Wittgenstein/Düsseldorf. Die Bürgerinitiativen freuen sich. In Düsseldorf verkünden CDU und FDP das Aus von KAG. Viel Lob kommt vom politischen Gegner aus Bad Laasphe.
Das sind gute Nachrichten für alle Anlieger. Die CDU-FDP-Landesregierung in Düsseldorf will die umstrittenen Ausbaubeiträge für kommunale Straßen abschaffen. Einen ersten Schritt in diese Richtung machte die Union mit einer Pressekonferenz in Düsseldorf, bei der die NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach, der CDU-Fraktionsvorsitzende Bodo Löttgen ankündigten, was die Koalition beschlossen habe: „Wir wollen die vorhandenen Möglichkeiten nutzen, um die Bürger zu entlasten“, so Löttgen. Und auch die Bürgerinitiativen in Bad Laasphe und Erndtebrück, die unermüdlich gegen die KAG-Abgaben gekämpft haben, geben sich im Gespräch mit unserer Redaktion erleichtert.
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Damit gehen Union und FDP nach ihrer ersten Reform des 50 Jahre alten Kommunalabgabengesetz noch einen Schritt weiter. Neben verschiedenen Maßnahmen habe vor allem die hälftige Übernahme der Straßenausbaubeiträge bereits zu einer erheblichen Entlastung geführt, so Löttgen. Nun will man die 100-prozentige Übernahme sicherstellen, bis eine endgültige Abschaffung des Gesetzes im Juni nach der Landtagswahl folgen könnte.
Kostenübernahme zu 100 Prozent bis Ende der Legislatur
Weil bislang nur elf Millionen Euro aus dem 65-Millionen-Euro-Fördertopf für die Übernahme der hälftigen KAG-Beiträge abgerufen worden sind, sollen nun die verbliebenen Mittel so eingesetzt werden, um bis zum Ende der Legislatur 100 Prozent der Kosten zu übernehmen, Christof Rasche von der FDP. Außerdem wolle man sich nach der Kommunalwahl erneut mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammensetzen und über die gänzliche Abschaffung sprechen.
SPD: Kampf hat endlich zum Erfolg geführt
Lob kommt auch vom politischen Gegner an der Basis. Der Bad Laaspher Sozialdemokrat Samir Schneider betont: „Ich freue mich, dass sich unser Kampf über viele Jahre nun endlich zum Erfolg geführt hat. Das ungerechte und existenzbedrohende KAG muss abgeschafft werden. Und es zeigt sich, dass wir gemeinsam mit den Stimmen aus Siegen-Wittgenstein viel erreichen können.“
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„Ich freue mich sehr, dass wir durch die intensive und gute Zusammenarbeit von CDU und FDP mit Kommunalministerin Ina Scharrenbach und Finanzminister Lutz Lienenkämper eine praktikable Lösung finden konnten, die durch Änderung des Förderprogramms unmittelbare Wirkung zeigen wird“, informiert die heimische CDU-Landtagsabgeordnete Anke Fuchs-Dreisbach nach der Sitzung der CDU-Landtagsfraktion am Dienstag. „Insbesondere für Siegen-Wittgenstein ist dies ein enorm relevantes Thema, für das ich mich persönlich in der Vergangenheit in Düsseldorf massiv eingesetzt habe.“
CDU: Spielräume, die wir nutzen können
„Mit einem Mittelabfluss von elf Millionen Euro nach anderthalb Jahren Laufzeit haben sich jetzt Spielräume ergeben, die wir nutzen können. Wir werden so rasch wie möglich, spätestens bis zum 30. Juni, gemeinsam mit den Städten und Gemeinden ein Konzept erarbeiten, wie die Verpflichtung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen unter Vermeidung von Konnexitätsfolgen für das Land zukünftig entfallen kann“, so Fuchs-Dreisbach abschließend.
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„Unser Einsatz an der Basis hat ein Umdenken bewirkt“, sagt der Bad Laaspher FDP-Fraktionsvorsitzende Klaus Preis. Damit „hat sich bestätigt, dass alle politischen Beschlüsse auf kommunaler Ebene richtig waren“. Und „ich denke, dass viele Bürger diese Entscheidung mit Freude hören werden“.
