Siegen/Bad Laasphe. Die 1. Große Strafkammer des Siegener Landgerichts verurteilt den 55-Jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe.
Ein Jahr und zehn Monate für eine gefährliche Körperverletzung in einem minderschweren Fall – das ist die Entscheidung der 1. Großen Strafkammer über den Vorfall im Sommer 2018 gegenüber des „Eckpunkt“ in Bad Laasphe. Dort hatte der 55-jährige in den Morgenstunden des 15. Juli einem Bekannten ein Messer in den Bauch gestoßen. Einbezogen in das Urteil wurde ein Strafbefehl des Amtsgerichts über einen versuchten Diebstahl, den der Mann an seinem eigenen Fahrrad begangen haben sollte. Er hatte der Polizei den Sachverhalt nicht erklären können.
Hintergründe bleiben unklar
Der in Kasachstan geborene Mann steht unter Betreuung, ist alkoholsüchtig und psychisch krank. Trotzdem lehnt die Kammer eine Unterbringung des Angeklagten in der Psychiatrie oder auch in einer Entziehungseinrichtung ab. Im Gegensatz zum Sachverständigen Dr. Schlömer und auch der Staatsanwältin sehen die Richter keine erhöhte Aggression und keine Wiederholungsgefahr bei dem Mann. Die Tat könne der bipolaren Störung nicht zugeordnet werden, die praktisch schon seit seiner Jugend bestehe und bis zum Sommer 2018 niemals eine ähnliche Tat zur Folge gehabt habe.
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Apropos Tat: Sehr viel haben die Vorsitzende Elfriede Dreisbach und ihre Kollegen dazu nicht positiv feststellen können. Das Opfer und seine Begleiter seien am frühen Morgen im „Eckpunkt“ auf den ihnen teils bekannten Angeklagten getroffen und auch mit ihm in verbalen Streit geraten. Nach Schließung der Gaststätte kam es gegenüber an der Bushaltestelle erneut zur Auseinandersetzung, dabei zog der 55-Jährige überraschend das Messer und stach zu. Die Hintergründe seien nicht feststellbar. „Alle waren viel zu betrunken, um sich heute noch zu erinnern“, bedauert die Vorsitzende.
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Nur ein Zeuge, ein Anlieger, habe nichts getrunken. Trotzdem sei auch dessen Erinnerung unzureichend gewesen. Der Angeklagte habe sich mehrfach eingelassen und mehrere Versionen abgeliefert. Dessen Motivation bleibe „für uns völlig im Dunkeln“, betont Elfriede Dreisbach. Die von ihm einmal angegebene Situation, dass er schon vorher mit dem Messer gedroht habe, um sich zu verteidigen, sei von niemandem bestätigt worden.
Angeklagter bedauert Vorfall
Immerhin hält die Kammer ihm zu Gute, dass er zum Zeitpunkt des Vorfalls in einer manischen Hochphase seiner psychischen Erkrankung war. Der Alkohol, nach dem Gutachten ist von knapp 2 Promille auszugehen, hat zur Enthemmung beigetragen. Aber alles bleibt eine Ausnahme. Die Kinder haben von Gewalt gegen Sachen berichtet, der älteste Sohn von Prügel, aber als gewalttätig wollen die Richter den Angeklagten nicht einstufen.
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Er selbst hat die Tat im letzten Wort bedauert, sich gewünscht, den Tag und das Geschehen rückgängig machen zu können. „Dann wäre ich nie in die Kneipe gegangen, aber es geht ja nicht“, sagt er. Elfriede Dreisbach warnt ihn davor, noch einmal straffällig zu werden. Gerade ist noch ein weiterer Strafbefehl bekanntgeworden, wegen BTM-Verstößen 2019.
Nochmal so etwas, und er müsse doch ins Gefängnis. Auch dann, „wenn Sie Ihren Bwährungshelfer so behandeln, wie Ihren Betreuer und nicht mitarbeiten“, betont die Vorsitzende. Und S. könne alle im Saal glücklich machen, wenn er noch einmal sein Leben ändere und dem Alkohol entsage, beschwört sie den Wittgensteiner abschließend. Es sei doch schon einmal gelungen.