Bad Berleburg. Bürgermeister Bernd Fuhrmann peilt mit breiter Unterstützung der drei Parteien CDU, SPD und FDP seine vierte Amtszeit im Rathaus Poststraße an.

„Ich komme aus dem Sport“, sagt Bernd Fuhrmann. Kein Wunder also, dass der Bad Berleburger Bürgermeister Entspannung vor allem im Sport und der Natur findet. Wir begleiten den Amtsinhaber beim Interview mit dem E-Bike auf seiner „Hausstrecke“. „Hier komme ich runter“, sagt der 54-Jährige. Zu seinen regelmäßigen Begleitern gehört Hund Theo.

Sie haben ein Bündnis aus CDU, SPD und FDP hinter sich. Was kann da bei der bevorstehenden Wahl noch schiefgehen?

Bernd Fuhrmann Erst mal: Ich freue mich natürlich sehr darüber, dass ich mit CDU, SPD und FDP von gleich drei Parteien unterstützt werde. Von der CDU mit Eberhard Friedrich an der Spitze war es damals ja sehr mutig, mir als jungem Sozialpädagogen so ein Vertrauen entgegenzubringen. Dafür bin ich nach wie vor dankbar. Dass mich nun auch SPD und FDP unterstützen, ist eine Konsequenz und eine Bestätigung der Arbeit, die wir in den vergangenen Jahren gemeinsam für unsere Stadt der Dörfer gemacht haben. Dabei ist es mir immer wichtig, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen – auch wenn wir hier und da unterschiedliche Interessen und Anliegen haben.

Okay, was kann da schief gehen?

Trotz dieser breiten Unterstützung kann ich mir natürlich nicht sicher sein, dass es bei der Wahl am Ende auch reicht. Wir sind vier Kandidatinnen und Kandidaten in Bad Berleburg. Das belebt den Wahlkampf und ist gut für unsere Demokratie – denn am schlimmsten wäre es, wenn am Ende niemand zur Wahl gehen würde.

Bad Berleburg ist als nachhaltigste Kleinstadt Deutschlands ausgezeichnet worden. Was macht die Nachhaltigkeit dieser Stadt aus?

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Für uns heißt Nachhaltigkeit nicht nur Umweltschutz, sondern viel mehr. In Bad Berleburg bedeutet es, dass wir bei allem, was wir tun, an morgen denken. Mit der Umwelt zu leben, dabei auf die Finanzen zu achten und Familien ein gutes und sicheres Leben zu ermöglichen – das sind ja Werte, die frühere Generationen schon hatten. Wir möchten sie für die nächsten übersetzen: für ein Bad Berleburg, in dem die kommenden Generationen gute und sichere Arbeitsplätze haben, einen finanziellen Spielraum und lebenswerte Dörfer.

Waldreich Wittgenstein heißt es. Doch der Borkenkäfer zerstört den Waldreichtum. Was kann die Stadt Bad Berleburg tun, um Waldbesitzern und Forstwirtschaft unter die Arme zu greifen?

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Was sich in den Wäldern in unserer Region abspielt, ist eine ökologische, aber auch eine ökonomische Katastrophe für die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, die seit Generationen ihren Wald nachhaltig bewirtschaftet haben – auch zu unserem Nutzen.

Was kann die Stadt Bad Berleburg da tun?

Wir müssen denjenigen, die Wald besitzen, signalisieren, dass wir als Kommune die Not erkannt haben. Wir müssen dafür sorgen, dass sie für die gesellschaftlichen Leistungen wie Naturschutz, Wasserspende, naturnahen Tourismus und – ganz wichtig – für die Bindung von CO2 fair entlohnt werden. Ich spreche ausdrücklich nicht von „Förderung“, sondern von „Entlohnung“.

In Bad Berleburg habe ich außerdem eine Projektgruppe ins Leben gerufen, um das Bauen mit Holz ganz konkret zu stärken. Uns geht es darum, beim Bauen ganz grundsätzlich umzudenken – und in Zukunft wieder mehr Holz als nachhaltigen Baustoff zu verwenden. Dafür haben wir ganz konkrete Projekte wie die Feuerwehrgerätehäuser in Raumland und Berghausen und den Anbau in Weidenhausen geplant, den Anbau am Johannes-Althusius-Gymnasium oder auch Brücken.

