Wittgenstein. Das Einheitliche ist einfach Tradition. Und so mancher Verein im Altkreis beteiligt sich an den Kosten für die Uniform. Auch Tauschbörsen gibt’s.

Schützenvereine haben oft keine Mitglieder-Sorgen, doch: In Uniform beim Festzug mitmarschieren? Das kommt für so manchen Schützen oft gar nicht in Frage. Aber die Vereinsvorstände lassen sich etwas einfallen, um vor allem jungen Mitgliedern hier entgegenzukommen.

Keine Pflicht

„In unserem Verein ist es so, dass wir durch die gute Jugendarbeit schon einige Uniformen dazubekommen haben“, sagt Thomas Knebel, 1. Vorsitzender des Schützenvereins Berghausen 1905. Das bedeute aber nicht, dass eine Uniform quasi Pflicht für Mitglieder ist. Allerdings: „Wenn jemand an unseren Festzügen teilnehmen möchte, dann ist da natürlich die Uniform gefragt.“ Und „das unterstützen wir auch vom Verein her“. Heißt konkret: „Für neue Uniform-Jacken geben wir 100 Euro dazu.“

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Laut Knebel lassen die Berghäuser Schützen ihre Uniform-Jacken für den gesamten Verein im hessischen Frankenberg anfertigen – und zwar bei Eitzenhöfer, einem großen Modehaus, das auch „Vereinsbekleidung in unterschiedlichsten Stilrichtungen“ anbietet. Uniformen von der Stange bestelle der Vereinsvorstand zentral – „wenn‘s nicht gerade eine Sondergröße ist“, so Knebel. Dann müsse der Betreffende zum Maßnehmen direkt nach Frankenberg. Den Hut oder die Mütze zur Uniform bekommt der Verein direkt aus Berghausen von Ralf Kalfa vom „Wittgensteiner Vereinsbedarf“. Die übrige Ausstattung – weißes Hemd, grüne Krawatte, schwarze Hose – beschaffe sich jedes Mitglied dagegen selbst.

Die WP leistet Schützenhilfe

Da in diesem Jahr die Schützenfeste nicht wie gewohnt stattfinden können, möchte die WESTFALENPOST gemeinsam mit Veltins 2020 die Schützenvereine und Bruderschaften in der Region mit dem Wettbewerb „WP-Schützenhilfe“ unterstützen. Im Rahmen einer Publikumsabstimmung und eines Jury-Votums werden insgesamt 10.000 Euro und 300 Liter Freibier vergeben.

Uns interessiert, welche gemeinsamen Aktionen im Verein zurzeit durchgeführt werden. Welche lustigen, kreativen Ideen es gibt. Und was zu den eigentlichen Schützenfesten nun geplant oder gemacht wird. Die Vereine können in Wort, Bild oder Video ein eigenes Profil im Internet anlegen – auf wp-schuetzenhilfe.de . Die Abstimmung beginnt am 17. August.

Es gebe aber eben auch viele Vereinsmitglieder eher mittleren Alters, die vor Zeiten nach Berghausen zugezogen und „nicht so aktiv dabei“ seien, so Knebel, um den Verein in Uniform zu repräsentieren. „Aus dem alten Berghausen heraus“ sei das Repräsentieren jedoch „schon sehr hoch das Thema“. Im Moment habe man „noch genug Leute, die unseren Verein repräsentieren“, betont der 1. Vorsitzende. Gleichwohl seien die Berghäuser Schützen „über jeden froh, der eine Uniform erwerben möchte“. Bislang habe die Tradition bei den Berghäuser Schützen durch Uniform-Verweigerer jedenfalls nicht gelitten, so Thomas Knebel.

Qual der Wahl

„Das wurde schon oft diskutiert bei uns“, sagt Magnus Treude, 1. Vorsitzender des Schießvereins Tell 1964 Birkefehl. Es gebe viele Mitglieder ohne Uniform – „dann aber mittendrin zu sein, ist schon schwierig“. Es sei eben „wichtig, dass man da eine gewisse Einheit hat“.

Sicher: So eine Uniform sei schon ein Kostenfaktor, weiß auch Treude. Zwischen 200 und 250 Euro koste allein die Jacke. Und dann haben die Tell-Schützen „noch einen besonderen Hut“. Hier stelle man gerade um von einem zwischenzeitlich getragenen Modell „von der Stange“ aus Kirchhundem, das bisher 60 bis 70 Euro gekostet habe, auf Katalog-Ware zu jeweils 40 bis 50 Euro. Damit könne der Verein nun wieder beides bequem über das Geschäft „Berufsbekleidung Trapp“ in Bad Berleburg beziehen.

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Den sechs oder sieben neuen Jugendlichen unter den Tell-Schützen komme der Verein entgegen, so Treude, indem „wir die Jacken bezahlen und sie ihnen zur Verfügung stellen“. Für passive Mitglieder dagegen sei die Uniform ohnehin nicht unbedingt die Hemmschwelle, um dem Schützenverein etwas Gutes zu tun.

