Wittgenstein. Politiker und Genehmigungsbehörden stehen vor vielen offenen Fragen. Gegner und Windkraftfreunde haben die gleichen Bedenken.

„Es sind einfach noch ganz viele Fragen offen“, sagt der zuständige Dezernent des Kreises Siegen-Wittgenstein, Arno Wied, mit Blick auf die aktuell laufende Debatte um eine Gesetzesänderung zu Erneuerbaren Energien.

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Wir haben mit Wied, aber auch dem Bad Laaspher Windkraftbetreiber und Regionalvorsitzenden Südwestfalen des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW, Karl Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg aus Bad Laasphe und der aus Bad Berleburg kommenden CDU-Landtagsabgeordneten Anke Fuchs-Dreisbach gesprochen.

Ausgangslage

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Gegner und Befürworter blicken in diesen Tagen abwechselnd nach Berlin und Düsseldorf. Die Befürworter von Erneuerbaren Energien, speziell der Windkraft, und auch die Gegner der Windräder warten auf eine abschließende Entscheidung. Im Raum steht die Vereinheitlichung des Bundesbaugesetzes, in dem die Bundesregierung gerne eine verbindliche Maximalgrenze von 1000 Metern zu Wohnbebauung festschreiben möchte. Das geht Windkraftbetreibern zu weit, während Windkraftgegner sogar auf weitere Verschärfungen hoffen.

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Spannend bleibt das Ganze vor allem auch, weil die Länder und damit auch die Regierung in Düsseldorf weiter ihre Spielräume haben und nutzen sollen. In Düsseldorf ist vor allem die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung von der Entscheidung für 1000 Meter getroffen. CDU und FDP waren in Südwestfalen mit 1500 Metern in den Wahlkampf gezogen.

Stimmen

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„Eine umfassende Bewertung kann ich noch nicht abgeben, da mir der Gesetzentwurf mit seinen Details noch nicht vorliegt. So ist noch abzuwarten, welchen Spielraum der Landesgesetzgeber haben wird“, schreibt uns Anke Fuchs-Dreisbach und fährt fort: „Die Einigung der Koalitionsfraktionen auf Bundesebene betrachte ich erstmal vorsichtig als positiv, da sie für den Klimaschutz und die Energiewende in Deutschland eine Perspektive aufzeigt, die geeignet ist, Akzeptanz in der Bevölkerung zu finden. Vor allem ist die Einigung aber auch im Gesamtpaket mit der sehr begrüßenswerten Aufhebung des Photovoltaik-Deckels zu sehen – dieser wird nun aufgehoben.“

Windkraft: Gericht gibt Kreis Siegen-Wittgenstein Recht

Auch in der jüngsten gerichtlichen Auseinandersetzung um eine Baugenehmigung für Windkraftanlagen hat ein Gericht die Entscheidungen des Kreises Siegen-Wittgenstein bestätigt. Die 2015 erteilten immissionsschutzrechtlichen Baugenehmigungen für drei Windräder auf dem Knippen sind rechtmäßig, so das Verwaltungsgericht Arnsberg in seinem jetzt ergangenen Urteil im Hauptsacheverfahren.

Landrat Andreas Müller hat dieses Urteil erfreut zur Kenntnis genommen, ist es für ihn doch ein weiterer Beleg für die fachlich hervorragende Arbeit, die in den zuständigen Behörden des Kreises geleistet wird: „Wenn es um den Bau von Windkraftanlagen geht, werden die Diskussionen oft hoch emotional geführt“, so der Landrat: „Für mich als Leiter der Kreisverwaltung ist es aber wichtig, die Sachfragen im Blick zu behalten und ausschließlich geltendes Recht anzuwenden – auch wenn das Ergebnis nicht immer jedem gefällt“, sagt Müller: „Dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine höchst professionelle Arbeit leisten, haben uns Gerichte immer wieder bestätigt. In allen Verfahren um die Genehmigung von Windkraftanlagen wurde bisher unsere Rechtsauffassung am Ende immer bestätigt, egal, ob wir eine Baugenehmigung erteilt oder diese verweigert haben“, betont der Landrat.

So hat die Kreisverwaltung z.B. den Bau von Windrädern bei Arfeld genauso abgelehnt wie im Bereich von Siegen-Volnsberg bzw. -Breitenbach. In beiden Fällen haben Gerichte die Ablehnungen bestätigt.