Eine große Baustelle der vergangenen zehn Jahre ist der Eins-A-Komplex. Die Stadt hat mit der Universität Siegen städteplanerische Konzepte für die Brache entwickelt. Was muss passieren, damit dieses Areal wieder belebt werden kann?

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Mit der Situation auf dem Eins-A-Areal sind wir alle nicht zufrieden, das ist klar. Das Ziel muss sein, dass das Gelände in Zukunft breit genutzt wird. Dort soll etwas entstehen, das in Bad Berleburg im Moment vielleicht noch fehlt und das dann von uns hier vor Ort aber auch von Gästen langfristig gut angenommen wird. Deshalb haben wir zusammen mit der Uni Siegen nicht nur den städteplanerischen Wettbewerb gemacht, sondern auch eine vertiefende Umfrage. Die hat gezeigt, was sich die Bevölkerung für die Innenstadt wünscht.

Und der dritte Baustein, der dazu gehört, ist das Einzelhandelskonzept, das für die Stadt Bad Berleburg erstellt worden ist. Darin wird wiederum von Experten bewertet, welche Angebote bei uns noch fehlen – und welche auch sinnvoll sind und in eine Kleinstadt passen. Die Ergebnisse dieser drei Prozesse geben uns ein umfassendes Bild darüber, wie das Eins-A-Areal auf lange Sicht einen Mehrwert für unsere Stadt und die Region liefern kann.

Und was ist dabei die besondere Herausforderung?

Die Herausforderung dabei ist, dass das Gelände mehrere Besitzer hat. Als Stadt können wir letztlich nur mit Investoren sprechen und sie von unseren Ideen und Konzepten überzeugen. Diese Gespräche führen wir selbstverständlich, aber das ist ein längerer Prozess. Ganz aktuell ist das Eins-A-Gelände Thema in den städtischen Gremien. Die Stadtverordneten-Versammlung wird am Montag voraussichtlich beschließen, dass wir uns für ein neues Förderprogramm des Landes NRW bewerben, um das Gebäude selbst kaufen zu können. Der eigentliche Kaufpreis ist zwar nicht förderfähig, aber die Begleitkosten, zum Beispiel für die Verkehrssicherung und möglicherweise für den Abriss. Das ist ja immer wieder ein Knackpunkt.

ÖPNV ist ein großes Thema im Heimatcheck dieser Zeitung gewesen. Wie wollen sie die Verkehrsanbindung Wittgensteins und Berleburgs verbessern?

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Die Mobilität im ländlichen Bereich ist wahrscheinlich eine unserer größten Herausforderungen für die Zukunft. Ich glaube, dass wir die optimale Lösung noch nicht gefunden haben. Wir müssen das Thema „Mobilität“ bei uns neu denken – und zwar über Stadtgrenzen hinaus. Fakt ist aber: Der ÖPNV, wie wir ihn bisher kennen, wird auf dem Land weder den Wünschen der Menschen gerecht, noch kann er wirtschaftlich funktionieren. Was unsere Anbindung in den nächsten Jahren schon verbessern wird, sind die Route 57 und der Breitband-Ausbau. Beides ist wichtig für unsere Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Aus der Kurstadt ist der Gesundheitsstandort geworden. Die Reha-Patienten und Begleitpersonen haben aber nicht mehr dieselbe Bedeutung für Handel und Gastronomie. Wie kann der Tourismus in Bad Berleburg weiter gestärkt werden?

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Der Tourismus wird bei uns immer wichtiger – und ein Besuch von Bad Berleburg und der Region immer attraktiver. Auch hier nehme ich die vergangenen Monate als Beispiel: In einer Zeit, in der nichts ging und in der das Leben gerade in den Großstädten still gestanden hat, hat der ländliche Raum eine größere Bedeutung bekommen. Viele Gäste haben die Weite unserer Region gesucht und schätzen gelernt, die Wanderparkplätze sind immer noch an jedem Wochenende voll. Das ist in dieser schwierigen Zeit etwas Positives für uns.

Und wie sieht es mit Fahrradfahrern aus?

