Bad Berleburg/Schmallenberg. Das OLG in Hamm beschäftigt sich am Donnerstag mit den Wisenten im Rothaargebirge. Waldbesitzer beklagen, dass die Tiere Bäume beschädigen.

Das Oberlandesgericht in Hamm beschäftigt sich am Donnerstag ab 13 Uhr erneut mit dem Artenschutzprojekt der Wisente im Rothaargebirge. Trägerverein und Waldbauern streiten sich seit Jahren vor den Gerichten. Das mit großen Hoffnungen 2013 gestartete Wiederansiedlungsprojekt in Nordrhein-Westfalen steht seit Jahren auf der Kippe.

+++ Lesen Sie auch: Entscheidung über Wisentprojekt fällt noch 2021 +++

Die Waldbesitzer beklagen, dass die mächtigen Tiere als Herde durch ihre Gebiete in der Nachbarschaft streifen und dabei die Bäume beschädigen, weil sie die Rinden abfressen. Die größten Landsäuger Europas haben eine Vorliebe für Rotbuchen und haben das ihnen einmal zugedachte Revier bei Bad Berleburg längst verlassen.

+++ Lesen Sie auch: Wisente töten Hund eines Spaziergängers auf dem Rothaarsteig +++

Fast zwei Jahre liegen zwischen dem Richterspruch vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe am 19. Juli 2019 und diesem nächsten Termin. Damals hatte der Bundesgerichtshof das Verfahren an die Vorgängerinstanz in Hamm zurückverwiesen und beide Seiten konnten damit einen Teilerfolg verbuchen.

OLG bereitet sich speziell vor

Das hohe Medieninteresse an diesem Fall und die gleichzeitige Corona-Pandemie stellt auch das Oberlandesgericht vor Herausforderungen: „Wir nutzen unseren Konferenzraum. Das ist die größte Tagungsmöglichkeit in unserem Haus“, erklärt Pressesprecher Martin Brandt und verweist darauf, dass Verfahren am Oberlandesgericht selten eine so große öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wird wie den Strafverfahren an den Landgerichten.

+++Lesen Sie auch: 20 Jahre Rothaarsteig: Von Bären, Insta-Spots und Kenia-Besuch +++

Die Tragweite der Entscheidungen aber ist groß: In Hamm muss der 5. Senat feststellen, ob die Waldbauern es nicht doch dulden müssen, dass die frei umherstreifenden Wildrinder ihre Grundstücke betreten und dort Schälschäden an Bäumen anrichten. Dazu ist es aber notwendig zu klären, ob die Tiere inzwischen tatsächlich frei sind und die Freisetzungsphase des Projektes beendet ist. Außerdem soll das Oberlandesgericht den öffentlich-rechtlichen Vertrag, der dem ganzen Wisentprojekt zugrunde liegt, noch einmal auf seine Wirksamkeit hin überprüfen.

Zaunlösung

Eine außergerichtlichen Versuch den Streit zu befrieden hatte zuletzt die NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser in Schmallenberg unternommen, als sie 2020 angekündigt hat, die freilebende Herde in ein Gatter auf Flächen im Schmallenberger Staatsforst und der Wittgenstein-Berlburg’schen Rentkammer zu gattern. Allerdings ist dieser Zaun noch nicht in Sicht. Das erläutert Peter Schütz als Sprecher des Umweltministeriums gegenüber dieser Redaktion. Zuvor müsse noch ein Gutachten klären, ob der Zaun in dem FFH-Gebiet überhaupt gebaut werden darf.

Also kann die laut Herdenmanagerin Kaja Heising aktuell um die 25 Tiere umfassende freilebende Herde nach wie vor auf die Grundstücke der Waldbauern laufen. Der Sprecher des Trägervereins Dr. Michael Emmrich wollte sich gegenüber dieser Zeitung nicht einlassen: „Wir beraten uns mit unseren Anwälten und geben vor dem Verfahren keine Stellungnahme ab.“

Waldbauern äußern sich

Auch interessant

Anders die Waldbauern: Rechtsanwalt Dieter Schulz vertritt Geschädigte. „Mein Mandant klagt, weil sein Eigentum gestört wird.“ Immerhin schälten die ausgewilderten Wisente seit acht Jahren seine Bäume. „Es gibt nur wenige Gründe, warum ein Bürger zur Duldung einer solchen Eigentumsstörung verpflichtet ist“, erläutert der Jurist: „Ein solcher Grund wäre es, wenn es sich um eine Maßnahme des Naturschutzes handelt.“ Doch das sei die Ansiedlung der Wisente nie gewesen. „Da wurde keine Maßnahme von einer Behörde angeordnet, sondern Grundlage war ein privatrechtlicher Vertrag zwischen den Kreisen und der fürstlichen Rentkammer über die Köpfe der betroffenen Waldbauern hinweg, ohne sie zu hören oder gar zu beteiligen.“ Durch einen solchen privatrechtlichen Vertrag könne aber nach deutschem Recht keine Belastung für einen Dritten angeordnet werden. Und das sehe der Bundesgerichtshof ähnlich, erklärt Schulz gegenüber dieser Zeitung.

Auch interessant

Auch wenn Schulz hofft, dass „der Spuk“" im Mai beendet sein könnte, spricht die Konfrontation zwischen den weit auseinander liegen die Rechtsauffassungen nicht dafür.