Bad Berleburg. Zwei Bad Berleburger mit Migrationshintergrund zeigen echte Reue. Bestraft wird aber nur ein Angeklagter.

Aus einem Feierabend-Bierchen wurden viele. Und aus vielen Bieren wurde eine Gerichtsverhandlung – wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Aufgrund dieses Straftatbestandes saßen am Dienstagmittag zwei Bad Berleburger, 21 und 26 Jahre alt, auf der Anklagebank im Saal des Amtsgerichts Bad Berleburg. Richter Torsten Hoffmann stellte das Verfahren gegen den 26-Jährigen ein. Der 21-Jährige kassierte eine Geldstrafe in Höhe von 1800 Euro.

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Den jungen Angeklagten wird vorgeworfen, im Juli vergangenen Jahres aus einem Fenster einer Bad Berleburger Wohnung „Sieg Heil“ gerufen und den Hitlergruß gezeigt zu haben – mehrmals. Polizeibeamte hatten bei dem 21-Jährigen einen Promillewert von 1,7 und bei dem 26-Jährigen einen Promillewert von 2,1 gemessen.

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„Ich weiß nichts mehr davon. Es tut mir von Herzen leid. Ich weiß nicht, was mich dazu geritten hat – zumal ich selbst ausländische Wurzeln habe. Ich habe mit rechten Organisationen nichts am Hut und finde unsere Aktion erschreckend“, erklärte der 26-jährige Angeklagte. Er könne sich nur noch daran erinnern, dass er und sein Mitangeklagter nach der Nachtschicht noch ein Feierabend-Bier trinken wollten – daraus seien dann einige mehr geworden.

Wertvolle Reue und Ehrlichkeit

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Auch sein Komplize äußerte sich zu den Vorwürfen ähnlich: Er habe aufgrund des Alkohols kaum Erinnerungen an den Tag. Genau wie sein Mitangeklagter habe auch er ausländische Wurzeln.

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„Ihre Großeltern haben früher mit der Vernichtung rechnen müssen – und jetzt sitzen Sie hier auf der Anklagebank – wegen sowas!“, zeigte sich Anklägerin Judith Hippenstiel entsetzt vom Verhalten der Angeklagten.

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Ein 50-Jähriger, der die Situation im Juli beobachtet hatte und als Zeuge vor Gericht geladen war, erinnert sich an die Umstände: „Die zwei saßen oberkörperfrei im offenen Fenster und waren sichtlich alkoholisiert. Der eine von Ihnen zeigte sich in eindeutiger Pose. Dabei rief er wiederholt ,Sieg Heil’.“ Von dem 26-Jährigen habe der Mann keine nationalsozialistischen Äußerungen wahrgenommen – deshalb stellte Richter Hoffmann das Verfahren gegen ihn ein.

Dass sich beide sehr geständig und reuig einließen, rechnete Hoffmann den Angeklagten hoch an: „Es hat sehr viel Wert, dass Sie sich nicht rausreden. Ich glaube Ihnen, dass Sie keine rechten Gesinnungen haben“, so der Vorsitzende abschließend.