Wittgenstein. Allein in Bad Berleburg haben in den letzten zwölf Jahren fast ein drittel aller Gastronomiebetriebe schließen müssen.
Sie gehört offensichtlich zu den bedrohten Arten. Peter Alexander hat sie besungen, „Die Kleine Kneipe in unserer Straße“, aber in den meisten Ortschaften Wittgenstein wird sie inzwischen vermisst. In Girkhausen zum Beispiel, wo einst fünf Gasthäuser im Kernort gezählt wurden, wird heute kein Bier mehr am Tresen einer Gaststätte getrunken.
„Dass wir ein großes Kneipensterben haben, liegt auf der Hand“, bestätigt Michael Müller. Der Betreiber des Landgasthofs Laibach aus Bad Berleburg ist seit vielen Jahren im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband aktiv und kennt die Zahlen und die Hintergründe.
Erst vor wenigen Wochen hat die Gaststätte „Zum Bahnhof“ in Arfeld geschlossen. Aber das ist nur der jüngste Fall in einer langen Kette. Glaubt man einer Statistik des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik, sind zwischen 2007 und 2017 im Kreis Siegen-Wittgenstein allein 81 Gastronomiebetriebe geschlossen worden.
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Damit hat jede fünfte Gaststätte, Kneipe oder Eisdiele zugemacht. Zuletzt zählte der Kreis noch 331 gastronomische Betriebe, schreibt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und schlägt Alarm: „Vom Fußballabend in der Bar bis zum Grünkohlessen mit dem Sportverein – die Gastronomie steht für ein Stück Lebensqualität“, sagt NGG-Geschäftsführerin Isabell Mura und unterstreicht, dass mit den Betriebsschließungen nicht nur ein wichtiger Teil der Alltagskultur auf dem Spiel stehe sondern auch etliche Arbeitsplätze in der Region.
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Interessant ist, dass die drei Wittgensteiner Kommunen diesen generellen Trend nicht einheitlich bestätigen können. Das hat eine Nachfrage der Redaktion nach den in den Jahren 2007 und 2017 erteilten Schankerlaubnissen ergeben.
Erndtebrück
„Im Jahr 2007 waren insgesamt zehn Schankerlaubnisse im Gebiet der Gemeinde Erndtebrück aktiv. Der Bestand im Jahr 2017 belief sich ebenfalls auf zehn. Dies umfasst in beiden Jahren sowohl Gaststätten und Imbisse als auch Pensionen“, erläutert Ulrike Geißler für die Gemeinde Erndtebrück.
Bad Laasphe
In Bad Laasphe gibt es einen leichten Rückgang „2017 hat es in Bad Laasphe 43 Gaststättenbetriebe gegeben, die eine Schankerlaubnis besaßen. 2007 dürften es 45 gewesen sein“, berichtet Ann Kathrin Müsse als Sprecherin der Stadt.
Bad Berleburg
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In Bad Berleburg erfasst die Abteilung „Bürger- und Seniorenservice“ diese Zahlen. „2007 hatten wir in Bad Berleburg noch 42 Betriebe, die eine Schank- und/oder Speisewirtschaft ausgeübt haben. 2017 waren es nur noch 35, zu Beginn des Jahres 2018 sogar nur noch 30“, berichtet die Sprecherin der Stadt, Steffi Treude. Mit rund 16 Prozent Rückgang liegt Bad Berleburg im Rahmen der zehnjährigen Statistik noch über den 20 Prozent. Betrachtet man allerdings das Dutzend geschlossener Betriebe von 2007 bis 2018, wären es schon 28 Prozent.
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Im Gespräch mit Michael Müller über Hotels, Restaurants, Cafés und die gute alte Zeit kommen Namen auf den Tisch: Schnell sind es allein in Bad Berleburg 50 Betriebe, in denen heute kein Wirt mehr hinter dem Tresen steht und kein Koch am Herd.
„Es gibt einen wesentlichen Grund: Die meisten finden keinen Nachfolger mehr“, sagt Müller. Arbeitszeiten, die schwierige Suche nach ausreichend Personal und der Konkurrenzkampf mit dem Flaschenbier, das viel billiger zu haben ist, sind auch wichtige Gründe.