Erndtebrück. Die Beweisaufnahme ist schwierig. So wie das Verhältnis von Vater und Sohn, die sich im Gerichtssaal in Bad Berleburg gegenüber stehen.

Vater-Sohn-Konflikt vor dem Amtsgericht Bad Berleburg: Viereinhalb Stunden und zehn Zeugenaussagen später noch immer keine Erleuchtung im Gerichtssaal — die Verhandlung wegen Körperverletzung in Tateinheit mit falscher Verdächtigung muss unterbrochen und an einem anderen Tag fortgesetzt werden. Die Beweislage ist äußert undurchsichtig. Es steht Aussage gegen Aussage.

Auf der Anklagebank sitzt ein 44-jähriger Erndtebrücker. Die Staatsanwaltschaft Siegen wirft ihm vor, seinen Sohn in einer Januarnacht dieses Jahres gegen die Schläfe geschlagen und ihm fälschlicherweise eine Trunkenheitsfahrt angehängt zu haben.

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Sohn geht bei Rangelei mit Vater zu Boden

„Er kam mit erhobener Faust auf mich zu. Ich habe ihn lediglich von mir weggehalten, aber ihn nicht geschlagen“, so der Angeklagte über die Begegnung mit seinem 18-jährigen Sohn. Weil sein Sohn betrunken gewesen sein soll, sei dieser in der Rangelei zu Boden gefallen.

Laut dem 44-jährigen Angeklagten habe er sich in der Tatnacht gemeinsam mit seiner Tochter und dessen Lebensgefährten auf seinem Firmengelände in Erndtebrück aufgehalten. Hier sei schließlich auch sein Sohn — das mutmaßliche Opfer — kurz nach Mitternacht aufgetaucht. Erst sei er mit seinem Auto an der Firma vorbeigefahren, wenige Minuten später sei er zu Fuß mit seiner 15-Jährigen Freundin zurückgekehrt. Laut dem Angeklagten habe der 18-Jährige herumgebrüllt und randaliert, sei außerdem sichtlich betrunken gewesen. Daraufhin habe der Angeklagte die Polizei alarmiert und dieser von der Randale und der mutmaßlichen Trunkenheitsfahrt berichtet.

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„Er lässt mich einfach nicht in Ruhe. Es gab immer nur Ärger mit ihm, seit seinem 15. Lebensjahr“, schildert der Angeklagte das schwierige Verhältnis zu seinem Sohn. Der 18-Jährige suche ihn immer wieder auf und schikaniere ihn.

Der Sohn schildert Situation anders

Die Version des 18-Jährigen klingt anders. Zwar berichtet er auch von einer äußerst schwierigen Beziehung zu seinem Vater — doch die Umstände schildert er anders. „Er geht sehr schnell hoch. Er beleidigt, dass es richtig wehtut. Mit ihm kann man nicht reden“, so das mutmaßliche Opfer über seinen Vater. Die Tatnacht hat er wie folgt in Erinnerung: Er sei gemeinsam mit seiner Freundin auf einer Feier bei einem Kumpel gewesen. Gegen Mitternacht habe er sich und seine Freundin von einem Freund abholen lassen. Dieser habe ihn und seine Partnerin bei der Firma seines Vaters abgesetzt. Der 18-Jährige habe dort mit seiner Freundin spazieren gehen wollen, dann jedoch das Auto seiner Schwester — die sich beim Vater aufgehalten hatte — gesehen und schließlich mit dieser reden wollen. „Er ist wieder ausgeflippt“, so der 18-Jährige über seinen Vater, der ihm im Zuge der verbalen Auseinandersetzung gegen die Schläfe geschlagen haben soll.

Sein Auto habe er an diesem Tag seit nachmittags nicht bewegt. Das Fahrzeug habe auf einem Park+Ride-Parkplatz in der Nähe gestanden.

„Sie wissen, dass es jedes Mal Probleme gibt“, zeigt sich Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel verärgert darüber, dass der 18-Jährige seinen Vater immer wieder aufsucht. „Irgendwann wird es so enden: Da sitzen sie beide wechselseitig in Haft und wir haben unsere Ruhe“, so Anklägerin Hippenstiel über die Vater-Sohn-Problematik.

Aussagen widersprechen sich

Trotz zahlreicher Zeugen konnte der Fall vorerst nicht geklärt werden. Auf der Seite des Angeklagten stehen seine Tochter, deren Lebensgefährte sowie zwei Nachbarn des Angeklagten. Der 18-jährige Sohn wird durch Aussagen von seiner Freundin und dem Freund, der die beiden in der Nacht zum Firmengelände gefahren haben will, unterstützt. Hier und da widersprechen sich Aussagen, teilweise verstricken sich Zeugen in Widersprüche — und nicht selten spürt man die Skepsis von Richter Torsten Hoffmann und Oberamtsanwältin Hippenstiel.

Die Verhandlung wird am 2. Juli 2021 um 12.30 mit drei weiteren Zeugen fortgesetzt, in der Hoffnung, dass diese Licht ins Dunkle bringen werden.