Bad Laasphe. Die Radios hießen damals „Carmen“, „Rigoletto“ oder „Tannhäuser“ wie der schöne alte Kasten, der für 60 Euro den Besitzer wechselt.

Das aus heutiger Sicht wuchtige Radiogerät, das aus dem Kofferraum eines Kombis vor der Sparkasse herausragt, macht Eindruck. Röhren, Feldstärkenanzeige und Lautsprecher – das Gehäuse auf Glanz poliert, das Innenleben mit den Konsolen, in welche Widerstände und Spulen gesteckt und gelötet sind, sieht aus wie neu. Die Radios hießen damals „Carmen“, „Rigoletto“ oder „Tannhäuser“ wie der schöne alte Kasten, der seinem neuen Besitzer zum Preis von 60 Euro in den Landkreis Marburg-Biedenkopf folgt.

Carmen ist die kleine Schwester des Tannhäuser

Es handelt sich bei dem Gerät um die kleine Schwester des Tannhäuser 57, die Nordmende Carmen 57. Zwar im selben Design, aber in abgespeckter Technik und kleinerem Gehäuse. Auf den Markt kam dieser Rundfunkempfänger in den Jahren 1956/57, verfügt über drei Lautsprecher und sechs Röhren. Bereits vor der offiziellen Eröffnung der 60. Radio- und Schallplattenbörse, zu der das Internationale Radiomuseum von Hans Necker eingeladen hat, wechseln alte Schätzchen wie dieses Schmuckstück - ohne einen Verkaufstisch im Haus des Gastes gesehen zu haben – aus dem Auto heraus bereits ihre Besitzer.

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Neben den Fans alter Radios und historischer Funktechnik sind es besonders die Freunde der guten alten Schallplatte, des schwarzen Vinyls, die auf der Bad Laaspher Börse Erfolgserlebnisse haben. Für die meisten Sammler ist schon lange nicht mehr zu definieren, was wichtiger ist: die Musik, die auf einer Platte zu hören ist, oder das Objekt der Begierde, die Platte selbst. Sie wird sorgsam gepflegt und wehe, jemand wagt es, einen Fingerabdruck auf dem glänzenden Vinyl zu hinterlassen.

Reinigungsrituale und Rettungsmaßnahmen

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Über Reinigungsrituale, die besten Schutzhüllen, über Plattenwaschmaschinen, Mikrofasertücher oder Rettungsmaßnahmen bei verwelltem Vinyl werden Glaubenskriege unter Sammlern geführt. Ein Normalsterblicher, der zufrieden ist, wenn sein Smartphone oder seine Sim-Karte mit jeder Menge an Songs vollgeladen ist, wird über so etwas wahrscheinlich nur verständnislos den Kopf schütteln. Schade, denn eigentlich sollten wir diese Vinyljunkies beneiden: um das unschätzbare Glück, sich einer Leidenschaft bedingungslos hingeben zu können.

Musik als Geldanlage

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Der Rheinländer Thomas Bergmann erzählt uns, dass man Platten sammeln kann, weil man sie für eine lohnende Geldanlage hält oder weil man findet, dass sie Zeitgeschichte atmen. Für die Normalos sei es jedoch nur schwer zu verstehen, warum Schallplatten mehr sein sollen als der Nachweis dafür, dass man im Oberstübchen nicht alle Schrauben an den richtigen Stellen sitzen hat. Er bezeichnet seine Sammelleidenschaft selbst als Extremsport. Denn wer - wie er - beispielsweise alle Platten von den „Scorpions“ sammeln will, meint damit: Promopressungen, Textpressungen, Fehlpressungen, Schwarzpressungen und alle japanischen Pressungen der Band. Suchlisten werden erstellt, fehlende Stücke nachgekauft. Dafür ist er fast an jedem Wochenende unterwegs Denn eine Rarität ist eine Platte nur, wenn sie in geringer Auflage produziert wurde, es sich um die originale erste Pressung handelt und der Zustand tadellos ist.

1000 Geräte im Laaspher Radiomuseum

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Ab 13 Uhr geöffnet ist an diesem Sonntag auch das Internationale Radiomuseum, das die einzigartige Sammlung von Hans Necker von Röhrengeräten aus den Anfängen der Radiotechnik bis in die Neuzeit zeigt. Ausgestellt werden ständig über 1000 Geräte aus einem vorhandene Lücken Fundus von rund 4000 Stück.