Wittgenstein/Meschede. Windkraft im Wald, Geld für Ökosystemleistung des Waldes und weichere Regelungen für die kleinen Landwirte sind die Forderungen.

Es geht um Geld, Klima- und Umweltschutz und den Erholungswert zugleich. Was wie die Quadratur des Kreises klingt, ist ein Bündel aus Ideen, das vier Verbände von Land- und Forstwirten aus Nordrhein-Westfalen im "Mittelgebirgsprogramm" zusammengefasst haben. Konkret geht es dabei um die Zukunft zweier Bereiche, die im Hochsauerland und Wittgenstein die tragenden Säulen sind: Grünland und Wald.

Strukturschwache Region stärken

"Wir brauchen ein Gesamtkonzept, um die Betriebe zu stärken", formuliert es der seit knapp einem Jahr amtierende Präsident des WLV, Hubertus Beringmeier in einer virtuellen Pressekonferenz zum Mittelgebirgsprogramm aus Meschede. Und sein Verbündeter Dr. Philipp Freiherr Heereman als Vorsitzender der Walbauern betont, dass gerade der Hochsauerlandkreis, Wittgenstein und die Hocheifel strukturschwach seien - Mit einer Ausnahme: "Die Holz und Sägewerksindustrie sind dort ein deutschland- und europaweit vorbildlicher Cluster".

Vier Verbände - ein Bündnis

Dass sich der Rheinische und der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband mit dem Waldbauernverband NRW und den Familienbetrieben Land- und Forst NRW zusammengetan haben, ist aus Sicht der vier Interessenverbände nur folgerichtig. Immerhin sind die meisten Familienbetriebe im Rothaargebirge oder der Eifel beides, bewirtschaften Land und Forst.

Zusammengebracht haben die vier Verbände die lang anhaltende Dürre mit ihren schweren Folgen für die Forstwirtschaft und die Landwirte, der Wunsch nach auf die Standorte abgestimmten gesetzlichen Regelungen zur Bewirtschaftung, Düngebeschränkungen und Tierhaltung sowie die Gedanken, wie solche Betriebe künftig sicher wirtschaftliche zu führen sind.

Waldbesitzer 30 Jahre ohne Einkünfte

Heereman beschreibt die Folgen der zweijährigen Dürre, Borkenkäferkalamität und Stürme: "Ganze Waldgebiete aus Fichte und Buche werden baumfrei sein. Es wird 20, 30 Jahre dauern, bis dort wieder Erträge erwirtschaftet werden." Mindestens eine Eigentümergeneration werde davon wirtschaftlich betroffen sein. Aber Heereman macht deutlich: "Ich denke nicht an eine Dauerförderung". Der Waldbauern-Präsident bringt zwei Finanzierungsmodelle mit: Die Ausgleichsleistung für die Klimaschutz- und Erholungsleistung der Wälder und Windkraft im Wald.

Ökoleistung des Waldes ausgleichen

Ins gleiche Horn stößt auch Max Freiherr von Elverfeldt, der Vorsitzende Familienbetriebe Land und Forst: "Wir müssen einen Einstieg in die Vergütung der Klimaschutzleistung kommen. Die Leistung für das Ökosystem werde aktuell nicht honoriert. Neben der Bindung des Treibhausgases Kohlendioxid nennt Elverfeldt die Sauerstoffproduktion, die Filterung des Trinkwassers, den Erosionsschutz, die Biodiversität und die Erholungswirkung für Menschen.

Elverfeldt zitiert eine Studie nach der aktuell durch Holznutzung nur etwa 20 Prozent der Ökosystemleistung eines Hektars Wald durch den Besitzer in Wert gesetzt werden könnten. 80 Prozent der Leistung würden kostenlos erbracht.

Enorme Kohlendioxid-Bindung

Aktuell binde ein Hektar Wald durch Wachstum und Holznutzung rund 8 Tonnen Kohlendioxid im Jahr. Das Entspreche dem CO2-Ausstoß eines Bürgers pro Jahr. Allein in Deutschland binde der Wald 127 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich. Das seien 14 Prozent des gesamten Ausstoßes in Deutschland.

Analog zu den gerade auf die Nutzung fossiler Brennstoffe durch Heizungen und Straßenverkehr erhobenen Zusatzbeiträgen von 25 Euro je Tonne Kohlendioxid schlägt Elverfeldt eine Endgeltung von 112,50 Euro je Hektar und formuliert: "Die Waldbauern brauchen ein verlässliches Modell."

Düngemittelverordnung ist ein Problem

Henner Braach, Vizepräsident des WLV, ist nicht nur der Sprecher für das Mittelgebirgsprogramm. Als Landwirt mit Grünland aus dem Siegerland ist er auch beispielhaft für die vielen Neben- und wenigen Vollerwerbslandwirte der Region. Braach richtet sein Augenmerk auf die Reglementierung der Tierhaltung und die Düngemittelverordnung. Letztere treffe die regional prägenden Kleinbetriebe hart. "Wir sollen ein Problem lösen, das wir gar nicht haben", sagt Braach zur Nitratbelastung im Grundwasser, auf die die Düngemittelverordnung abzielt. Durch die Schiefergebirgslage komme das Nitrat nicht ins Grundwasser.

Niederschläge fehlen

Um die Landschaft zu erhalten, brauche es möglichst viele Betriebe, die aber könnten die geforderten Auflagen nicht erfüllen, weil die Technik zu teuer sei und manche Flächen mit solchen Geräten zur bodennahmen Ausbringung von Gülle nicht befahrbar seien. Hinzu komme, dass die fehlenden Niederschläge dafür sorgten, dass die auf den Boden aufgebrachte Gülle nicht weggespült werde und dann bei der nächste Mahd wieder aufgenommen werde und das Futter verunreinige.

Wechsel von Forst zu Grünland

Brach macht klar, dass es nicht um Geld gehe: "Wir fordern keine zusätzliche Staatsknete, sondern politischen Willen". Außerdem wünschen sich Braach und die Verbände, dass ehemalige Forstflächen - speziell in Hofnähe - leichter in Grünland umgewandelt werden könnten, denn dafür besteht auch Bedarf. Auch Philipp Freiherr Heereman begrüßt das, sieht aber die hohen Hürden im Bundeswaldgesetz, das genau solche Nutzungswechsel erschwert.

Windkraft im Wald

Auch die Nutzung von Windkraft im Wald speziell auf Schadflächen könnte Freiherr Heereman und Baron Elverfeldt als Vertreter der privaten Waldbesitzer eine Lösung für die Einkommensverluste sein. "Wir wollen das Mittelgebirge nicht mit Windkraftanlagen vollstellen", sagt Heereman und bekräftigt seine Sicht, dass der Wald durch die Anlagen keinesfalls zerstört werde. Gleichzeitig spricht er immer von einer zeitlich begrenzten Nutzung von beispielsweise 20 Jahren. Auch Baron Elverfeldt kann mit Windkraft im Wald gut leben und nennt die aktuelle Diskussion um die Abstandsregelungen von 1000 Metern zu Siedlungen und der dreifachen Anlagenhöhe zu Streusiedlungen: "Im Wald ist Windkraft einfacher zu realisieren als im Offenland."

Mit diesen politischen Forderungen gebündelt im Mittelgebirgsprogramm gehen die Vier Verbände jetzt in die politische Offensive.