzlich gefährlich ist.
„Walking Bus“, das heißt: Kinder laufen gemeinsam zur Schule. Auch und gerade morgens im Dunklen, wenn’s auf dem Schulweg zusätzlich gefährlich ist. © WP

An der Städtischen Grundschule Aue-Wingeshausen hat sich das Problem seit einiger Zeit verlagert. Parkten die Eltern ihre Autos früher direkt vor der Schule, weichen jetzt viele auf den Parkplatz des nahen Sportplatzes aus. „Morgens ist die schlimmste Zeit“, berichtet Susanne Lemmen, die kommissarische Schulleiterin. „Gerade wenn es noch dunkel ist, kann es schnell gefährlich werden.“

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Viele berufstätige Eltern nutzten den Weg zur Arbeit, um ihre Kinder unterwegs an der Schule abzusetzen. Und anderen sei daran gelegen, „das eigene Kind zu schützen“ – was jedoch andere Kinder gefährde.

Grundsätzlich findet es Lemmen „wünschenswert“, wenn die Kinder aus Aue und Wingeshausen zur Grundschule im Doppelort laufen. Am besten gemeinsam wie in den sogenannten „Walking Busses“: Dazu treffen sich die Jungen und Mädchen an bestimmten Stellen im Ort, um dann in Gruppen an der Schule anzukommen. Im 1. Schuljahr werden sie noch von den Eltern begleitet.

Politische Beratung Mitte Mai

Bereits im Januar hatte die Bad Berleburger SPD-Fraktion beantragt, dass die Stadt als Schulträger ein Konzept für die „Elterntaxis“ entwickelt, um das Problem an den neun Schulstandorten im Stadtgebiet zu entschärfen.

„Wir regen dazu an, im direkten Umkreis von Schulen – falls noch keine diesbezügliche Beschilderung ohnehin existiert – ein absolutes Park- und Halteverbot einzurichten und in Schulnähe sogenannte ,Elterntaxi-Haltezonen‘ einzurichten“, so Fraktionschef An­dreas Meinecke. „Die letzten Meter könnten die Kinder dann zu Fuß zurücklegen.“

Auf der Basis einer Befragung in den einzelnen Schulen werde im Rathaus eine Vorlage erarbeitet, so Regina Linde vom städtischen Fachbereich Bürgerdienste, die dann in der nächsten Plenarwoche Mitte Mai politisch beraten werden könne.

Kann sich Lemmen spezielle Haltezonen für „Elterntaxis“ vorstellen? Höchstens ganz verteilt, sagt die Schulleiterin – „das wäre zu überlegen“. Aber die Stadt Bad Berleburg als Schulträger habe das ja bereits im Blick.

Realschule am Stöppel

„Wir beobachten vermehrt das Aufkommen von Elterntaxis“, sagt Manfred Müller, Leiter der Städtischen Realschule Bad Berleburg am Stöppel – und zwar auf dem Platz unterhalb von Haupt- und Realschule, wo auch die Schulbusse ankommen und abfahren und die Lehrer-Kollegen ihre Autos abstellten. Hier könnten spezielle Haltebuchten für Elterntaxis dazu beitragen, dass sich vor allem Bus- und Auto-Verkehr möglichst nicht mehr ins Gehege kommen.

Am Gymnasium

Was Clemens Binder, Leiter des Johannes-Althusius-Gymnasiums, vor der Schultür im Herrengarten beobachtet: „Dass die Eltern in der Nähe der Schule halten – und den Verkehr entsprechend verlangsamen“. Eine Unfallgefahr erkennt Binder nicht. Allerdings könne es eng werden, wenn eine Streife der benachbarten Polizeiwache zum Einsatz rausfahren müsse und von parkenden Autos dabei behindert werde.

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Möglichkeiten für feste Haltezonen sieht der Schulleiter allenfalls in der Graf-Casimir-Straße oder gar am Rathaus Poststraße. Aber das vermutlich wenig praktikabel. Überhaupt empfiehlt Binder jenen Schülern, die es können, aufs Rad umzusteigen. Und: Im Unterricht soll es künftig mehr Mobilitätserziehung geben.

In den Hoch-Zeiten von Corona sei es mit dem Elterntaxi im Übrigen noch schlimmer gewesen, so Binder. „Da war bei vielen Eltern die Fahrt ihrer Kinder mit dem Schulbus die Sorgen-Quelle für Infektionen – und die Autofahrt eine notgedrungene Alternative.“