Bad Berleburg. Kein Kontakt zu den Kunden: Die Mitarbeiter vom Berleburger Genussklee stimmt dies sehr traurig. Ein Einblick in den Alltag des Lieferservice.

Ein Lächeln, ein freundliches Gespräch, ein Händeschütteln – Zuwendungen, die einen Menschen glücklich stimmen können, die einem das Gefühl geben, nicht allein zu sein. Und, die vielen Menschen – auch in Wittgenstein – derzeit schmerzlich fehlen. So auch Yvonne Rudolph und ihrer Tochter Chiara vom GenussKlee in Bad Berleburg. Vor anderthalb Jahren hat die 43-Jährige sich ihren Traum vom eigenen Hotel und Lieferservice erfüllt. Dann kam Corona. Das Hotel ist derzeit geschlossen – Essen aber, liefert die Bad Berleburgerin weiterhin aus. Doch auch hier hat sich einiges seit dem Ausbruch von Covid-19 verändert. Besonders der Kontakt zu ihren Kunden fehlt der Geschäftsfrau und ihren Mitarbeitern.

Es tut weh

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In einem Rundschreiben hat Yvonne Rudolph ihre Kunden über die neuen Regelungen informiert. In den meisten Fällen wird das Essen nun vor die Tür gestellt, um Kontakt mit anderen Menschen zu vermeiden. „Fast alle unserer Kunden gehören zur Risikogruppe. Vor allem die möchten wir schützen“, sagt Chiara Rudolph. Die 21-Jährige unterstützt ihre Mutter bei der Arbeit, wo sie kann. „Man darf aber auch nicht vergessen: Nicht alle unserer Kunden haben Angehörige, die ihnen das Essen ins Haus holen können. Es tut mir so weh, wenn ich sehe, wie sich ältere Kunden quälen, um ihr Essen in die Wohnung zu holen“, sagt sie.

Dankbarkeit der Kunden

Genuss-Klee

Für Yvonne Rudolph hört der Service nicht vor der Tür auf: Das Öffnen der Boxen und weitere kleine Hilfestellungen gehören für sie dazu.

Beim Kochen setzt die gelernte Köchin vor allem auf regionale und saisonale Produkte. Zudem hat sie Erfahrungen in der Diätküche und Ernährungsberatung.

In einigen Fällen bringen die Mitarbeiter des Lieferservices daher das Essen in den Flur oder stellen es im Esszimmer auf den Tisch – natürlich nur, wenn der Kunde nicht im Raum ist. „Bei einigen ist die Tür auf oder wir haben einen Schlüssel. Manchmal aber müssen wir auch klingeln. Dann sagen wir, dass sie bitte noch einmal kurz in einen anderen Raum gehen“, so die 21-Jährige. Nachdem das Essen geliefert wurde, wird geklingelt. „Dann wissen die Kunden, dass wir da waren und das Essen steht nicht allzulange dort“, sagt Yvonne Rudolph. Sie selbst belastet die aktuelle Situation. „Viele unserer Kunden sind alleine und haben ohnehin schon wenig sozialen Kontakt. Ich mag gar nicht wissen, wie sehr sie in dieser Zeit abbauen.“

Aber sie merkt auch, dass ihre Kunden dankbar sind, dass sie und ihr Team weiter machen. „Einige machen dann das Fenster auf und winken oder klopfen gegen das Fenster.“ Auch liegt nicht selten ein Stück Schokolade auf der Box, wenn sie sie wieder einsammelt.

Einbußen im Hotelbereich

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Doch auch selbst wenn aktuell mehr Essen bestellt werden – weil Angehörige aufgrund der aktuellen Situation nicht mehr zu Besuch kommen können – die Einbußen des Hotels kann der Lieferservice nicht auffangen. Eine andere Lösung musste her. Eine, über die Yvonne Rudolph vor anderthalb Jahren nicht gedacht hätte, dass sie jemals darüber nachdenken müsse: die Kurzarbeit. „Ich bin stolz so ein tolles Team zu haben, die gemeinsam mit uns versuchen, die derzeitige Situation zu meistern.“ Neun Mitarbeiter beschäftigt Yvonne Rudolph. Nun aber fällt die meiste Arbeit wieder auf die Chefin zurück. „Die Arbeit, die mir sonst meine Mitarbeiter abgenommen haben, muss ich nun wieder selbst übernehmen. Kochen, waschen, ausliefern – da bleibt ab und zu auch mal etwas auf der Strecke.“

Zwölf Stunden an sieben Tagen die Woche

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Bis zu zwölf Stunden arbeitet sie derzeit, um den Betrieb aufrecht zu halten – sieben Tage die Woche. Denn – so die Bad Berleburgerin – sie habe eine Verantwortung ihren Mitarbeitern gegenüber. Das belastet die Inhaberin sehr. „Ohne meine Angestellten, meiner Familie oder Partner wäre das nicht möglich“, sagt sie. Und noch etwas dürfe man in einer solchen Situation nicht vergessen. „Ohne die gute Zusammenarbeit mit den Geschäftspartnern würde das alles nicht funktionieren. Wir helfen uns gegenseitig.“ So stimmt die Berleburgerin beispielsweise mit dem Großhändler 3F ihre Speisepläne ab. Und auch auf ihre Steuerberater möchte die Unternehmerin nicht mehr verzichten. „Gerade mit den ganzen Gesundheitsauflagen oder auch der Kurzarbeit habe ich mich zuvor nie wirklich auseinandersetzen müssen. Sie nehmen uns da schon sehr viel Arbeit ab“, sagt sie erleichtert. Dennoch aber: Sollte die Krise noch Monate andauern, werde es auch für Familie Rudolph hart. „Wir hoffen für uns alle, dass die Krise bald ein Ende hat.“ Damit zumindest der Lieferservice weiterlaufen kann, achtet das gesamte Team auf seine Gesundheit. Denn: Sollte Yvonne Rudolph erkranken, dann könnte kein Essen mehr ausgeliefert werden. „Das wäre der Worstcase.“