Beim Birkefehler Schützenfest selbst müssten sich einige Vereinsmitglieder sogar entscheiden: Nehme ich in Uniform als Schütze am Umzug teil? Oder doch als Feuerwehrmann? Mit etwa 220 Mitgliedern sei man ja ein relativ kleiner Verein, sagt Vorsitzender Magnus Treude. Deshalb: 25 bis 30 Personen in traditioneller Schützen-Kleidung beim Umzug – „da sind wir schon zufrieden“.

Noch Glück gehabt

„Das ist mittlerweile ein Problem“, bedauert Jörg Wick, 1. Vorsitzender des Schützenvereins Fischelbach 1954 mit insgesamt rund 180 Mitgliedern. „Und wir haben in den letzten Jahren noch Glück gehabt.“ Vor allem bei den Jugendlichen stellt Wick diesen Trend fest. Ob es an der Uniform liege? Oder dass sich einfach niemand mehr in einem Verein binden wolle?

Darüber hinaus verweist Wick, selbst 52 Jahre alt, auf die Altersstruktur in kleinen Orten wie Fischelbach. Oft wohnen Menschen seiner Generation gar nicht mehr in einem Dorf ohne Laden, Wirtschaft oder Post. Es seien oft nur noch deren Eltern da – darunter viele Mitglieder im Schützenverein. „Die Generation zwischen 30 und 50 fehlt uns einfach“, sagt Wick.

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Was die Uniform angehe, spreche der Verein öfter Mitglieder direkt an, die ihre Kleidung nicht mehr benötigten oder sich gerade eine neue zulegten. Die Frage dann: Möchtest Du Deine Uniform nicht verkaufen oder weitergeben? Hier entstehe im Einzelfall so eine kleine Tauschbörse, erzählt Wick – und davon könnten gerade auch die Jugendlichen profitieren.

„Eigentlich geht‘s um die Jacke und den Hut“, sagt der Vorsitzende. Da bestelle der Verein auch mal zentral, wenn mehrere Mitglieder Uniformen bräuchten. Früher habe man das ja ortsnah im Raumländer Modehaus Breidenstein tun können – jetzt sei man auf andere Bezugsquellen angewiesen.

Beim letzten Schützenzug Mitte Juni 2019 durch den Ort seien etwa 30 und 40 Leute in Uniform dabei gewesen, schätzt Jörg Wick. Aber es könnten mehr sein, findet er. Immerhin: Der Schützen-Nachwuchs im Traditionsbereich des SV Fischelbach stelle sich ein – auch deshalb, weil der Verein die Jugend bei deren Veranstaltungen aktiv unterstütze. So lasse sich der dringend nötige Vereinsnachwuchs mobilisieren – und auch fürs Schützenwesen begeistern.

Anprobe für Gruppen und Kurzentschlossene

In den verschiedensten Grün-Tönen: Stephanie Menn, Inhaberin von „Berufsbekleidung Trapp“ an der Poststraße in Bad Berleburg, hat für jeden Schützen die richtige Bekleidung im Angebot.
In den verschiedensten Grün-Tönen: Stephanie Menn, Inhaberin von „Berufsbekleidung Trapp“ an der Poststraße in Bad Berleburg, hat für jeden Schützen die richtige Bekleidung im Angebot. © Eberhard Demtröder

Viele Wittgensteiner Schützenvereine beziehen ihre Uniformen direkt bei „Berufsbekleidung Trapp“ an der Bahnhofstraße.

„Oft sind die Uniformen einfach in die Jahre gekommen und die Leute brauchen neue Kleidung für die kommende Saison“, berichtet Inhaberin Stefanie Menn im Gespräch mit unserer Redaktion. Nicht selten kämen vier, fünf Mann pro Verein gemeinsam zur Anprobe. Manchmal aber auch einzelne „Kurzentschlossene, die einige Tage vor dem Fest bemerken: Die Uniform passt nicht mehr“, schmunzelt Menn.

Als Ende 2005 das Modehaus Breidenstein in Raumland gerade zugemacht habe, sei die Kundschaft noch ein bisschen größer geworden. Im Moment sei die Nachfrage wegen Corona und ausfallender Schützenfeste naturgemäß eher gering, so Menn. „Drei oder vier Jacken vom letzten Jahr hängen noch hier.“ Und es habe noch einige Bestellungen vor Corona gegeben.

Stressfrei in die kommende Saison

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Bei den Schützen gefragt seien derzeit „höchstens noch Krawatte oder Eichenlaub“, um sich ihre Uniform jetzt schon für die Saison 2021 aufbessern zu lassen. Aber: „Wir stehen selbstverständlich auch jetzt für unsere Vereinskunden zur Verfügung, falls sie die schützenfestfreie Zeit nutzen möchten, um sich stressfrei für die kommende Saison auszustatten“, so Stephanie Menn. „Das gilt natürlich auch wie gewohnt im nächsten Jahr.“