Wittgenstein. Tendenz geht bei der Stadt zum „Gut“. „Schlechte Erfahrungen“ mit dem Kreis gemacht. Interview: Landrat Andreas Müller zieht erstes Krisen-Fazit.
Das Management der Rathäuser und des Kreishauses in der Corona-Krise – wie ist es gelaufen, läuft es noch? Jedenfalls nicht gut, finden die Umfrage-Teilnehmer unseres „Corona-Checks“ unisono. Und die Verwaltungen? Verstehen sich auch in Wittgenstein in der Krise als Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger, aber eben auch als notwendige Kontrollinstanz bei der Umsetzung neuer Ausnahme-Regeln in der Pandemie.
Die Bewertung im Check
Schlicht als „schlecht“ – so bewerten unsere Leserinnen und Leser in Wittgenstein das Krisenmanagement von Bund und Land NRW. Durch die Bank und quer durch den Altkreis, wobei die schlechtesten Bewertungen im Vergleich aus Erndtebrück kommen. Besonders hart gehen im Übrigen Männer und die Altersgruppe der Unter-40-Jährigen mit Landes- und Bunderegierung ins Gericht.
Etwas besser, aber auch eher nur „mittelmäßig“ schneiden die drei Rathäuser und das Kreishaus ab. Einzig die Bad Berleburger Stadtverwaltung erntet Ergebnisse mit gewisser Tendenz zum „Gut“.
Teilnehmer-Stimmen zur Krise
„Da wir in der Familie selbst mit zwei Personen von Corona betroffen waren, möchte ich die Arbeit der Stadt Bad Berleburg loben“, schreibt einer der Umfrage-Teilnehmer. Die Mitarbeiter im Corona-Stab leisteten tolle Arbeit, aber „alle anderen auch“. Man fühle sich „sehr gut beraten und gut informiert. Ein herzliches Dankeschön an das Rathaus“.
„Schlechte Erfahrungen“ hat ein anderer Teilnehmer mit dem Gesundheitsamt des Kreises Siegen-Wittgenstein gemacht – und zwar aufgrund unterschiedlicher Aussagen mehrerer Mitarbeiter zu einem Corona-Sachverhalt. „Links weiß nicht, was rechts macht“, hat der Teilnehmer den Eindruck – „wahrscheinlich wegen fehlender einheitlicher Software“.
Kritik vor allem an Bund und Land
Unterdessen bekomme es die Bundesregierung nicht hin, „zu impfen“, findet ein weiterer Befragter. Und ärgert sich darüber, dass sie, „anstatt weiter an Konzepten zu arbeiten, immer wieder einen Lockdown reinhaut“. Sein Fazit: „Lächerlich einfach nur, was aus einer Demokratie geworden ist.“
Die Meinung eines vierten Teilnehmers zum Krisen-Management: „Die immer wieder neu ,entwickelten‘ Maßnahmen zeugen von der Konzeptlosigkeit nach dem Motto ,Operative Hektik ersetzt geistige Windstille‘.“ Und ironisch fügt er hinzu: „Aber fast ein Jahr zum Nachdenken ist wohl zu kurz, um auf Besseres als Lüften zu kommen.“ Etwa in den Klassenräumen der Schulen. Überhaupt: Eine offensichtlich schlechte Informationsweitergabe „vom Bund zum Land zu den Schulen“ in der Corona-Krise wird moniert. Und beim Krisen-Management allgemein entstehe auf Ebene der 16 Bundesländer ein regelrechtes „Föderalismus-Chaos“. Tests und Impfungen dauerten einfach zu lange, findet ein Befragter und bedauert in Richtung der Verantwortlichen: „Nichts aus dem Frühjahr 2020 gelernt.“
„Volksvertreter“ treten ihren Arbeitgeber
„Schlechte Impfpolitik“, schimpft ein Umfrage-Teilnehmer. Und ein anderer: „Die Politiker in unserem Land sollten sich schämen. Unsere sogenannten ,Volksvertreter‘ treten das Volk – also ihren Arbeitgeber – mit Füßen.“ Eine andere kritische Stimme geht noch weiter: „99 Prozent der Politiker sind es nicht wert, auf ihrem Posten zu sitzen. Oder von uns Geld zu bekommen.“
Wo steht Ihre Stadt oder Gemeinde beim „Corona-Check“ im Vergleich mit anderen Kommunen? Stöbern Sie in unserem Datencenter.