BI am Sasselberg: „Wir müssen jetzt nichts mehr bezahlen“
„Die Freude auf unserer Seite ist total groß“, sagt Susanne Linde, die Sprecherin der „Bürgerinitiative am Sasselberg“ in Feudingen gegen den Straßenbau mit KAG-Beiträgen. „Wir freuen uns sehr, dass es jetzt zu diesem Statement gekommen ist.“ Sicher: Die Sache müsse jetzt noch durch den NRW-Landtag, „aber das wird wohl gelingen“. Jedenfalls sei man der kompletten Abschaffung des ungerechten KAG einen großen Schritt nähergekommen. Und: „Die ganzen zwei Jahre, in denen wir gekämpft haben, waren nicht vergeblich, das hat sich gelohnt.“ Jetzt zeige sich, so Linde weiter, dass die ganze Novellierung des KAG mit dem Ziel, die Anlieger-Beiträge zu halbieren, nichts gebracht habe – „bis auf einen enormen bürokratischen Aufwand, der die Kosten nur weiter in die Höhe getrieben hätte“.
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Die BI-Sprecherin geht allerdings davon aus, dass die NRW-CDU dieses Vorgehen „wohl ganz bewusst eingesetzt“ habe, um bei der anstehenden NRW-Landtagswahl am 15. Mai Wählerstimmen zu bekommen. Eigentlich habe die SPD im Landtag ja noch einen eigenen Gesetzentwurf einbringen und abstimmen lassen wollen. Wie auch immer, so Susanne Linde: „Das Ergebnis ist da – und was wird als BI erreichen wollten, ist erreicht.“
Linde: „Da haben sie den Druck gespürt in Düsseldorf“
Auch „unsere Aktionen, die Briefe, die wir an den ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten Laschet und Bauministerin Scharrenbach geschrieben haben, unsere Petition – das hat alles etwas gebracht. Da haben sie den Druck gespürt in Düsseldorf, dass sie so nicht weiterkommen“, freut sich Linde. Die aktuelle Entscheidung sei in der Sache „die einzig richtige“ gewesen, die von der CDU/FDP-Regierungskoalition getroffen worden sei.
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Und für die Anlieger der neulich ausgebauten Wohnstraßen am Sasselberg bedeute dies: „Wir müssen jetzt nichts mehr bezahlen“, ist Linde erleichtert. Sie geht nicht davon aus, dass jetzt noch Beitragsabrechnungen verschickt werden. Auch nicht an Anlieger anderer zum Ausbau anstehender Straßen im Bad Laaspher Stadtgebiet. „Der Protest war am Ende zu groß“, sagt Linde, aber auch der Sanierungsstau. Nun könnten die Straßen endlich wieder saniert werden, ohne dass die Anlieger finanziell belastet würden. Für sie gebe es endlich „keine Existenzbedrohungen mehr“.
Christa Guardia: „Wir bleiben auf der Hut“
„Ich find’s nicht schlecht, dass das noch vor der Wahl geregelt wird“, sagt Christa Guardia, die als betroffene Anliegerin in Erndtebrück gegen die KAG-Beiträge gekämpft hat – „dann ist das jetzt wenigstens kein Wahlkampf-Thema“. Endlich werde ein sozial ungerechtes und auch kompliziertes Gesetz gekippt, dessen Abschaffung „längst überfällig“ gewesen sei.
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Guardia – selbst Anliegerin der Talstraße im Erndtebrücker Kernort – freut sich nun für ihre Nachbarn, aber auch die Anwohner von Weiherstraße und Oberdorfstraße, die nun schon seit 2017 zum Ausbau anstehen. Viele von ihnen hätten angesichts der bis zuletzt drohenden fünfstelligen Euro-Beiträge viel zu oft „schlaflose Nächte gehabt“. Aus Sicht Guardias hat sich „unser Kampf gelohnt“, doch: „Wir bleiben auf der Hut. Dafür haben uns die Politiker allzu oft leere Versprechungen gemacht.“