Bad Berleburg. Warum dauert es noch bis der Zaun steht und was macht der Zwischenfall am Rothaarsteig mit dem Wisentprojekt?

Bis Ende diesen Jahres sollte die aktuell noch am Rothaarsteig frei umherschweifende Wisentherde eingezäunt sein. Doch der Baubeginn dieses von der NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser als Kompromiss auf Zeit vorgeschlagenen Zaunprojektes verzögert sich.

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Nach Informationen dieser Zeitung ist mit einem Baubeginn frühestens im kommenden Frühjahr zu rechnen, heißt es aus dem Kreis der Lenkungsgruppe des Auswilderungsprojektes. Der Bauantrag für den bis zum 18 Kilometer langen Zaun, der die Wildrinder in einem etwa 840 Hektar großen Areal einschließen soll, wurde vom Trägerverein des Projektes bereits im Januar 2020 gestellt.

Ministerium mahnt zu Geduld

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Auf Nachfrage äußert sich der Pressesprecher des zuständigen NRW-Umweltministeriums, Christian Fronczak, schriftlich zum „Sachstand Zaun“: „Ziel aller Beteiligten ist eine rechtssichere Lösung für die von der Koordinierungsgruppe beschlossene Gatterlösung. Dies lässt sich nicht von einem auf den anderen Tag umsetzen. Derzeit laufen Vorbereitungen für die erforderlichen Genehmigungsverfahren sowie für die Ausschreibung des Zaunbaus und Gespräche des Regionalforstamtes Oberes Sauerland mit der Dorfgemeinschaft Latrop. Sobald die zu beteiligenden Genehmigungsbehörden (Forstbehörde unter Beteiligung der Naturschutzbehörden, Bauaufsichtsbehörden) den Anträgen des Trägervereins stattgegeben haben bzw. die Erteilung der beantragten Genehmigungen in Aussicht stellen können, kann die formale Einleitung des Vergabeverfahrens für den Zaunbau erfolgen.“

Wisent-Wildnis in Wingeshausen mit steigenden Besucherzahlen

Hervorragende Besucherzahlen legte Klaus Brenner, 2. Vorsitzender des Trägervereins des Wisentprojektes, am Freitag vor.

So verzeichnet die Wisentwildnis am Rothaarsteig – das Schaufenster des Artenschutzprojektes in Wingeshausen – im Jahr 2019 insgesamt 35.000 Besucher. Das entspreche einer Steigerung von 5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2018. Anhand von Bonussystemen wie der Schmallenberg-Card und der Winterbergkarte lasse sich zudem feststellen, dass 9500 Besucher aus dem Sauerland in das Schaugehege gekommen sind.

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Pech habe man indes mit drei Wisentkühen im Gehege gehabt. Die drei Kühe aus dem Donaumoos seien als Ersatz für drei Bullen gekommen, die man an ein Artenschutzprojekt in Rumänien abgegeben habe. Alle drei hätten auch in der Wisentwildnis gekalbt. Dann sei es aber nach einem Vierteljahr zu Rangkämpfen zwischen den Kühen der Herde gekommen. Dabei seien die neuen Kühe gestorben. Rangkämpfe unter Kühen waren so noch nicht wissenschaftlich bekannt. „Wir haben da Neuland betreten“, formuliert es Brenner.

Herde fühlt sich sehr wohl

Über die freilebende Herde informierte der 3. Vorsitzende Johannes Röhl: „Die Herde fühlt sich sehr wohl. Die Reproduktionsrate ist höher als erwartet.“ Sechs bis sieben Kälber seien geboren worden. Drei Tiere habe man verloren. Eines durch den Verkehrsunfall auf der Bundesstraße 236 und zwei weitere habe man Krankheitsbedingt erlösen müssen. Darunter war auch Bulle Egnar.

26.000 Euro weniger

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Auch zu den Ersatzleistungen für Schälschäden konnte Johannes Röhl Auskunft geben: In 2019 habe der Verein 49.000 Euro an Geschädigte gezahlt. 2018 waren es noch 75.000 Euro gewesen. Grundsätzlich gelte, dass alle berechtigten Ansprüche auf Schadenersatz beglichen werden – zunächst über den Ausgleichsfonds und sollte dieser ausgeschöpft sein, über eine Versicherung.

Zu den Vorbereitungen für das Genehmigungsverfahren gehört unter anderem ein Gutachten, das die Verträglichkeit des Zaunbaus mit den FFH-Richtlinien überprüft. Ein Teil des geplantes Gatters unterliegt der strengen europäischen Naturschutzverordnung Flora-Fauna-Habitat. In solchen Gebieten dürfen bauliche Veränderungen nur selten vorgenommen werden.

Tödlicher Zwischenfall

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Nach dem jüngsten Unglücksfall mit einem Spaziergänger, bei dem der Hund des Mannes von Wisenten getötet worden ist, stellt sich auch die Frage, ob dieser Zwischenfall Auswirkungen auf das Projekt haben werde. Auch dazu äußerte sich Christian Fronczak: „Die das Wisentprojekt begleitende Koordinierungsgruppe wird den bedauerlichen Vorfall analysieren und gegebenenfalls Konsequenzen daraus ziehen beziehungsweise sofern erforderlich Planungen anpassen.“

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Am Streit zwischen Wisentgegner und Befürwortern des Auswilderungsprojektes ändert sich nichts. In Schmallenberg fordern viele nach wie vor ein Aus des Projektes und stellen sich auch gegen einen Zaun, der die Tiere vom Wandern abhalten soll. Hintergrund des Konfliktes sind massive Schäden an Buchen in Privatwäldern. Die Waldbesitzer hatten dagegen bis vor das Bundesverfassungsgericht geklagt. Nun soll ein Zaun Ruhe bringen, damit Gutachten später klären können, ob die Tiere tatsächlich inzwischen herrenlos und wild sind oder nicht. Im zweiten Fall bliebe der Trägerverein aus Bad Berleburg weiterhin zur Erstattung der Schäden verpflichtet.