Rathäuser zum Check-Ergebnis: „Struktur permanent angepasst“
Personell, aber auch in der Kommunikation aller Beteiligten sehen die Verantwortlichen in Wittgensteins Rathäusern Ansatzpunkte, um ihr Krisen-Management für künftige Pandemien besser aufzustellen.
Bad Berleburg
ine solche Bewertung sei „erst nach Ende der Pandemie abschließend möglich“, so die Stadt Bad Berleburg. Man habe „das Krisen-Management bereits in der laufenden Pandemie permanent strukturell optimiert, personell der Situation und den möglicherweise neu entstehenden Themenfeldern angepasst und das Vorgehen bedarfsgerecht modifiziert“. Und die Rückmeldungen aus der Bevölkerung dazu seien „sehr positiv“.
Bad Laasphe
Antwort aus dem Rathaus: „Sobald die Pandemie überstanden ist, wird die Verwaltung all ihre Maßnahmen und Erfahrungen aus dieser Zeit rekapitulieren und analysieren, wo das Krisen-Management für etwaige zukünftige Pandemien angepasst werden muss oder kann.“
Erndtebrück
Das Fazit aus Erndtebrück: „Was sich in der Pandemie gezeigt hat, ist vor allem, dass zu einem funktionierenden Krisen-Management eine gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten notwendig ist. Nur so kann auf die aktuelle Situation angemessen reagiert, können neue Regelungen entsprechend schnell umgesetzt werden. Hier hat sich auch deutlich gezeigt, wie wichtig der Austausch mit Vereinen, Händlern, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern ist. Verbesserungspotenziale wurden immer gleich in den Prozess eingearbeitet, woraus sich im Laufe der zurückliegenden 14 Monate eine entsprechende Ablauf-Routine eingespielt hat.“
Verwaltungen: Die Politik war stets im Bilde
Die Politik sei jederzeit über das lokale Pandemie-Geschehen ins Bild gesetzt worden, heißt es auf Nachfrage unserer Redaktion aus den Rathäusern – und habe zum Thema auch mitdiskutiert.
Bad Berleburg
„Sämtliche Fraktionen werden regelmäßig und umfassend über das aktuelle Geschehen sowie neue Regelungen und deren Umsetzung informiert“, betont die Stadtverwaltung – „entweder direkt in den politischen Gremien oder umgehend per E-Mail oder in Videokonferenzen“. Dabei nehme die Stadtverwaltung stets Rückmeldungen und Anregungen in die weiteren Planungen auf. Zudem würden sämtliche Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher im Rahmen von regelmäßig stattfindenden Konferenzen informiert – und die Verwaltung diskutiere mit ihnen über die Regeln sowie deren Umsetzung.
Erndtebrück
Der Sitzungsdienst in der Gemeinde Erndtebrück konnte auch während der Pandemie-Zeit unter Berücksichtigung von Schutz- und Hygienemaßnahmen überwiegend aufrecht gehalten werden“, betont die Verwaltung. In den allgemeinen politischen Sitzungen sei dann auch das Pandemie-Geschehen thematisiert, seien Informationen zu Corona weitergegeben worden.
Darüber hinaus finde ein Austausch mit einzelnen Ratsmitgliedern, Fraktionsvorsitzenden und Ortsvorstehern auf verschiedenen Ebenen statt – per Telefon, E-Mail oder Video-Konferenz.
Bad Laasphe
„Über regelmäßige Informationen, insbesondere zum Sitzungsgeschäft“ – so sei die Politik ins Krisen-Management einbezogen worden, erklärt knapp die Bad Laaspher Stadtverwaltung.
Aufklärungsarbeit als eine der höchsten Prioritäten
Eindämmung des Pandemie-Geschehens, Aufklärungsarbeit in Richtung Bürgerinnen und Bürger, das Rathaus als Anlaufstelle für Fragen aus der Bevölkerung – hier sahen und sehen die Wittgensteiner Verwaltungen ihre Prioritäten in der Krise.
