Wittgenstein. Es ist der Höhepunkt eines jeden Schützenfestes...das Schießen hat sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert-

Das Vogelschießen ist mitunter der spannendste Moment eines jeden Schützenfestes – der Vogel wackelt, wieviel Schuss braucht es noch, bis der Vogel fällt, wer gibt den entscheidenden Schuss ab?

Es ist der Dreh- und Angelpunkt des Schützenfestes und im Zentrum steht die Waffe, mit der der Aar ins Visier genommen wird. Diese Waffe hat in Wittgenstein eine Veränderung durchgemacht – von der Armbrust nach dem zweiten Weltkrieg bis zur Installation eines Kugelfangs zum Schutz der Bevölkerung unterlag der Sport im Herzen des Hochfestes einem deutlichen Wandel.

Das Gewehr

Seit Beginn an wird in Berleburg beim Schützenfest auf einem Schießstand geschossen. Die Vogelstange war schon immer in den Farben der Schützen gestrichen und bis zum Jahr 1875 wurde neben dem Vogel nur noch der Geck geschossen. „Wahrscheinlich weil die Präparation der Gewehre ungeheuer zeitaufwendig war“, heißt es in der Chronik der Berleburger Schützen. Das Preisschießen auf Krone, Zepter und Reichsapfel gab es demnach erst ab 1876.

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Nach dem jahrzehntelangen Einsatz von Gewehren mit Feuersteinschloss und Zündnadelgewehren wurde der Waffenbesitz der Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg mittels des Kontrollratsbefehls Nr. 2 der Alliierten jedoch verboten – ab dem 7. Januar 1946 durften keine Feuerwaffen mehr besessen und schon gar nicht eingesetzt werden, auch nicht zu sportlichen Zwecken.

Die Armbrust

Nach der Wiederbelebung des Schützenwesens mussten sich die Vereine also etwas einfallen lassen, weil Kleinkaliber-Munition und Gewehre verboten waren.

Vogelschießen in Berleburg 1949 mit Armbrust
Vogelschießen in Berleburg 1949 mit Armbrust © WP | Schützenverein Berleburg

„Für das Vogelschießen stellte Ludwig Frank (Franks) eine Armbrust her um mit Bolzen aus Holz den Vogel von der Stange zu schießen, da zu dieser Zeit Gewehre verboten waren“, heißt es zum Beispiel in der Chronik der Schützen aus Wunderthausen.

Auch die Bad Berleburger Schützen griffen auf die Armbrust zurück: „Auf einer Behelfsstange neben dem Wirtschaftszelt saß 1949 ein Mini-Vogel, der mit der Armbrust geschossen wurde.“

Die Armbrust wird auch heute noch als Sportgerät bei Wettkämpfen nach der Sportordnung des Deutschen Schützenbunds, der Internationalen Armbrustschützen Union (IAU) und der World Crossbow Shooting Association (WCSA) beim Sportschießen verwendet. Die Schützen in Wittgenstein griffen jedoch ab 1950 wieder zu anderen Mitteln.

Luftgewehr und Karabiner

Am 10. Juni 1950 kam die die erste Lockerung des Waffengesetzes, das es den Wittgensteiner Schützen erlaubte, Sportliche Langwaffen (Flinten bis Kaliber 12 und Büchsen bis Kaliber 8 mm) zu verwenden – sofern ihre Magazine nicht mehr als 5 Schuss aufnehmen konnten.

So fand in diesem Jahr das Vogelschießen in Wunderthausen zum Beispiel mit dem Luftgewehr statt. „Da

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die Schusskraft zu gering war, um das Holz des Schützenvogels zu durchschlagen, wurde der Schützenvogel an Glühbirnen gehängt, die dann kaputt geschossen wurden, bis dieser zu Boden fiel“, heißt es in der Chronik.

Ebenso in Berleburg: „Im Jahr 1950 wurde dem Vogel auf der normalen Vogelstange eine Sprengladung einverleibt, um ihn mit Luftgewehren den Garaus zu machen. Im folgenden Jahr wurde der Vogel wieder mit Karabinern geschossen“, wird aus der Chronik der Berleburger Schützen deutlich.

Die Flinte

Anstelle der Karabiner mit Teilmantelgeschossen wurden schließlich Flinten Kaliber 16 (ohne gezogenen Lauf) Ende der sechziger Jahre zunächst probeweise und ab 1970 vollständig verwendet, wird aus der Chronik der Berleburger Schützen deutlich. Durch die geringere Auftreff-Energie der Geschosse wurde die Sicherheit demnach „erheblich erhöht“.

Der Kugelfang

Es war der ganze Stolz der Berleburger Schützen, ohne einen Kugelfang auszukommen – bis zum Schützenfest 2004 durften die Kanditaten für die Regentschaft ohne den Kugelfang auf den Vogel schießen. Das war in Südwestfalen einmalig und nur deshalb möglich, weil hinter der Vogelstange unbesiedeltes Gelände liegt – damit also keine Bewohner in Gefahr geraten, von einer Kugel aus dem

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Gewehr eines ambitionierten Schützen aus Versehen getroffen zu werden.

Im Folgejahr wurde dann aber schlussendlich doch aufgrund gutachterlicher Vorgaben von der zuständigen Behörde die Inbetriebnahme eines Kugelfangs angeordnet – fast vierzig Jahre nachdem die die Installation eines Kugelfangs in Berleburg zum ersten Mal im Raum stand: Im Jahr 1967 zeigt sich, dass die Halterung der alten Vogelstange marode geworden war – weil aber das Gelände hinter der Stange

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unbebaut war, empfahl ein Sachverständiger, dass ein Kugelfang nicht nötig sei.

Ein weiteres Gutachten 1972 bestätigte ebenfalls, dass ein Kugelfang nicht notwendig sei, um die Sicherheit zu garantieren. Die Begründung erneut: Es handele sich um eine offene ungesicherte Anlage in nicht besiedeltem Gebiet.

Es dauerte bis zum Oktober 1993, bis der nicht vorhandene Kugelfang ein Problem für die Berleburger Schützen wurde – es drohte sogar die Stilllegung der Anlage. „Der Anfang vom Ende? Ja und nein. Der

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Verein wehrte sich“, so die Chronik. Das Verwaltungsgericht in Arnsberg konnte die Pläne der Behörden, die Anlage stillzulegen, stoppen. Bis 1997 dauerte, bis der Schützenverein einen Kompromiss erringen konnte: Bis 2004 durfte die vorhandene Schießanlage weiterbetrieben werden. Erst 2005 müsse dann der Geschossfang installiert werden.

Die neue Anlage mit einer Gesamthöhe von 17,50 Meter wurde schlussendlich als Beginn einer neuen

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Schützen-Ära in Berleburg errichtet. 2005 wurde Rüdiger Schlaf der erste Schützenkönig in Berleburg mit Kugelfang – nach 166 Jahren ohne Geschossfang durchaus eine neue Zeit für die Berleburger Schützen.