Wittgenstein. Der Wittgensteiner Kreislandwirt ist besorgt wegen der Naturschutzflächen. Das es keine Auflagen geben wird, glaubt er nicht und sagt auch warum.

Lothar Menn macht sich Sorgen. Als Kreislandwirt hat sich der Erndtebrücker intensiv mit dem Regionalplan-Entwurf und dessen Folgen für Landwirtschaft auseinander gesetzt. Bei seinen Berufskollegen herrscht erhebliche Verunsicherung wegen der Ausweisung von Naturschutzflächen. Sie fürchten um ihre wirtschaftliche Zukunft (wir berichteten). Wir haben mit Lothar Menn noch einmal über die möglichen Auswirkungen und die Ängste der Landwirte gesprochen.

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Können Sie Ihre Sorgen noch einmal zusammenfassen?

Lothar Menn Bei der Offenlegung des Regionalplans haben wir viele Dinge gelesen. Besonders betreffen uns dabei die BSN-Flächen. Im Regionalplan steht, dass diese BSN-Flächen als Ziel definiert sind, und Ziele müssen umgesetzt werden. Ganz einfach: Diese ausgewiesenen Flächen müssen irgendwann auch mit Naturschutzauflagen versehen werden. Es werden also Auflagen kommen.

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Was könnten das für Auflagen sein?

Das kann ich jetzt noch nicht beantworten. Es gibt viele Dinge. Beispielsweise ein Verbot von Spritzmitteln, Einschränkungen bei der Düngung, spätere Mähtermine und, und, und. Diese Dinge sind im Regionalplan nicht aufgeführt. Dafür ist nachher die Untere Naturschutzbehörde verantwortlich...

Das wäre der Kreis Siegen-Wittgenstein...

… Richtig. Der legt nachher die Auflagen für diese BSN-Flächen fest. Aber es ist jetzt nicht so wie Michael Gertz in der Westfalenpost gesagt hat.

Der Kreis hatte uns gesagt, er müsse nicht alle Flächen aus dem Regionalplan übernehmen und es gebe bislang keine Bewirtschaftungseinschränkungen und auch Bestandschutz.

Es gibt einen Bestandschutz und es kommen auch heute und morgen keine Bewirtschaftungseinschränkungen. Aber ich tue mich schwer, das zu glauben, wenn in dem Regionalplan Ziele festgesetzt werden. Dann hat es die Untere Naturschutzbehörde meiner Meinung nach sehr schwer, wenn sie davon abweichen will oder BSN-Flächen ganz rausnehmen will. Die Bewirtschaftungsauflagen könne die natürlich variieren, aber ganz darauf verzichten können die nicht, glaube ich.

Woher kommt dieses Misstrauen?

Das ist in der Vergangenheit begründet. Zum Beispiel bei der Ausweisung der FFH-Gebiete (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU)/Die Red.). Damals hat uns Land- und Forstwirten die damalige NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (von 1995 bis 2005 Landwirtschaftsministerin/Die Grünen/ die Red.) in Siegen gesagt, sie müsse die Flächen ausweisen, sonst müsse das Land Strafe zahlen. Es gebe aber überhaupt keine Restriktionen. Wir könnten alles weiter so machen wie bisher. Und wenn man jetzt 20 Jahre später schaut, was wir alles für Auflagen auf den FFH-Gebieten haben, wissen wir ganz genau, dass wir belogen worden sind. Deswegen haben wir diese große Sorge.

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Wir sind keineswegs gegen Naturschutz. Wir arbeiten auch sehr gut mit der Unteren Naturschutzbehörde oder der Unteren Wasserbehörde im Kreis Siegen-Wittgenstein zusammen, aber wenn wir diese BSN-Flächen bekommen, wird es auch Auflagen geben.

Nehmen wir den Landschaftsplan Bad Berleburg. Der ist aus dem Jahre 2012, wird aber irgendwann erneuert werden. Und wenn dann der Regionalplan greift, muss die Untere Naturschutzbehörde die BSN-Ziele angleichen. Das kann schon in zwei Jahren so weit sein. Aber wir Landwirte denke in Generationen.

Das betrifft also die Nachfolgegenerationen?

Ja. Ich habe den Hof schon an meinen Sohn abgegeben. Aber auch die anderen haben Söhne. Wir machen das in der neunten, zehnten Generation mittlerweile. Wir denken darüber nach, was in zehn Jahre ist. Dafür sind wir auch verantwortlich.

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Wenn die Auflagen durch den Kreis für BSN-Flächen festgelegt werden, werden die betroffenen Landwirte dann dazu angehört?

Ich weiß das nicht, aber ich gehe davon aus.

Es könnte also nach dem Anhörungsverfahren Regionalplan auch noch ein Anhörungsverfahren Landschaftsplan in den Kommunen geben und darüber hinaus treffen Regionalrat und Kommunalparlamente politische Entscheidungen. Deswegen müssen sie jetzt Einfluss darauf nehmen, was entschieden wird?

Genau - wie eben schon gesagt, wir müssen in Generationen denken.

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Jetzt hat Michael Gertz von der Unteren Naturschutzbehörde gesagt, dass alle Maßnahmen nur mit den Landwirten gemacht werden können, weil wir in einer von Land- und Forstwirtschaft geprägten Kulturlandschaft leben. Wie ist Ihre Erfahrung mit Vertragsnaturschutz?

Das ist der eigentliche Kern. Der Vertragsnaturschutz wird mit den Landwirten verhandelt. Es gibt eine Entschädigung für Nutzungsausfall und, und, und. Das läuft wunderbar! In diesem Fall ist das aber anders. Wie gesagt: Es gibt Ziele, Daraus wird ein Gesetz und dann greift das Ordnungsrecht.

Das heißt es geht nicht mehr darum, dass man eine Entschädigung bekommt, wenn man nicht mäht, sondern man muss Strafe zahlen, wenn man mäht?

Das ist durchaus möglich. Noch schlimmer ist aber, dass wir für die Auflagen, den Nutzungsausfall oder schlechtere Qualität keine Entschädigung bekommen.

Das klingt nach Enteignung?

Das hätte ich jetzt auch so gesagt. Das ist eine schleichende Enteignung - im Forst und in der Landwirtschaft. Und wenn Herr Gertz sagt, er könne von den BSN-Flächen abweichen, dann frage ich mich, warum hat die Bezirksregierung Ressourcen aufgebaut, um diese Flächen auszuweisen, wenn sich der Kreis nachher nicht daran halten muss. Dann hätte man das dem Kreis ja gleich überlassen können. Das sind Widersprüche, die man so nicht glauben kann.

Jetzt könnte man aber ja auch sagen, der Regionalplan ist ein Garnierungsvorschlag für infrage kommende Flächen für Wohnen, Industrie oder Naturschutz?

Dann hätte man diese Flächen im Plan nicht als Ziele definieren dürfen, sondern als Vorschlag, weil Ziele umgesetzt werden müssen. Wenn es keine Auflagen gäbe bräuchten wir dieses Verfahren nicht. Wie gesagt, wir sind gerne bereit, den Weg des Vertragsnaturschutzes mit der Unteren Naturschutzbehörde weiter zu gehen, aber wenn wir Ordnungsrecht übergestülpt bekommen, dass wir Flächen nicht mehr nutzen können, schränken wir die Lebensmittelproduktion ein.