Bad Berleburg
Im Bad Berleburger Rathaus sind die Beratungen des Stabs für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) „darauf ausgelegt, die Vorgaben des Bundes, des Landes sowie des Kreises wirksam und zielgerichtet umzusetzen“. Zudem werde „kontinuierlich überprüft, welche sinnvollen Beiträge wir zur Bewältigung der Pandemie leisten können“.
„Die Priorität aller Maßnahmen war die Eindämmung des Pandemiegeschehens“, betont die Stadt – „durch eine umfassende Informationspolitik auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen, durch Unterstützung bei der Umsetzung von Maßnahmen in öffentlichen Einrichtungen oder jüngst beispielsweise bei der Einrichtung von Bürgertest-Stationen“, aber auch mit Kontrollen, ob die Regelungen von Bund, Land und Kreis eingehalten werden. Hervorzuheben sei aber, so die Stadt weiter, „dass an der Umsetzung sämtlicher Maßnahmen alle Menschen im Stadtgebiet beteiligt waren, insbesondere die im Einzelhandel, Gastronomie, in Unternehmen, Schulen, Kitas und nicht zuletzt in Krankenhäusern und in den Teststellen“. Aber letztlich auch „jeder und jede Einzelne, indem er sich vor- und umsichtig verhalten und Rücksicht auf seine oder ihre Mitmenschen genommen hat und nimmt“.
Erndtebrück
„Das Ordnungsamt der Gemeinde Erndtebrück möchte vor allem Aufklärungsarbeit betreiben“, so die Gemeinde Erndtebrück. Durch die sich ständig ändernden rechtlichen Bestimmungen entstünden zahlreiche Fragen in der Bevölkerung. Dafür stünden die Mitarbeiter den Bürgerinnen und Bürgern auch im verstärkten Außendienst zur Verfügung. Letzterer diene natürlich auch dazu, die im Übrigen bislang geringfügigen Verstöße gegen Corona-Auflagen zu ahnden oder Quarantäne-Maßnahmen zu überwachen. Auch die Gemeinde Erndtebrück hat einen Stab für außergewöhnliche Ereignisse eingerichtet, der seit Mitte März 2020 regelmäßig tagt. Außerdem verweist die Verwaltung auf das Hilfsangebot „Hilfe von nebenan“, unterstützt von Feuerwehr, DRK und den „Zugvögeln“ als größter Jugendorganisation in der Edergemeinde. Daneben halte das Rathaus in der Krise Kontakt zu Vereinen, Händlern und Unternehmen.
Bad Laasphe
Die Verwaltung in Bad Laasphe sieht sich vor allem als Anlaufstelle für die Fragen von „Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen, Unternehmen, Händlerinnen und Händlern vor Ort“. Der Fokus der Corona-Arbeit zur Eindämmung des Virus habe daher „auf der Information, Beratung, Hilfestellung bei der Umsetzung von Regelungen und auf der Kontrolle“ gelegen. Natürlich habe auch die Verwaltung selbst – oft fußend auf den Corona-Schutzverordnungen – gewisse Maßnahmen ergreifen müssen: „Das fing an bei der Besucherlenkung im Rathaus und in den Schwimmbädern und endete bei der vorübergehenden Schließung städtischer Einrichtungen wie dem Haus der Jugend, den Büchereien oder den Dorfgemeinschaftshäusern.“
Zielsetzung: Vorgehen abstimmen und anpassen
Die Bewertungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer unseres „Corona-Checks“ werden in den Wittgensteiner Rathäusern zunächst einmal zur Kenntnis genommen. Im Übrigen sei das Vorgehen ständig an die jeweils aktuelle Lage angepasst worden.
Erndtebrück
Eine solche weltweite Krise habe „selbstredend bei Bund, Land und auch den Kommunen eine schwierige Sondersituation ausgelöst, die eine ständige Anpassung von Abläufen in der Pandemie erforderte“, heißt es aus dem Erndtebrücker Rathaus – „sicherlich auch bei der Gemeinde Erndtebrück“. Daher seien „die Rückmeldungen, die die Gemeinde von allen Beteiligten erhält, umso wichtiger“. Insgesamt jedoch erreichten das Ordnungsamt „durchweg positive Rückmeldungen“ aus der Bevölkerung, von den Vereinen, den Händlern und den Unternehmern.
