Wittgenstein. Während sich einige Bürger in Bad Berleburg ein Möbelgeschäft wünschen, bleibt in Bad Laasphe vor allem die Königstraße weiterhin Thema.

Sonnenschein, 20 Grad und ein laues Lüftchen, dass durch die Straßen weht – während es sich einige Menschen im Café gemütlich machen, bummelt der ein oder andere durch die Geschäfte. In Wittgenstein sind die Menschen weitgehend zufrieden mit dem Angebot an Einkaufsmöglichkeiten – das zeigt zumindest ihre Bewertung im WP-Heimat-Check. Dort wollten wir wissen, welche Note Sie ihrer Kommune für das dortige Angebot geben.

Mit einer 2,53 liegt der Altkreis im Vergleich zu anderen Regionen Südwestfalens im Mittelfeld. In Ennepe-Süd, Menden und sogar in Hagen haben die Bürger das Angebot negativer bewertet.

Erndtebrück

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In Wittgensteins kleinster Kommune sind die Bürger auch in Sachen Einkaufsmöglichkeiten am zufriedensten. Das spiegelt sich in ihrer Benotung wieder – sie gaben ihrer Gemeinde eine 2,2. In Prozenten vergaben rund 28 Prozent die Note „sehr gut“. 40,2 Prozent finden das Angebot „gut“ und gerade einmal nur 2,7 Prozent vergeben ihrer Gemeinde ein „ungenügend“. „Erndtebrück hat einen großen Wohlfühlfaktor. Alles ist nah beieinander – sowohl die Geschäfte als auch die Menschen! Ich mag Erndtebrück einfach und identifizieren mich mit meiner Gemeinde“, schreibt ein Leser anonym.

Vor allem bezogen auf Größe und Einwohneranzahl weist Erndtebrück vergleichsweise viele Einkaufsmöglichkeiten auf. „Sowohl mit Lebensmittelmärkten, Bekleidungsgeschäften oder auch Apotheken ist die Gemeinde bei knapp über 7000 Einwohnern gut ausgestattet. Diese Einkaufsmöglichkeiten befinden sich hauptsächlich im Ortskern, sodass alle alltäglichen Erledigungen in unmittelbarer Nähe erfolgen können“, heißt es seitens der Gemeinde.

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Der Erndtebrücker Wochenmarkt wurde Ende letzten Jahres sogar noch erweitert. „Die letzte Einzelhandelsstudie machte zudem deutlich, dass sich die Erndtebrücker sehr mit ihrem Einzelhandel vor Ort identifizieren. Gerade da in anderen Kommunen unserer Größenordnung das Sortiment eher zurück geht, sind wir als Gemeinde sehr stolz auf diese Entwicklung und darauf, dass zuletzt sogar noch weitere Händler hinzugekommen sind“, so die Gemeinde.

Bad Laasphe

In Bad Laasphe vergaben die Bürger ihrer Stadt eine 2,59. Damit liegt die Lahnstadt auf Platz Zwei im Wittgensteiner Ranking. Dabei finden 21,4 Prozent der Teilnehmer das Angebot vor Ort „sehr gut“. Der Großteil von ihnen – 33,0 Prozent – vergeben die Note Zwei. Die Note „ungenügend“ verteilen 4,4 Prozent der Teilnehmer.

Gerade auf dem Dorf sei das Angebot nicht ausreichend vorhanden, wie ein Leser anonym beim Heimat-Check vermerkte: „Wenn man das Dorf noch auswählen könnte und für das Einkaufsangebot dort eine Note vergeben könnte, wäre auch diese ungenügend! Bad Laasphe und alle Dörfer haben die letzten 100 Jahre gepennt! Zwölf Kilometer zum Brötchen kaufen, 45 Minuten zur Autobahn, zwei Stunden zum nächsten Ballungsgebiet-- das macht kein normaler Mensch lange mit!“

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Und auch in der Stadt sind einige der Bürger vor allem mit einem unzufrieden: dem Leerstand vieler Geschäftsgebäude in der Kernstadt. „Es ist sehr traurig, dass die Altstadt/ Königstraße verödet. Die Verlagerung der Geschäfte auf die andere Seite der Bahn ist ein historischer Fehler, der die Laaspher Entwicklung schwer belastet“, schreibt ein Teilnehmer.

