Bad Berleburg. Forstarbeiten in Zeiten des Borkenkäfer-Befalls: Immer mehr Waldbauern in Wittgenstein sind vom Fichtensterben betroffen.

10 Uhr. Mitten im Wittgensteiner Wald bei Alertshausen. Ein leicht zitrusartiger Duft liegt in der Luft – gepaart mit frischen Tannenduft. Von weiten hört man die schweren Maschinen der Forstarbeiter – wie die der Harvester 1270G der Firma Schmidt. Phillipp Fischer arbeitet dort und ist mit seinem Kollegen Hans-Jürgen Schuppener gerade dabei, die vom Borkenkäfer befallenen Fichten einzuschneiden.

Es ist eines von vielen betroffenen Waldstücken der Wittgensteiner Waldbauern. Gemeinsam mit dem leitenden Förster Klaus-Uwe Daum und dem Vorsitzenden der Waldbesitzervereinigung, Dr. Helmut Roth, hat sich die Lokalzeitung ein grobes Bild von den Forstarbeiten vor Ort gemacht – vor allem im Hinblick auf den Borkenkäfer. Eine Arbeit, der man kaum hinterher kommt, denn: betroffen sind zahlreiche Fichtenbestände. Und das hat eine enorme Auswirkung auf die Holzpreise.

Die Waldbesitzer

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Acht bis zehn Euro pro Festmeter – das bekommt ein Waldbauer heutzutage für sein Käferholz noch. Früher waren es in etwa 60 Euro pro Festmeter. Ein Verlust, den die Bauern hart trifft – auch Georg Braun. Er hat in Elsoff ein Stück Wald. Rund 2000 Festmeter hat der pensionierte Gymnasiallehrer bereits im vergangenen Jahr verloren. „Man ist verzweifelt. Wir hatten ursprünglich ganz andere Pläne mit unserem Waldstück. Und plötzlich werden ganze Lebensentwürfe verworfen“, sagt er und zeigt auf einen Baum. „Dort, wo der Harz am Stamm hinunterläuft, sieht man, dass auch dieser Baum befallen ist.“

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Es ist der Bestand eines sehr guten Freundes von ihm – der ist extra aus Düsseldorf angereist, um sich ein Bild von der aktuellen Lage zu machen. Eine Woche zuvor hatte Klaus-Uwe Daum ihn angerufen, um ihm vom Befall einiger Bäume zu berichten. „Nicht alle Besitzer wohnen hier vor Ort“, so der Förster, während erneut das Telefon klingelt. Bis zu 60 Anrufe erhält er am Tag. Für Daum, der bereits seit gut 35 Jahren seinen Traumberuf ausübt, manchmal auch belastend. „Man sieht in den Jahren den Wald wachsen, aber man sieht eben auch, wie Bäume absterben. Und das den betroffenen Waldbauern zu berichten, ist nicht schön.“

Schwere Maschinen

Mit der Harvester 1270 G werden die Fichten geschnitten, entzweigt und die Stämme sogar bereits vermessen.
Mit der Harvester 1270 G werden die Fichten geschnitten, entzweigt und die Stämme sogar bereits vermessen. © WP | Ramona Richter

Währenddessen schneidet Phillipp Fischer vom Holzeinschneideunternehmen Schmidt ein paar Meter weiter die nächsten befallenen Fichten. Die einzelnen Stämme werden dabei von der Maschine vermessen, bevor sie am Rand aneinander gereiht werden. So kann am Ende beim Verkauf nachvollzogen werden, wieviel Holz von welchem Waldbauer stammt. Während die Stämme an den Seiten aufgereiht werden, fährt Fischer mit seiner Maschine über einen grünen Teppich aus Reisig. Dieser dient als Bodendämpfung, um Bodenschäden weitgehend zu verhindern.

Zwischen 5 und 6 Uhr startet Fischer seine Arbeit im Wald. Feierabend macht er gegen 17 Uhr – ein langer Tag für ihn und seinem Kollege Schuppener, der die Stämme mit einem sogenannten Rückezug aus dem Wald an den Wegesrand bringt. Arbeit, für die gutes Fachpersonal wichtig ist.

Bis zu 200 Festmeter in etwa schaffen sie am Tag. Die betroffenen Bäume sehen sie bereits mit bloßem Auge. „Wenn an der Rinde kupferfarbige Häufchen zu sehen sind, weiß man, dass dort bereits der Borkenkäfer aktiv ist.“ Und das, obwohl die Nadeln noch grün sind. Mit einem kleinen Messer schneidet Daum ein Stück Rinde ab. Darunter zu sehen: Ein kleiner schwarzer Käfer, der sich seine Bahn frisst. „In drei bis vier Wochen wären die Nadeln abgefallen“, erklärt er.

Die Vermarktung

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Dennoch: Abgeholzt werden soll nur das Nötigste. „Wir müssen auch schauen, dass wir das Holz am Ende auch verkauft bekommen. Die Sägewerke arbeiten ebenfalls an ihrer Kapazitätsgrenze“, so Daum. Teilweise stehen die Lkw schon in zwei Reihen vor den Sägewerken. Ein vorübergehendes Ventil musste her – der Export. „Früher waren wir regional aufgestellt – heute weltweit“ so Dr. Roth. Denn der Export einer Teilmenge des befallenen Holzes ist derzeit eine weitere Möglichkeit, das kaputte Holz aus dem Wald zu bekommen. „Holz ist verderblich. Wenn es nicht zeitnah verarbeitet wird, haben wir einen Totalverlust“ so Daum. „Wir hoffen natürlich, dass wir dieses Ventil irgendwann nicht mehr brauchen.“

Bereits an den noch grünen Fichten erkennt man den Befall.
Bereits an den noch grünen Fichten erkennt man den Befall. © WP | Ramona Richter

Die Waldbesitzervereinigung (WBV) kümmert sich dann um die Vermarktung des Holzes ihrer Mitglieder – das soll sie unterstützen und damit auch entlasten. 2014 wurde die Vereinigung noch mit dem Ziel gegründet, 30.000 Festmeter pro Jahr zu schlagen. Aktuell sind es jedoch 160.000 Festmeter. Ein Umsatz, den die Vereinigung gar nicht erzielen möchte. „Unser Ziel ist es, nachhaltige Forstwirtschaft zu betreiben. „Früher war der Wald ein grünes Sparbuch. Heute kann er für die Waldbauern zur finanziellen Belastung werden“, so Dr. Roth. Um dies weitgehend zu verhindern, unterstützt die WBV ihre Mitglieder auch bei den Förderanträgen. „Wir versuchen den Besitzer so gut es geht zu unterstützen. Eine Förderung gibt es nur dort, wo Holz aus dem Wald kommt. Daher versuchen wir möglichst viel Holz zu bewegen“, erklärt Dr. Roth.

Mit 5 Euro pro befallenem Festmeter unterstützt das Land NRW die Waldbauern. Doch um diese Förderung zu erhalten, ist einiges an Vorarbeit nötig. Den Bestand begutachten, analysieren, einen Befall bescheinigen – das alles nimmt enorm viel Zeit in Anspruch. Zeit, die aktuell fehlt – ebenso wie Fachpersonal. Und etwas sollte nicht vergessen werden: Neben dem Borkenkäfer laufen die anderen Arbeitsfelder der Förster auch weiter.