Bad Berleburg
Die Stadt Bad Berleburg verweist auf ihren Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE), der sich regelmäßig, bei Bedarf aber auch außerplanmäßig in Videokonferenzen treffe, „um die jeweils aktuelle Situation zu bewerten und das grundsätzliche Vorgehen abzustimmen beziehungsweise anzupassen“. Auf diese Weise „möchte die Stadt Bad Berleburg sicherstellen, alle Bürgerinnen und Bürger jederzeit fundiert, so schnell wie möglich und zielgerichtet zu informieren“.
Und in der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, „dass diese Art des Vorgehens effektiv und zugleich zielführend ist, um die unterschiedlichen Regelungen von Bund, Land und Kreis wirksam umzusetzen und zu kommunizieren“. Grundsätzlich sei die Stadt „überdies bestrebt, Maßnahmen mindestens kreisweit abzustimmen, um regional eine möglichst einheitliche Vorgehensweise zu erreichen“.
Bad Laasphe
Wie setzen sich die Rathäuser mit den Bewertungen aus unserem „Corona-Check“ auseinander? Kurz und bündig die Antwort dazu aus Bad Laasphe: „Die Verwaltung wird das bisherige Vorgehen im Rahmen ihrer Möglichkeiten fortsetzen. Die Bewertungen nimmt sie zur Kenntnis.“
Bürger-Dialog: Alle Kanäle genutzt
lefon, E-Mail, Internet oder soziale Medien, aber eben auch die Ortsvorsteher – das alles waren und sind Wege, auf denen die Informationen in der Pandemie zu den Bürgerinnen und Bürgern kamen und kommen.
Bad Berleburg
Informationen der Stadtverwaltung kommen in Bad Berleburg auf breiter Basis zu den Bürgern – etwa „durch telefonischen Kontakt oder Kontakt per E-Mail, über die sozialen Medien oder die stadteigene Internetseite“, aber auch über lokale Medien wie etwa unsere Zeitung.
Zudem setzt die Stadt Bad Berleburg nach eigenen Angaben auf Multiplikatoren, wie etwa Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher oder aber die zuständigen politischen Mandatsträger. Zu Beginn der Pandemie hat die Stadt Bad Berleburg außerdem im sozialen Netzwerk Facebook das Format „Facebook live“ ins Leben gerufen, um Fragen von Bürgerinnen und Bürgern direkt und eben live zu beantworten. „Inzwischen nehmen auch Menschen, die außerhalb der Stadtgrenzen leben, an diesem Angebot teil. Auf diese Weise sind letztlich alle Zielgruppen und Altersklassen zielgerichtet und vor allem schnell und bedarfsgerecht erreichbar.“
Erndtebrück
Zum einen informiert die Gemeinde Erndtebrück ihre Bürgerinnen und Bürger über die Homepage www.erndtebrueck.de über die aktuellen Verordnungen und Regelungen in Verbindung mit Corona – unter dem Button „Corona-Informationen“. Zum anderen nutzt die Gemeinde die sozialen Medien wie Facebook und Instagram. Auf diesen Plattformen werden unter anderem Informationen vom Land NRW und dem Kreis Siegen-Wittgenstein geteilt, welche die Corona-Situation betreffen – aber auch eigene aktuelle Informationen wie beispielsweise zu den Erndtebrücker Bürger-Teststationen, dem Fahrdienst zum Impfzentrum oder zu Hilfsaktionen wie „Hilfe von Nebenan“. Unter der E-Mail-Adresse corona@erndtebrueck.de und unter 02753/605-126 oder -127 helfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ordnungsamtes weiter. Diese Möglichkeit wird durch die Bevölkerung mehrfach täglich genutzt.
Bad Laasphe
„Neben Telefongesprächen und E-Mail werden seit Anbeginn auch wichtige Entwicklungen und Regelungen auf der städtischen Homepage www.bad-laasphe.de veröffentlicht“, so die Stadt. Aber ebenso „in den sozialen Medien (Facebook) werden die Informationen aufbereitet“. Ganz besonders gut jedoch funktioniere die Informationsweitergabe „in persönlichen und unterstützenden Vor-Ort-Gesprächen. Die Kolleginnen und Kollegen vom Ordnungsamt haben beispielsweise viele Händlerinnen und Händler, Dienstleisterinnen und Dienstleister bei der Umsetzung der Corona-Regeln unterstützt und erhielten für ihr Engagement positives Feedback“.