Und was sagen die Händler vor Ort? Anita Schuppert, Inhaberin von Blütenzauber Schuppert, kennt die Bad Laaspher Königstraße auch noch in einem anderen Zustand. „Als ich vor gut 40 Jahren hier meine Ausbildung gemacht habe, hatte die Straße hier mehr zu bieten. Da konnte man hier alles bekommen. Da war das Industriegebiet noch Industriegebiet und kein Einkaufszentrum! Wer keine Stammkundschaft hat, hat ein Problem. Zum Shoppen braucht man nicht hier her fahren. Die jungen Leute fahren in die großen Zentren und das Internet macht dann den Rest.“

Zu vermieten: Gleich mehrere Ladenlokale in der Bad Laaspher Königstraße stehen derzeit leer.
Zu vermieten: Gleich mehrere Ladenlokale in der Bad Laaspher Königstraße stehen derzeit leer. © Ramona Richter

Auch Martin Achatzi, Inhaber von Wohnzeug Achatzi, kennt das Problem. „Ich war damals gegen die Verlagerung der Geschäfte in das Industriegebiet. Denn gerade die Altstadt ist wichtig für die Identifikation der Stadt. Dem Besucher zeigt man nicht das Industriegebiet, dem zeigt man die Altstadt oder das Schloss.“ Eine Verbesserung der Situation für die Königstraße sieht er nicht. „Wir brauchen mehr Menschen auf den Straßen. Mehr Frequenz ermöglicht mehr Angebote und die sorgen wiederum für mehr Frequenz. Es ist wie eine Spirale bergab.“

Bad Berleburg

Lebensmittel-, Schuh- und Bekleidungsgeschäfte sowie Drogeriemärkte und eine Parfümerie – man könnte meinen, in Bad Berleburg alles wichtige zu bekommen. Dennoch landet die Odebornstadt im Altkreis auf dem letzten Platz. Die Teilnehmer vergaben für das Angebot vor Ort eine 2,78 – verglichen mit anderen Kommunen in Südwestfalen dennoch ein guter Wert. Lediglich 3,8 Prozent finden, dass das Angebot „ungenügend“ ist.

„Der Einzelhandel vor Ort ist selbstverständlich sehr wichtig für eine lebendige Stadt. Der Zentrumsmonitor 2018 hatte den Handlungsbedarf in allen Städten und Gemeinden aufgedeckt. Wir haben daraufhin mit Prof. Dr. Hanna Schramm-Klein von der Universität Siegen eine weitergehende Untersuchung durchgeführt“, heißt es seitens der Stadt. Bereits vorher wurde ein Einzelhandelsgutachten in Auftrag gegeben. „Das hat gezeigt, dass es vor allen Dingen im Bereich Möbel und Elektronikartikel Bedarf gibt, es kommt aber gleichzeitig zu dem Ergebnis, dass das Entwicklungspotenzial dafür in Bad Berleburg eher gering ist.“

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Die Ergebnisse und die des Heimat-Checks werde die Stadt mit dem Einzelhandel gemeinsam diskutieren. Bürgermeister Bernd Fuhrmann betont: „In den vergangenen Wochen, als wegen der Corona-Pandemie auf einmal alles anders war, haben unsere Einzelhändler besonders eindrucksvoll gezeigt, wie kreativ und innovativ sie sind – und wie wichtig der Einzelhandel vor Ort ist.“

Präsenz im Netz ist wichtiger als ein Onlineshop

Auch Marco Butz und Ann Katrin Hentschel von der IHK Siegen betonen die Wichtigkeit des Handels für die Kommunen. „Sie sind ein wesentlicher Grund, warum die Menschen ins Zentrum fahren.“ Dabei sei es egal ob man auf dem Land oder in der Stadt lebe – der Anspruch an den Einzelhandel sei überall gleich. „Es zeigt sich auch, dass gerade junge Menschen – zwischen 15 und 24 Jahren – wieder vermehrt in die Läden gehen“, so Marco Butz. „Sie gehen jedoch gezielter einkaufen – meist mit dem Smartphone in der Hand, da sie nach bestimmten Marken suchen.“

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Daher rät er den Händlern vor Ort vermehrt auf eine gute Onlinepräsenz zu achten. „Online heißt nicht, dass man einen Onlineshop besitzen soll. Stattdessen sollten die Händler dort gut zu finden sein – mit einem guten Portfolio, aktuellen Öffnungszeiten und wenn möglich ihren Marken.“ Auch Instagram und Facebook sind heutzutage ein gutes Medium, um auf seinen Laden aufmerksam zu machen. „Das sind die Medien, wo man präsent sein sollte“, so Butz, der genau hier auch den Handlungsbedarf sieht.

Dass Erndtebrück beim Heimatcheck so gut abschneidet, wundert Butz und Hentschel nicht wirklich. „Auch beim Zentrumsmonitor schnitt Erndtebrück sehr gut ab. Das liegt unter anderem daran, dass dort in den vergangenen Jahren durch einen guten Investor sehr viel investiert wurde“, so Butz. Allgemein aber zeigt sich auch, dass Kommunen, in denen ein DM angesiedelt ist, besser abschnitten als andere. „Zwar gibt es auch in Bad Berleburg einen DM – allerdings gab es dort in der Vergangenheit auch ab und an mal einen Leerstand in der Innenstadt“, fügt Butz an.

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Allgemein aber zeige sich, dass gerade in Wittgenstein eine starke Händlergemeinschaft existiert. „In allen drei Kommunen haben sich Händler zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen. Und das ist etwas, was wir auch anderen Kommunen immer wieder raten – eine Gemeinschaft bilden“, so Butz und Hentschel, die beide Wittgenstein als gutes Beispiel dafür sehen, wie Handel im ländlichen Raum funktionieren kann.