Der Trend zum E-Bike ist auch ein Trend zum Radfahren im Mittelgebirge. Es macht ja einfach Spaß, mit einem E-Mountainbike durch unsere Wälder zu fahren und unsere Natur zu erkunden. Der Eder-Radweg ist schon ein Aushängeschild bei uns, aber beim Thema Radtourismus und Radverkehr insgesamt haben wir sicherlich noch Luft nach oben. Die möchte ich nutzen und gemeinsam mit den Städten und Gemeinden in der Nachbarschaft und den Grundstücksbesitzern eine Premium-Radregion entwickeln.

Der Goetheplatz war lange Zeit das bestimmende Thema der Politik. Jetzt wird er umgebaut. Was haben Sie aus der Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern gelernt?

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Vor allem, dass man manchmal noch mal neu denken muss und neue Impulse von außen braucht. Nach den Werkstattgesprächen am Anfang war die Planung tatsächlich ziemlich festgefahren. Da muss ich auch ganz selbstkritisch sagen: Da haben wir das Verfahren vielleicht zu lange ruhen lassen, weil wir gemerkt haben, dass es nicht kons­truktiv weiterging.

Mit nonconform und der Idee des Bürgerrats haben wir dann aber noch mal einen ganz neuen Ansatz gewählt. Das Büro hat das Konzept des zufällig ausgewählten Bürgerrats aus Österreich mitgebracht und wir haben daraus zusammen eine Berleburger Version gemacht und noch mehr Beteiligung reingebracht. Da saßen auf einmal Menschen zusammen, die noch keine fertige Meinung hatten und ganz offen an das Thema herangegangen sind. Das war total spannend und im Ergebnis wirklich super.

Bei solchen Projekten für die Stadtentwicklung müssen wir aber auch immer akzeptieren, dass wir nicht alle Bürgerinnen und Bürger überzeugen können. Wir leben in einer Demokratie, jeder darf seine eigene Meinung haben. Am besten ist es, wenn wir einen Kompromiss finden, mit dem zumindest die allermeisten leben können. Aber am Ende entscheidet die Mehrheit und die Stadtverordneten-Versammlung muss Entscheidungen treffen.

KAG – drei Buchstaben mit hohem Reizwert. Welche Richtung verfolgen Sie als Verwaltungschef, um das Problem der Anliegergebühren zu entschärfen?

Die Stadtverordnetenversammlung hat sich im Oktober 2018 ja auf meine Vorlage hin ganz klar positioniert: Aus unserer Sicht sollen die Anliegergebühren bei Straßenbaumaßnahmen abgeschafft werden. Das haben wir einstimmig beschlossen und eine Resolution dazu an die Landesregierung in Düsseldorf geschickt. Und dazu stehe ich nicht nur im Wahlkampf. Letztendlich ist aber das Land zuständig und muss die entsprechenden Gesetze machen.

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Im Rahmen dieses Gesetzes muss die Stadtverordnetenversammlung nach der Wahl entscheiden, wie wir damit in Bad Berleburg umgehen. Wir müssen die bestmögliche Lösung für unsere Bürgerinnen und Bürger finden. Das heißt auch, dass wir unsere Straßen nicht verkommen lassen können. Die Stadt muss investieren, das ist an vielen Stellen dringend nötig. Dabei dürfen die Anlieger aber finanziell nicht überfordert werden.

Vier persönliche Fragen an den Kandidaten

Wie würden Sie Ihre Kommune einem vollkommen Ortsfremden in einem Satz beschreiben?

Als liebenswerte Stadt der Dörfer mit 23 engagierten Ortschaften, die Lust haben, auf dem Weg in die Zukunft voran zu gehen.

Worüber haben Sie zuletzt herzlich gelacht?

Über mich selbst, als beim E-Bike-Fahren von Erndtebrück nach Berleburg im Regen meine Schuhe zu Planschbecken geworden sind.

Was bringt Sie zum Weinen?

Zwiebeln schälen.

Nennen Sie drei Dinge, die Sie in Ihrem Leben unbedingt gemacht haben wollen.

■ Zwei wunderbare Söhne beim Aufwachsen begleiten.
■ Ein altes Fachwerkhaus mit eigenen Händen, der Familie und Freunden umbauen.

■ einmal im Leben bei den Olympischen Spielen mitwirken.
Alles gelungen.

Kandidat Bernd Fuhrmann stellt sich auch in einem Video vor.