Bürger fragen – Rathaus antwortet
Wo kann ich einen Corona-Schnelltest machen? So fragen oft die Bürger in den Rathäusern nach. Wie setze ich die geltenden Corona-Regeln um? Das wollen nicht selten Händler oder Gastronomen von den Verwaltungen wissen. In unserem „Corona-Check“ machen sie die Wittgensteiner auch große Sorgen um ihre Orts- oder Stadtkerne.
Erndtebrück
„Insbesondere nach Änderungen oder Anpassungen der Gesetze und Verordnungen erreichen die Verwaltung immer wieder Rückfragen“, so die Gemeindeverwaltung. „Vor allem montags nutzen daher viele Bürgerinnen und Bürger das Telefonangebot und informieren sich zu den neusten Bestimmungen.“ Dabei sei es dann „insbesondere um die aktuell gültigen Regelungen hinsichtlich Kontaktbeschränkungen, Einkaufen im Einzelhandel und Sport“ gegangen. „Darüber hinaus wenden sich auch immer wieder Händler und Unternehmen an die Gemeindeverwaltung mit Fragen zur Umsetzung der Verordnungen.“
Aber auch zu den Testmöglichkeiten erreichen das Rathaus immer wieder Fragen. Aktuell sind laut Verwaltung in Erndtebrück „für kostenlose Schnelltests die Brücken-Apotheke, die Praxis Dr. med. Oliver Haas und die Covid-Schnellteststation (Apotheke Knoche/DRK) zugelassen“.
Bad Berleburg
Die Fragen hätten sich bislang meist auf die geltenden Corona-Regeln konzentriert – sowie deren konkrete Umsetzung etwa im Einzelhandel, in der Gastronomie, bei Kontaktbeschränkungen, in Schulen und Kitas. Dazugekommen seien „des Öfteren Fragen zu Testungen, zur Entwicklung der Infektionszahlen sowie zum konkreten Impfprozedere“.
Bad Laasphe
„Zumeist handelte es sich bei den Fragen um Verständnisfragen zur Corona-Schutzverordnung oder um Fragen zur praktischen Umsetzung der neuen Regelungen“, so die Stadt. „Oft wurde auch danach gefragt, wann gewisse Regelungen in Kraft treten oder wieder aufgehoben werden.“
Interview: Gesundheitsdienst muss gestärkt werden
Der öffentliche Gesundheitsdienst wird gestärkt werden müssen. Dieses Fazit zieht im Interview mit unserer Redaktion Siegen-Wittgensteins Landrat Andreas Müller zum bisherigen Management des Kreises in der Corona-Krise.
Im „Corona-Check“ unserer Redaktion bewerten die Leserinnen und Leser das Agieren der Kommunen durchweg besser (eher „mittelmäßig“) als das Krisen-Management von Bund und Land NRW (eher „schlecht“). Welche Konsequenzen zieht die Kreisverwaltung aus diesen Bewertungen?
Die Frage ist ja: Woran liegt es, dass Bund und Land schlechter bewertet werden als Kreis und Kommunen vor Ort? Wir alle hatten oft das Gefühl, dass Bund und die Länder nicht zusammengearbeitet, sondern jeder sein eigenes Ding durchgezogen hat. Das hat viel Vertrauen gekostet. Als Landrat habe ich seit 14 Monaten versucht, ruhig und sachlich immer wieder darzulegen, in welcher Phase der Pandemie wir uns gerade befinden und was aus meiner Sicht jetzt nötig ist. Das war nicht immer populär, aber gut begründet. Ich glaube, das bewerten die Menschen in Siegen-Wittgenstein durchaus positiv.
Was hat die Kreisverwaltung seit dem Beginn der Corona-Krise im März 2020 insbesondere unternommen, um das Virus „vor Ort“ in den Griff zu bekommen? Wo lagen da die höchsten Prioritäten?