Benfe und Fischelbach noch offen

Genauso wie die erteilte Genehmigung für den Bau von Windkraftanlagen bei Benfe. Hier wartet der Kreis allerdings noch auf einen Revisionsantrag der Bundeswehr. Auch die Baugenehmigungen für Windräder bei Bad Laasphe-Fischelbach hielten der gerichtlichen Überprüfung stand.

Von dieser Baugenehmigung macht der Investor allerdings derzeit keinen Gebrauch, weil er neue Anträge für veränderte Anlagen einreichen möchte. In vielen anderen Fällen ist es dagegen nie zu Gerichtsverhandlungen gekommen.

„Mir ist wichtig, dass die unter meiner Verantwortung durchgeführten Genehmigungsverfahren dem gelten Recht entsprechen, ordnungsgemäß und unter rechtmäßiger Abwägung aller – oft auch gegensätzlichen – Interessen durchgeführt werden. Bisher haben uns Gerichte dies in allen Fällen bestätigt. Das ist durchaus auch ein Grund, ein wenig stolz zu sein. Denn ein besseres Zeugnis für tadellose Arbeit kann man sich eigentlich nicht wünschen!“, betont Andreas Müller – der seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diese durchaus schwierige Arbeit dankt!

„Wir sind als Kreisverwaltung in keinem Fall für oder gegen den Bau einer einzelnen Windkraftanlage an einem bestimmt Ort – wir sind Genehmigungsbehörde. Alle unsere Fachbehörden z.B. für Immissionsschutz, Natur und Landschaft, Bodenschutz oder den Gewässerhaushalt müssen sich in ihren Entscheidungen frei von Emotionen und Ideologien ausschließlich vom geltenden Recht leiten lassen“, fasst Landrat Andreas Müller noch einmal zusammen.

Karl Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg sieht den Gesetzentwurf ebenfalls ambivalent: „Die Einigung in Berlin könnte für uns in Südwestfalen von Vorteil sein. [...] Bei der Windkraft kommt es jetzt sehr darauf an, wie Düsseldorf reagiert. Das Land kann nun Mindestabstände zwischen Wohngebieten und Windrädern bis maximal 1000 Meter festlegen. Doch hier kommt es sehr auf die Details an.“

Das bestätigt auch Arno Wied, über dessen Schreibtisch die Baugenehmigungsverfahren für Windkraftanlagen laufen. Für Wied ist zunächst noch zu klären, ob dieser Maximalabstand von 1000 Metern direkt im Baugesetzbuch fixiert wird – oder ob er in die Bauleitplanung der Kommunen einfließt, die bei der Ausweisung von Vorrangzonen Abstände als harte Auswahlkriterien nutzen können.

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Fließt ein Maximalabstand direkt ins Bundesgesetzbuch ein, dann könnte diese Regelung auch die bislang privilegierten Bauvorhaben von Windkraftanlagen (§ 35) betreffen, die beispielsweise den Bau in Kommunen ohne Vorrangzonen regeln, was aktuell auf Erndtebrück und Bad Laasphe zutrifft.

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Ein weiterer wichtiger Punkt ist bislang ebenfalls unklar: Gilt die Abstandsregelung zur allgemeinen Wohnbebauung – also größere, zusammenhängende Siedlungsbereiche in Kommunen – oder aber gilt er er auch für Streusiedlungen, einzelne Häuser oder Gehöfte?

Mögliche Auswirkungen

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Für Karl Prinz zu Sayn-Wittgenstein ist klar: „Solche Pauschalabstände dürfen nur zu reinen und allgemeinen Wohngebieten gelten. Falls Düsseldorf hier Fehler macht, würden viel zu viele, dringend benötigte Flächen wegfallen und die Energiewende in ganz NRW quasi zum Erliegen kommen.“

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Der Regionalvorsitzende geht noch weiter: „Da in NRW selbst Kohlekraftwerke und Mülldeponien näher an Siedlungen betrieben werden dürfen, sollte dies aber auch für klimafreundlichen Windstrom möglich sein. Deswegen fordern wir, dass Kommunen unabhängig von der Landesregelung im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern geringere Abstände festlegen dürfen. Für einen akzeptanzstarken Ausbau der Windenergie ist weiterhin die frühzeitige Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger erfolgversprechender. Daher ist es gut, dass daran und auch an schnelleren Beteiligungs-, Planungs- und Genehmigungsprozessen in Berlin gearbeitet wird.“