Unsere höchste Priorität hatte die Unterbrechung von Infektionsketten – schnell und konsequent. Dafür war und ist unser Gesundheitsamt zuständig. Auch da musste immer wieder abgewogen werden: Etwa bei der Frage, ob ganz Klassen oder nur benachbarte Schüler in Quarantäne gehen müssen. Auch hier musste immer wieder viel erklärt werden. Etwa, warum ein Kind als Kontaktperson eines Klassenkameraden unter Quarantäne gestellt werden muss, seine Eltern aber nicht. Weil Kontaktpersonen von Kontaktpersonen eben nicht in Quarantäne müssen, so lange keine Krankheitsanzeichen vorhanden sind.
Auf welchen Wegen gelangten die Informationen am besten aus dem Kreishaus zu den Bürgerinnen und Bürgern? Auf welchen eher weniger?
Ich glaube, die Summe macht’s. Natürlich sind da die Medien als ganz wichtiger Übersetzer – die haben einen großartigen Job gemacht. Und uns geholfen, die Corona-Informationen an die Bürger zu bringen. Daneben haben wir alles genutzt, was uns zur Verfügung stand, um die unterschiedlichsten Zielgruppen zu erreichen: von Social-Media-Kampagnen bis zu Sonderpublikationen, die in jeden Haushalt gegangen sind.
Welche konkreten Fragen zur Pandemie haben die Bürgerinnen und Bürger hauptsächlich an die Verwaltung gerichtet?
Hauptanlaufstelle war und ist bis heute unsere Corona-Hotline – an sieben Tagen in der Woche! In Spitzenzeiten haben 400 bis 500 Bürger angerufen. Meistens ging es um Detailfragen zu neuen Regeln. Oder als die Schnelltests aufkamen: Wo gibt’s die? Wie lange gelten die? Und seit Februar natürlich das zentrale Thema Impfen: Wann bin ich dran, wo kann ich mich anmelden? Hier versuchen wir dann immer selbst Antworten zu geben, auch wenn hier oft andere Stellen zuständig wären.
Inwieweit wurde die Politik ins Krisen-Management einbezogen?
Zum einen gab und gibt es eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit des Kreises mit den elf Bürgermeister*innen. Wir haben uns oft per Videokonferenz abgestimmt. Das war wichtig, weil die Ordnungsämter der Städte und Gemeinden für die Umsetzung und Überwachung der Corona-Maßnahmen zuständig sind. Das hat oft auch quasi auf Zuruf funktioniert, sehr flexibel. Politische Entscheidungen zum Beispiel auf Ebene des Kreistages waren in dieser Zeit eigentlich eher nicht zu treffen. Es ging primär um das Umsetzen von Bundes- oder Landesvorgaben durch die Kreisverwaltung. Trotzdem war mir der Austausch mit der Politik sehr wichtig, etwa im Rahmen unserer Festen Runde mit den Vorsitzenden der Kreistagsfraktionen.
Mit Blick auf künftige Pandemien: An welchen Stellen würde die Verwaltung ihr Krisen-Management anpassen, nach den Erfahrungen mit Corona?
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Ich glaube, dass in der ganzen Republik die Kommunalverwaltungen bewiesen haben, dass sie in solche Krisen absolut handlungsfähig sind. Kontakt-Nachverfolgung, Diagnose-Zentrum, Impfzentren – das mussten Kreise und kreisfreie Städte immer innerhalb kürzester Zeit auf die Beine stellen und betreiben. Bei uns gab es zum Beispiel vor der Pandemie im Gesundheitsamt einige wenige Hygieneaufseher für diesen Bereich. Jetzt sind dort bis zu 200 Leute im Einsatz, inklusive personeller Unterstützung etwa durch Soldaten der Bundeswehr. Ich denke, wir werden nach Abschluss der Pandemie noch einmal auf unser Krisen-Management gucken. Schon jetzt ist aber deutlich geworden, wie wichtig der öffentliche Gesundheitsdienst ist. Er wird auf Dauer ohne Zweifel gestärkt werden müssen. Klar ist aber auch: Die nächste Krise wird ganz anders sein als diese Pandemie. Dann haben wir vielleicht Millionen FFP-Masken eingelagert, merken aber, dass wir jetzt etwas ganz anders brauchen. Krisen sind selten vorhersehbar. Deshalb ist für uns entscheidend, das unsere Strukturen stimmen und wir flexibel auf alles reagieren können, was auch immer kommen mag. Aktuell ist ein Drittel des Kreishauses ausschließlich mit Corona beschäftigt – da ist mir auch um die nächste Pandemie nicht bang.